Detlef Gürth (CDU):
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich für das Thema der Aktuellen Debatte. Ja, es ist tatsächlich so, wie in der Überschrift des Antrags der Aktuellen Debatte formuliert: Risse, Schlaglöcher, bröckelnde Brücken - Verkehrsinfrastruktur an der Belastungsgrenze. - Wer mag das nicht unterschreiben?
Als der Antrag gestellt wurde, saß ich bei mir im Büro mit zwei Bürgern, die mich seit 30 Jahren regelmäßig mindestens einmal im Quartal besuchen. Ich habe das Glück, in meiner wunderschönen Heimatstadt Aschersleben groß geworden zu sein. Die Stadt hat nicht mehr als 30 000 Einwohner, aber drei Bundesstraßen verlaufen mitten durch die Stadt, nämlich die B 6, die B 180 und die B 185. Die engste Stelle des Fußwegs ist 85 cm breit. Wenn 1 m entfernt von der Schlafzimmertür 10 000 Lkw vorbeidonnern, dann ist eine ganz starke Sehnsucht nach Verkehrsentlastung vorhanden. Das haben die beiden Bürger festgestellt.
Ich habe ihnen gesagt, wir führen eine Aktuelle Debatte dazu. Darauf hieß es: Das wird auch mal Zeit! Hoffentlich passiert auch was. - Dann habe ich ihnen vorgelesen, was in der Begründung des Antrags steht:
„In den letzten Jahren wurde der Erhalt der Verkehrsinfrastruktur systematisch vernachlässigt. Hoher Kostendruck, verschobene Investitionsentscheidungen und unzureichende Planungsressourcen haben dazu geführt, dass dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen immer weiter aufgeschoben wurden. Die Folgen sind nicht nur finanzielle Mehrbelastungen für die Baulastträger in der Zukunft, sondern auch steigende Risiken für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer*innen.“
Dem stimme ich zu, die beiden Gäste auch. Aber dann ging es mir so wie ihnen. Genauso fröhlich und verwirrt schauten sie, als ich sagte, das ist ein Antrag der GRÜNEN für eine Aktuelle Debatte. - Nein, haben sie gesagt, das könne nicht sein und sei undenkbar.
(Lachen bei der CDU)
Einer der Gäste fragte, ob denn schon der 1. April sei. Ich antwortete, nein, noch nicht. Der zweite Gast meinte, das sei, als ob der Brandstifter die Feuerwehr beschimpft, dass sie nicht genug moderne Löschmittel habe.
(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
Warum sagen sie das? In der Hoffnung um Entlastung in den Umgehungsorten um die Stadt Aschersleben gab es drei große Baumaßnahmen, die sprichwörtlich für die Situation sprechen. Es waren gewünscht die Ortsumgehung, die Entlastung vom Durchgangsverkehr der A 14 und die Nordharzautobahn B 6 neu.
Zur Nordharzautobahn B 6 neu. 1994, zu Zeiten der ersten Regierungsbeteiligung der GRÜNEN hier, war das eine der drängendsten Maßnahmen. Darauf haben sie in der Minderheitsregierung sogar bestanden. Das können Sie nachlesen.
Verhinderung des Neubaus der A 14, Verhinderung der Nordharzautobahn und der Südharzautobahn. Hätten wir nicht eine Volksinitiative mit mehr als 80 000 Unterschriften gehabt, dann hätte sich vielleicht ihr Wunsch erfüllt und keine dieser Autobahnen würde je gebaut werden.
Das Bundesverkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz hat der Bund 1992 erlassen. Wer war dagegen und vor allem dagegen, dass dieses Gesetz bei der A 14 angewendet wird? - Ein gerade ernannter grüner Minister, nämlich Joschka Fischer in Hessen. Er war der Einzige, der sofort über den Bundesrat sagte, das müsse verhindert werden und könne nicht kommen.
Wer hat im Jahr 2003 gegen die Verlängerung der Gültigkeit des Bundesverkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes gewettert? - Schauen Sie mal nach. Googeln Sie einmal die Begriffe „Verkehrsbehinderung“ und „GRÜNE“ Die Zahl der Einträge können Sie an einem Tag nicht zitieren, so viele sind das.
