Tagesordnungspunkt 4

Beratung

Zukunft des Deutschlandtickets sichern: Sozial gerecht, nachhaltig finanziert und effizient vernetzt

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/5110


Einbringerin für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Frau Lüddemann. 

(Unruhe)

- Ich bitte darum, dass sich das Hohe Haus sortiert. Wer nach draußen gehen will, der geht bitte nach draußen. Die anderen mögen sich bitte hinsetzen. 

Frau Lüddemann, Sie haben das Wort.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Deutschlandticket - kaum etwas hat in den letzten Jahren   zu Recht, wie ich finde   für so viel Furore gesorgt.

(Lachen bei der CDU)

Denn Mobilität ist unverzichtbar und gehört zur Daseinsvorsorge und sichert individuelle Freiheit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nur ein mobiler Mensch kann ernsthaft am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilnehmen und seine Rechte ausüben. Das Deutschlandticket hat die öffentliche Mobilität in Deutschland neu geordnet. Noch nie war es so einfach, komplett durch Deutschland zu fahren. Tarifgrenzen und  verbünde wurden auf einmal irrelevant - einsteigen und losfahren. 

Warum sollte diese Freiheit wieder abgeschafft werden? Warum, verehrte CDU, will Ihr Kanzlerkandidat diesen grandiosen Erfolg rückabwickeln? Vertrauen ist ein hohes Gut in der Politik, von dem wir immer weniger haben. Jetzt so klar, wie es Friedrich Merz getan hat, deutlich zu machen, dass man das etablierte Deutschlandticket abschaffen will, verspielt Vertrauen - 

(Beifall bei den GRÜNEN)

in die Mobilitätspolitik im Besonderen, aber auch in die Demokratie im Allgemeinen. 

13,5 Millionen Menschen beweisen, dass sie nur ein Ticket brauchen. Ob in Magdeburg, Köln oder Zeitz: einsteigen und losfahren. 

(Zuruf von der CDU)

Diese Menschen brauchen Verlässlichkeit, werte CDU.

Natürlich sind damit nicht alle Probleme gelöst. Für Einzelfahrten oder Gruppen braucht es noch immer andere Lösungen. Auch auf dem Weg zu einer klimaneutralen Mobilität ist dies nur ein weiterer, wenn auch entscheidender Schritt. 

Jetzt die Grundsatzfrage zu stellen, ist sträflich. Und einmal ehrlich: Wer bricht einen Marathon schon nach 2 km ab? Das, was wir brauchen, ist mehr Zuversicht in den ÖPNV. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt kommt es darauf an, das Deutschlandticket langfristig zu sichern. Daher fordern wir die Landesregierung auf, sich auf der Bundesebene dafür einzusetzen und den Verkehrsverbünden, den Aufgabenträgern sowie natürlich den Nutzenden Planungssicherheit zu geben. Das Gezerre um Preisfortbestand und Einnahmeaufteilung fordert merklich Kapazitäten, die weitaus sinnvoller in der Verbesserung des ÖPNV, in der Infrastruktur angelegt wären. Wir dürfen nicht jedes Jahr von neuem anfangen, hier wieder zu diskutieren und das Ticket wieder infrage zu stellen. Das kostet Ressourcen. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir uns die Zahlen anschauen, dann erkennen wir den Erfolg. 96 % der Nutzenden sind mit dem Deutschlandticket zufrieden, ganze 27 % der Fahrten hätten ohne das Deutschlandticket nie stattgefunden. Eine erste Verlagerung im Modal Split hin zum ÖPNV ist erkennbar. Insbesondere Pendlerinnen und Pendler profitieren massiv davon. Es ist ein Gewinn, wenn sie Geld im dreistelligen Bereich sparen können. Wir reden hierbei immerhin von Millionen von Arbeitnehmerinnen, die dank des Deutschlandtickets mehr Geld in der Tasche haben. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Davon profitieren gerade Familien oder junge Menschen, die wegen des Wohnungsdrucks bspw. auf das Land gezogen sind. Das Deutschlandticket ist ein wichtiges Puzzleteil, um das Leben insbesondere in Vororten, aber auch in Kleinstädten attraktiver zu machen, und beugt der Verödung dieser Kleinstädte vor. Wir schaffen ein günstiges Ticketangebot und kleine Städte werden wieder belebt. Familien können das Geld für die Sanierung des Eigenheims, für Urlaub oder was auch immer zurücklegen. Das Deutschlandticket ist auch klare Sozialpolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer jetzt bremst, der verspielt die Chance auf Fortschritt.