(Lachen bei der CDU - Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)
Kein Geld in Beton usw. Wenn ich das zitieren würde, wäre das eine Büttenrede oder eine traurige Auflistung von Verhinderungsmaßnahmen. Verkehrswegebauen und GRÜNE heißt: Verhindern, verzögern, blockieren, verteuern.
Als es um die Nordverlängerung der A 14 ging, haben Ihre Kumpels aus dem vorpolitischen Raum, um das über Naturschutzregelungen zu verzögern,
(Beifall bei der CDU)
einiges zusammengebracht: Mehrbelastung, Tausende Tonnen CO2 und Stickoxide, weil die Straßen nicht fertig waren und die Leute im Stau standen. Tausende Tonnen giftige Gase mussten die Leute, die entlang dieser Straßen wohnen, einatmen, weil keine Ortsumgehung gebaut wurde.
Außerdem haben wir Hunderte Millionen Euro ausgegeben aufgrund der Verzögerung, und zwar für Klagen und auch für Krötentunnel, durch die noch nie eine Kröte marschierte,
(Beifall bei der CDU)
für Fledermausbrücken, auf denen man noch nie eine Fledermaus gesehen hat. Aber für eine Lärmschutzwand und für eine Baumaßnahme für eine Ortsumgehung soll kein Geld vorhanden sein? - Das können Sie keinem erklären.
(Beifall bei der CDU)
Wenn ich diese Aktuelle Debatte erwähne, tippen sich die Leute an die Stirn. Ich kann es gar nicht fassen. Ist das ein Aprilscherz?
Jedenfalls haben sich meine Gäste beruhigt. Ich habe gesagt, das stimmt und ist kein Druckfehler. Der Antrag stammt von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; das muss so sein. Das ist tatsächlich so.
Jetzt gehen wir einmal von der Vergangenheit in die Aktualität. Die Ampel ist fast Geschichte. Eine Restampel ist noch da. Beide Chefs wollen Kanzler werden, Herr Habeck und Herr Scholz.
(Zuruf von Guido Heuer, CDU)
Der Souverän entscheidet das, lassen wir es ihn entscheiden. Schauen wir einmal auf die Hauptstreitpunkte dieser Ampel; es waren sehr viele. Einer dieser Hauptstreitpunkte war die Planungsbeschleunigung. Diese komische Koalition, die wie vorhersehbar zerbrach, hat im Koalitionsvertrag unter anderem eine Halbierung der Planungs- und Genehmigungszeiten bei Infrastrukturmaßnahmen vorgesehen. Worüber haben sie sich gestritten und wer hat das blockiert? - Die GRÜNEN. In nur zwei Punkten wollten die GRÜNEN Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen, und zwar erstens bei dem Flüssiggasprojekt auf Rügen. Das haben sie dann auch im Schweinsgalopp durchgezogen. Die Klagen kamen posthum ein paar Stunden hinterher. Das zweite Projekt, bei dem die GRÜNEN das Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigten, betraf den Ausbau der erneuerbaren Energien.
(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)
Beim Ausbau der Verkehrswege gab es den Streit zwischen Habeck, Lang - den Namen weiß ich nicht mehr; die Bundesvorsitzende der GRÜNEN -
(Kathrin Tarricone, FDP: Ricarda!)
Ricarda Lang und Habeck gegen Wissing. Das war ein monatelanges Theater, weil die GRÜNEN die Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung blockiert haben. Jetzt kommen Sie uns mit einer solchen Debatte. Das ist doch ein Witz. Ich kann es gar nicht fassen.
(Beifall bei der CDU)
Abschließend möchte ich meinen Dank gegenüber der Kollegin Dr. Hüskens ausdrücken. Auch wenn die Mittel nicht so üppig sind, wie wir uns das wünschen,
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
ist es eine Freude, mit ihr übers Land zu ziehen und ihr Probleme zu zeigen. Wir waren in Arnstein und anderswo. Die Probleme lösen sich nicht alle sofort. Aber der große Unterschied zu den GRÜNEN ist: Sie hört zu und sie bemüht sich, mit den Mitteln, die wir haben, eine Lösung zu finden. Das haben wir mehrfach hinbekommen. Respekt! Kompliment! Vielen Dank dafür.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD)
Es geht, wenn man will. Man muss es wollen. Beim Thema Wollen sind wir schon wieder bei den GRÜNEN. Sie wollen gar nicht. Was erzählen sie uns? Sie wollen nicht. Die Beispiele, bei denen sie verhindert, verzögert, blockiert und verteuert haben, sind größer und dicker als der Duden.
(Lachen bei der CDU)
Sich dann hinzustellen und die Folgen ihrer Politik zu beklagen, ist schon mutig.
Machen wir es doch einmal konkret an drei Baumaßnahmen, bei denen sie verhindern, verzögern und verteuern, fest. Bei manchen fehlt vielleicht ausreichend Geld; das kann sein. Aber das ist gar nicht das Hauptproblem. Es ist nicht fehlendes Geld. Erster Engpass und Flaschenhals: Straßen-, Brücken- und Tiefbau ist Ingenieurbau, hochkomplex und erfordert viel Fachwissen. Die Baukapazität in der Branche ist begrenzt. Sie können nicht einfach sagen, wir bauen eine Autobahn oder drei Ortsumgehungen mehr. Das müssen Sie Jahre im Voraus planen, damit sie ihre Baukapazitäten, die Technik usw. hierfür besorgen und reservieren können. Das ist am Markt gar nicht mehr verfügbar.
Zweiter Engpass sind die Planungs- und Genehmigungsverfahren. Wenn wir dabei nicht besser werden und bei Sonntagssprüchen bleiben, wird sich nichts verbessern.
Mehr Planungs- und Genehmigungsverfahren hätte ich mir gewünscht. Der einzige Wunsch, den ich an die Ampel hatte - der hat sich auch nicht erfüllt, weil die GRÜNEN blockiert haben , war, dass hierbei etwas passiert, dass man sich einen Großteil der Prozeduren mal anguckt und vielleicht das löbliche Ziel, das die Ampel hatte, irgendwann doch erreicht, nämlich eine Halbierung der Zeit bei Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Sie werden es aber nicht hinkriegen, wenn Sie so etwas in irgendeinen Koalitionsvertrag hineinschreiben und dann bei Ihren ideologischen Scheuklappen und Blockaden bleiben. Deswegen gehört eines - damit will ich auch schließen - unbedingt dazu: die Abschaffung des Verbandsklagerechts.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Denn niemand kann noch nachvollziehen, wenn bei einer Verkehrswegebaumaßnahme - Verlängerung der B 6 neu von Köthen zur A 9 - irgendein GRÜNER freudig aus dem Gebüsch springt, weil er eine Ödlandschrecke entdeckt hat, oder in Köthen war es eine Knoblauchkröte. Dann freuen sie sich: wieder verhindert, es kann nicht gebaut werden. Und die Leute warten auf diese Baumaßnahme.
(Zustimmung bei der CDU)
Deswegen glauben sie Ihnen auch nicht bei dem, was Sie hier sagen. Was ist die Folge? - Der Bürgermeister und der Landrat sagen: Allein wegen der Knoblauchkröte - wer auch immer die dahin gesetzt hat; vielleicht war sie auch schon da, ich weiß es nicht, ich will dabei nichts unterstellen - acht Jahre Bauverzögerung. Acht Jahre!
(Olaf Feuerborn, CDU: Mehr!)
Und in den acht Jahren warten die auf den Anschluss der Gewerbegebiete. In den acht Jahren leiden die Leute entlang dieser Straßen wegen dieses Verkehrs und müssen die Abgase einatmen. Warum? - Weil wieder irgendwelche Leute etwas blockieren.
Beim Verbandsklagerecht ist es leider so, nicht nur bei Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen, selbst im Hochwasserschutz Das erste Hochwasser war nicht das Elbe-Hochwasser, sondern 1994 an Holtemme, Bode, Wipper, Eine. Da standen die Städte unter Wasser. Das Hochwasserschutzkonzept von damals ist bis heute nicht umgesetzt. Fragen Sie einmal, warum. - Weil Ihre grünen Freunde einen Großteil der Maßnahmen blockiert haben. Dabei waren Ärzte, kluge Leute, aber kein einziger Wasserbauingenieur.
(Zustimmung bei der CDU)
Aber die maßen sich an, alles besser zu wissen als die, die das gelernt und studiert haben. Das müssen wir ändern, dann wird auch schneller wieder gebaut.