Die Weichen für günstige Tickets und einfache Tarife sind gestellt. Nun müssen wir noch die restlichen Hebel umlegen, um mehr Kunden und Kundinnen zu gewinnen. Denn jede Person, die zur Schule, zur Arbeit möchte, will natürlich pünktlich ankommen. Das aber schafft unser Verkehrssystem nicht mehr zuverlässig. Das systematische Einsparen bei der Schiene zeigt sich in der Pünktlichkeit der Bahn   eigentlich müsste man inzwischen „Unpünktlichkeit“ sagen   am deutlichsten. 

By the way: Dass wir das meiste davon den CSU-Ministern zu verdanken haben, daran will ich an dieser Stelle einmal erinnern. Ehrlich gesagt, es ist für mich ein gruseliger Gedanke, dass wir nach der Wahl vielleicht wieder dorthin kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Friedrich Merz hat auch für diesen Bereich Rückbau angekündigt, weniger Streckenausbau, Abkehr von der Korridorsanierung. Auch das ist eine Rückfahrt ins Gestern.

Aber klar ist: Bei einem mangelnden Angebot kann das Ticket noch so günstig sein - wenn der Zug nicht fährt oder der Bus nicht kommt, dann nützt das beste Ticket nichts. Es braucht dringend Investitionen in Infrastruktur, Taktverdichtung, zuverlässige Anschlussverbindungen, damit der öffentliche Verkehr auch im ländlichen Raum eine Alternative zum Auto werden kann. Den Metropolen fehlt es an Verlässlichkeit und dem Land an Angebot. Dies aber als Grund für die Abschaffung des Deutschlandtickets zu verwenden, strotzt von mangelndem Verständnis. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viele wollen das als ein Henne-Ei-Problem verkaufen, dabei ist die Lösung doch ziemlich klar und liegt auf der Hand: Wir müssen gleichzeitig ein attraktives Angebot   u n d   eine verlässliche Infrastruktur zur Verfügung haben. Wir müssen gleichzeitig in beides investieren. Sonst ist es so, als würde man eine Brücke zur Hälfte bauen und sich dann wundern, dass niemand sie benutzt. 

(Zuruf von Guido Heuer, CDU)

Ohne ein gutes Angebot bleibt das Deutschlandticket wirkungslos und ohne ein bezahlbares Deutschlandticket bleibt das Angebot wirkungslos. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Beides muss Hand in Hand gehen, damit der öffentliche Verkehr funktioniert. 

Seien wir doch einmal ehrlich: Die Reputation des ÖPNV liegt ziemlich am Boden. Menschen, die längere Zeit nicht mit der Bahn gefahren sind, können nur durch ein günstiges Ticket angelockt werden. Obwohl für viele Pendlerinnen und Pendler das Deutschlandticket mit 58 € weiterhin attraktiv bleibt, schränken wir mit weiteren Preissteigerungen das Fahrgastpotenzial ein. Denn wenig fahrende Personen, insbesondere auf dem Land, werden mit den Preissteigerungen im ÖPNV verschreckt. Das Auto ist dann weiterhin die günstigere Alternative, besonders für Familien. Dabei ist schon fast stillschweigend eine Preiserhöhung um 20 % akzeptiert worden. 

Wie der mittlerweile parteilose Verkehrsminister Volker Wissing richtig sagte: „Das Deutschlandticket ist viel mehr als nur ein Tarif.“

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es bot und bietet die Chance für Reformen, die dem Tarifdschungel in Deutschland zwar noch nicht ein Ende bereitet, diesen aber deutlich ausgedünnt haben. Immerhin   das will ich an dieser Stelle deutlich machen   nutzt jede sechste Person in Deutschland dieses Ticket. In einigen Regionen ist es tatsächlich auch schon Anlass für Vereinfachungen gewesen. Das Ticketangebot bspw. im Ruhrgebiet wird übersichtlicher: 500 Ticketvarianten fallen weg. Gerade in Zeiten von Bürokratie, Fachkräftemangel und Finanzproblemen ist das doch eine nahe liegende Lösung, um zu entschlacken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit der Unterstützung von Digitalisierung können zudem Prozesse vereinheitlicht und die Kommunikation untereinander beschleunigt werden. Den Bürgerinnen und Bürgern ist es am Ende doch egal, welche Farbe ihr Bus trägt, solange er pünktlich fährt. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Verkehrsverbund NAH.SH in Schleswig-Holstein zeigt, dass die Spannungen zwischen Stadt und Land durch drei einfache Preisstufen für Stadt, Umland und Netz reduziert werden können. Anstatt also nach Kreisgrenzen zu unterscheiden, sollten wir Tarife vielleicht lieber nach ländlichem und urbanem Raum unterscheiden und diese fair bepreisen. Das wäre auch etwas für unser Land. Auch das ist eine Leerstelle in der Verkehrspolitik dieser Landesregierung: Wir haben noch immer einen Flickenteppich im Bereich der Aufgabenträger. 

(Dr. Falko Grube, SPD: Das müssen aber die Aufgabenträger auch wollen!)

Es geht darum, dass die Aufgabenträger zusammenarbeiten. Ein Verkehrsverbund für ganz Mitteldeutschland wäre, glaube ich, eine gute Lösung. Aktivitäten in dieser Richtung sind weder vom Ministerpräsidenten noch von der Verkehrsministerin wahrzunehmen.

(Ministerin Dr. Lydia Hüskens: Sie führt Gespräche dazu!)

Ein Verkehrsverbund und eine dauerhaft gesicherte Finanzierung des Deutschlandtickets, das wären Bürokratieabbau und Nutzungserleichterung pur für den ÖPNV. 

Auffällig ist, dass in den Bundesländern, in denen das Deutschlandticket eine große Einnahmequelle darstellt, wie in NRW oder Schleswig-Holstein, bereits umfassende Tarifreformen stattfinden. In Bayern lag der Anteil der Einnahmen durch das Deutschlandticket gerade einmal bei 50 %. 

Dass dort die Stimmen gegen das Deutschlandticket besonders laut sind, ist also verständlich. Eine Ursache könnte die fehlende Tarifreform sein. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN) 

So schön das Deutschlandticket für Pendlerinnen und Pendler auch ist, einen Beitrag von 58 € können sich nicht alle Menschen leisten, und schon gar nicht mal eben so. Für Geringverdienende, für Beziehende von Sozialleistungen, für Menschen mit kleinen Renten, für Familien und Studierende stellt die diesjährige Erhöhung um 9 € eine hohe Hürde dar. Da Sachsen-Anhalt einen hohen Anteil an Kinder- und Jugendarmut und einen hohen Anteil an Geringverdienern aufweist, halte ich es für geboten und für unsere Pflicht     

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Frau Lüddemann, warten Sie einmal ganz kurz. - Liebe Kollegen, ich habe darum gebeten, sich zu sortieren. Wenn es denn unbedingt Gespräche geben muss, dann sollten diese bitte draußen stattfinden, sodass wir hier den Geräuschpegel so senken, dass man sich gegenseitig zuhören kann. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke. - Sie können weitermachen. 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Sachsen-Anhalt hat mit einer hohen Kinder- und Jugendarmut zu kämpfen. Wir haben im Vergleich der Bundesländer sehr geringe Einkommen. Daher ist es unsere Pflicht   davon bin ich fest überzeugt  , für einen sozialen Ausgleich, für ein soziales Deutschlandticket zu sorgen. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denn in den wenigsten Fällen befinden sich Einkaufsmöglichkeiten oder eine Ärzteversorgung   wir sprachen in der Debatte davor gerade darüber   in unmittelbarer Nähe zur eigenen Wohnung. Freizeitmöglichkeiten, Jugendklubs etc. werden weiter ausgedünnt. Aber ohne persönliche Mobilität gelingt freies Leben nicht. 

(Zurufe von der CDU)

In größeren Städten wird der ÖPNV immer wichtiger. Auf dem Land hingegen ist ein eigenes Auto   noch   unverzichtbar, allerdings in vielen Fällen finanziell auch kaum stemmbar. 

(Zuruf von Guido Heuer, CDU) 

Vergessen wir auch nicht, dass viele Personen nicht oder nicht mehr selbstständig ein Auto fahren oder besitzen können. Das sind ähnliche Bevölkerungsgruppen, die ich eben genannt habe: Rentnerinnen und Rentner, Menschen mit Behinderungen, junge Menschen, Kinder. Denken wir auch an den Regelbedarf der Bürgergeldempfänger. Diesen steht für Mobilität nämlich lediglich 50,49 € zu. Das ist also deutlich weniger als das, was das Deutschlandticket kostet. Wenn man sich trotzdem ein Deutschlandticket leisten will, muss man auf Kleidung oder Bildung oder was auch immer verzichten. 

Eigene Sozialtickets der Städte werden in vielen Städten und Kommunen nicht möglich sein   wie lange das in Magdeburg noch möglich ist, weiß man nicht  , weil einfach keine Kapazitäten finanzieller Art dafür vorhanden sind. 

Auch die Situation von Studierenden wird bei der Entscheidung über das Deutschlandticket zu wenig berücksichtigt.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

In Magdeburg bspw. zahlen alle Studierenden im Moment 276,40 € pro Semester inklusive 176 € für das Deutschlandticket. Dabei hat jede zweite Studierende weniger als 867 € im Monat zur Verfügung. Bei den erhöhten Preisen in Uni-Städten stellen 9 € zusätzlich für ein Deutschlandticket also einen echten Wert dar. Zusätzlich können auch nicht immer alle Studierenden von dem Deutschlandticket profitieren, zahlen es aufgrund des Solidaritätsprinzips aber trotzdem. Je weiter der Preis also steigt, desto größer wird die Ungerechtigkeit. 

Bayern   auch dort passiert mal etwas Positives   hat es immerhin geschafft, für Studierende, Freiwilligendienstleistende und Azubis ein Ticket für 38 € im Monat einzuführen. Studierende, Menschen mit geringen Renten, Familien - ich erwarte, dass dieses Land für diese Menschen Verantwortung übernimmt. Wie bspw. in Hamburg, Hessen oder Nordrhein-Westfalen wollen wir Grünen auch in Sachsen-Anhalt verbilligte, preiswerte Sozialtickets in Form des Deutschlandtickets. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN) 

Frau Ministerin Hüskens, vielleicht reden Sie einmal mit Kolleginnen und Kollegen aus diesen Ländern oder berichten uns davon, wenn Sie es bereits getan haben. Denn wieder einmal gehen andere Bundesländer voran und beweisen erfolgreich, dass soziale Maßnahmen funktionieren. 

Wie können wir bei den aktuellen Entwicklungen guten Gewissens diese Menschen allein lassen? Pech gehabt, weil man arm ist - ist das die Situation in Sachsen-Anhalt? Warum werden seitens der konservativen Parteien immer oder Streichungen bei Menschen mit Sozialhilfe oder Bürgergeld gefordert, anstatt die wahren Ursachen anzugehen, nämlich sich mehr Geld zu beschaffen? 

Wir brauchen eine Reform der Schuldenbremse. Wir brauchen eine Vermögenssteuer. Deutschland hat kein Finanzierungsproblem, Deutschland hat ein Umschichtungsproblem. Wenn wir das beheben, dann klappt es auch mit dem Deutschlandticket, auch in sozialer Variante. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir stehen in der Verantwortung, die richtige Entscheidung zu treffen, um den ÖPNV und das Tarifsystem zu reformieren, sodass beide ihr volles Potenzial entfalten können für nachhaltige, faire und nutzerfreundliche Mobilität. 

Ein einfaches Tarifsystem, das Deutschlandticket in ganz Deutschland, verlässlich und dauerhaft, Streckensanierung und Streckenausbau bei der Bahn, flexible Lösungen für die letzte Meile. Das sind große Aufgaben; das will ich gar nicht verhehlen. Aber lassen Sie uns heute damit beginnen, dass wir ein klares Bekenntnis zum Deutschlandticket abgeben und uns für eine soziale Variante einsetzen. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für eine bessere Mobilität für alle Menschen in Sachsen-Anhalt. - Vielen Dank. 

(Beifall bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Frau Lüdemann, es gibt Informationsbedarf, zuerst von Herrn Staudt. Wollen Sie die Frage zulassen, Frau Lüddemann? 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Ja. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie lassen die Frage zu. - Herr Staudt, Sie haben das Wort. 


Thomas Staudt (CDU): 

Frau Lüdemann, ich habe eine Frage. Wir haben im Ausschuss schon einmal darüber gesprochen. Sie sprechen natürlich wieder für eine Klientel, die nicht in Halle, Dessau oder Magdeburg wohnt. Ich frage Sie einmal direkt: Was geben Sie denjenigen Menschen, die gar nicht die Möglichkeit haben, das Deutschlandticket in Anspruch zu nehmen, weil in ihrer Region nicht einmal ein Bus fährt? Finden wir eine Möglichkeit, auch diesen Menschen monatlich 58 € zu überweisen, damit sie mehr mit ihrem Auto fahren können? 

Wir machen hier wieder eine Stadt-Land-Diskussion auf. 

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Sie machen die auf!)

- Ich mache die auf. Das darf ich auch, Herr Striegel - ja, so war Ihr Name, genau. 

Was machen wir? - Wir reden über Großstadtsorgen, aber wir haben gar keinen Bus in der flachen Altmark. Dort gibt es nichts, was dort fährt, und in den Ferien schon gar nicht.

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Doch, ich fahre immer in der Altmark! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Sprechen Sie mal mit Frau Frederking, die kann weiterhelfen!)

- Ja, Sie! Sie haben ja auch Zeit.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Ganz so ist es nicht. Ich habe Ihre Frage vernommen und, so glaube ich, auch verstanden. Es ist nicht ganz so, dass es in der Altmark überhaupt keine Möglichkeit für den ÖPNV gibt. 

(Zurufe)

Sie können sich gern einmal mit meiner Kollegin Frederking unterhalten, 

(Guido Kosmehl, FDP: Ja, die fährt immer bei Herrn Heuer mit!) 

die ja   das wissen, glaube ich alle hier   nicht immer mit Herrn Heuer mitfahren kann 

(Lachen bei den GRÜNEN und bei der CDU - Guido Heuer, CDU: Jetzt bin ich der Dumme!) 

und sich ganz oft allein mit dem ÖPNV in die Altmark begibt; denn sie ist bei uns in der Fraktion für die Altmark zuständig. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Wenn Sie sagen: „Ich fahre Auto und habe überhaupt nichts von dem Deutschlandticket“, dann kann ich Ihnen sagen: Die Menschen, die nicht Auto fahren, bezahlen die Straßen, auf denen Sie fahren, die bezahlen die Autobahnen, auf denen Sie fahren, 

(Oh! und Lachen bei der CDU - Zurufe von der CDU und von der FDP: Hallo! - Na, was ist denn das jetzt?) 

die bezahlen die Zuschüsse fürs Tanken,

(Guido Kosmehl, FDP: Zuschüsse? Was für Zuschüsse denn? - Zuruf von Ulrich Thomas, CDU) 

die bezahlen auch ganz viel von dem, was sie selbst nicht nutzen. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Lachen bei der AfD - Guido Kosmehl, FDP: Was denn? Also, das ist doch    )


Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann machen wir weiter. Es gibt es eine Zwischenintervention von Herrn Gludau. - Bitte, Herr Gludau, Sie haben das Wort. 


Maximilian Gludau (FDP): 

Frau Kollegin Lüddemann, ich habe folgende Frage: Ich habe in Ihrer Rede vernommen, dass Sie gesagt haben, die Studenten in unserem Land müssten, seitdem es das Deutschlandticket gibt, dies sozusagen automatisch mitbezahlen, obwohl sie es eventuell nicht ganz nutzen können. 

Als ich in Halle studiert habe, kann ich mich noch an riesige Debatten unter den Studenten darüber erinnern, dass das MDV-Ticket mit dem Semesterbeitrag automatisch mit abgebucht wurde. Ein guter Kumpel von mir stammte aus Berlin, hat immer ein Auto genutzt und hat sich immer tierisch aufgeregt und gesagt: Max, stell dir vor, ich muss immer dieses blöde Ticket mitbezahlen, obwohl ich das gar nicht nutze. 

Durch das Deutschlandticket haben wir es vielen Studenten erleichtert, dieses Ticket für weniger, für deutlich weniger Geld zu nutzen, 

(Beifall bei der FDP) 

mit dem gleichen oder noch besseren Sinn, als es vorher der Fall war. 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Ja.


Maximilian Gludau (FDP): 

Ich persönlich finde, dass das Deutschlandticket für Studenten ein deutlich besseres Instrument ist als es früher z. B. das MDV-Ticket war. 

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Mein Kumpel aus Berlin kann jetzt damit fahren. 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Danke, dass Sie das noch einmal anmerken. Da bin ich total bei Ihnen. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich sehe das ganz genauso. Ich habe nur noch einmal auf dieses Solidarprinzip hingewiesen, dass das alle Studierenden zahlen, auch diejenigen, die wie Ihr Kumpel   solche Menschen gibt es ja auch heute noch   

(Zuruf von der CDU: Solche Menschen! - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

aus dem Umland kommen, die, wie es vom Kollegen Staudt erwähnt wurde, das Deutschlandticket gar nicht nutzen können. Das war mein Punkt.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Wollen Sie auch eine Frage von Herrn Heuer zulassen?


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Meine Antwort wird ihn nicht zufriedenstellen, das weiß ich jetzt schon. Aber wir können es versuchen. 


Guido Heuer (CDU): 

Das weiß ich gar nicht, Frau Lüddemann. Erst einmal freue ich mich, dass Sie mittlerweile dem individuellen Verkehr zustimmen. Das haben Sie gerade gesagt. Erste Feststellung.

(Ulrich Siegmund, AfD, lacht)


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Klar. Ich weiß gar nicht, was daran witzig ist. 


Guido Heuer (CDU): 

Die zweite Feststellung: Sie sind fürs Geldsparen. Das finde ich auch gut. Was halten Sie davon, wenn wir Geld bei Baupreissteigerungen sparen würden? 

An meinem 25. Geburtstag am 19. Dezember 1991 ist ein Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz in Kraft getreten. Unter Anwendung dieses Gesetzes wurde die A 14 von Halle nach Magdeburg gebaut; sie war innerhalb von gut zehn Jahren fertig. Seit 2018 gibt es für den direkten Brückenersatz   man konnte es in Bezug auf Ludwigshafen kürzlich im Fernsehen sehen   ein Planungsbeschleunigungsgesetz. Wenn man das auf alles ausdehnen würde und ein Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz wie in den 90er-Jahren wieder aufsetzen würde, dann würden wir viele Dinge erleichtern. Denn sowohl der Individualverkehr als auch der Busverkehr laufen über Tangentenbrücken - das nur als Beispiel. Das würde Abgase einsparen; das würde Mineralöl sparen etc. pp. Und es wäre gut für den individuellen Nahverkehr. 

Dazu gehört aber ein wesentlicher Punkt: die Abschaffung des Verbandsklagerechts. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich würde gern wissen, was Sie dazu sagen. 


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Ich kann es mir einfach machen. Ich selbst muss gar nichts sagen. Sie können sich berichten lassen von Ihren Vertreterinnen und Vertretern im Ausschuss für Infrastruktur und Digitalisierung. Dort fand in der letzten Sitzung eine Anhörung statt. Der Vertreter der Architektenkammer hat genau auf diese Frage hin sehr ausführlich, sehr ruhig und, wie ich finde, sehr sachlich dargelegt, dass es ein grundgesetzlich verbrieftes Recht in Deutschland gibt   ich persönlich finde das gut; ich weiß nicht, wie Sie als Vertreter der CDU das sehen  , dass getroffene Entscheidungen überprüfbar sind. Nichts anderes tun die Verbände, die das Verbandsklagerecht in Angriff nehmen. 

(Guido Kosmehl, FDP: Nein! - Zuruf von Kathrin Tarricone, FDP)

- Lassen Sie mich ausreden. - Das ist der erste Punkt. 

Zweitens. Wenn alles nach Recht und Gesetz und nach dem, was in den Planungen festgelegt ist, ausgeführt würde,

(Kathrin Tarricone, FDP: Darum geht es doch nicht! Es geht um Genehmigungen!)

dann wäre die Klage ja ganz schnell erledigt. Aber es ist doch so, dass in den Klagen     Ich habe es bei mir vor der Haustür mit der B 6n hautnah erlebt. 

(Guido Kosmehl, FDP: Die B 6n führt doch nicht bei Ihnen zu Hause vorbei!)

Dort wurde geklagt. Es wurden Auflagen gemacht, die nicht eingehalten wurden, also musste wieder geklagt werden. Das ist das Problem, das die Planungen in die Länge zieht und das die Planung exorbitant verteuert. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU und von der FDP) 

Das ist die Wahrheit.