Guido Heuer (CDU):

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich nachher noch kurz auf die Änderungsanträge eingehe, erst einmal ein paar Worte zu dem, was heute hier passiert ist. Ich habe eingangs gesagt, dass der Untersuchungsausschuss und die Debatte heute zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses nicht für Polittheater genutzt werden sollte. - Herr Büttner, genau das haben Sie getan, und das sage ich ganz ruhig und nüchtern. Aber darauf gehe ich nachher noch ein bisschen näher ein. 

(Lachen bei der AfD)

- Sie können alle lachen. - Herr Büttner, ganz ehrlich, das waren billige Parolen, die mit einer würdevollen Debatte zu diesem Thema gar nichts zu tun haben. Wir, die Koalition, und auch wir als CDU-Fraktion, für die ich jetzt hier rede, stehen für eine vollumfängliche Aufklärung der Geschehnisse. Und ich garantiere Ihnen, dass wir für die berechtigten Fragen, die heute aufgeworfen wurden, im Untersuchungsausschuss Antworten einfordern werden. 

Die bisherigen Erkenntnisse über den Täter werfen bereits zahlreiche Fragen auf und es werden sicherlich noch einige dazukommen. Wieso wurden seine Drohungen bspw. gegenüber dem Bundesinnenministerium ignoriert? Wie konnte Taleb A. trotz Gefährderansprache am Arbeitsplatz unbehelligt im Maßregelvollzug arbeiten? - Wir werden sehen, was die weiteren Ermittlungen noch zu Tage fördern. 

Das Gleiche gilt auch für Fragen bezüglich des Sicherheitskonzeptes. Ich betone noch einmal: An der Stelle wird es natürlich auch um Verantwortlichkeiten gehen. Man muss nicht persönlich Schuld tragen, um Verantwortung an der einen oder anderen Stelle zu übernehmen. Das gehört dazu. Ich sage auch ganz deutlich: Die persönliche Schuld trägt einzig und allein Taleb A. 

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD und bei der FDP - Zurufe von der AfD)

Er allein hat diese Gräueltat geplant und durchgeführt. Er muss mit voller Härte des Rechtsstaates zur Rechenschaft gezogen werden. Dieses Monster gehört bis ans Ende aller Tage weggesperrt. 

(Zurufe von der AfD)

Wir wollen aber nicht nur auf die Geschehnisse zurückblicken, sondern auch Erkenntnisse zur Verhinderung künftiger Taten gewinnen. Deshalb umfasst der Einsetzungsantrag auch genau diesen Untersuchungsgegenstand. Es muss geklärt werden, welche rechtlichen Anpassungen wir als Landesgesetzgeber auf den Weg bringen können, um die Sicherheitsbehörden auf aktuelle Herausforderungen vorzubereiten. Die Befugnisse, insbesondere beim Austausch von Informationen, genügen offenkundig nicht mehr den Anforderungen moderner Polizeiarbeit. Sicherlich werden sich im Rahmen der parlamentarischen Aufarbeitung weitere Stellschrauben für Verbesserungen ergeben. 

An der Stelle auch ein paar Worte zur Zeitschiene des Untersuchungsausschusses. Ich bin überzeugt, dass in etwa einem Jahr erste Untersuchungsergebnisse vorliegen. Die bis dato gewonnenen Erkenntnisse können dann auch noch in parlamentarische Initiativen umgesetzt werden. Das muss das Ziel sein. Wir werden sehen, dass dafür eine Sitzung pro Monat wahrscheinlich nicht reichen wird. Auch das schicke ich an der Stelle schon einmal voraus. Wir haben noch ein gutes Jahr. Anfang 2026 sollte ein Abschlussbericht vorliegen, im ersten Quartal, das müssen wir mal sehen. Darauf werden wir hinarbeiten. 

Des Weiteren werden wir uns dafür einsetzen, dass die Überarbeitung des Sicherheits  und Ordnungsgesetzes zügig das parlamentarische Verfahren durchläuft. Die vorgesehene Erweiterung von Polizeibefugnissen duldet keinen Aufschub. Die Erleichterungen im Bereich des Präventivgewahrsams für Terroristen bspw. sind dringend geboten. An uns als CDU-Fraktion wird das ganz sicher nicht scheitern. 

Im Zuge dieser Reform müssen wir auch darüber sprechen, wie die rechtlichen Hürden für eine elektronische Aufenthaltsermittlung abgesenkt werden können. Der konsequente Einsatz von Fußfesseln kann die Beobachtung von Personen wie Taleb A. erheblich erleichtern. Wenn die Behörden z. B. feststellen, dass sich ein Gefährder in der Nähe von Großveranstaltungen aufhält, können präventive Maßnahmen ergriffen werden. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Dafür muss man aber auch wissen, dass es ein Gefährder ist!)

Des Weiteren sind wir der Überzeugung, dass beim Maßregelvollzug die gleichen Standards wie beim klassischen Strafvollzug gelten müssen. Daher ist unter anderem eine effektive Sicherheitsüberprüfung bei Beschäftigten im Maßregelvollzug unabdingbar. Insbesondere werden wir uns dafür einsetzen, dass künftig ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt werden muss. 

Hier wurde auch heute die Problematik des Informationsaustausches mehrfach angesprochen. Deshalb begrüßen wir die Initiative unseres Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff zur Verbesserung des länderübergreifenden Informationsaustausches der Sicherheitsbehörden. Für uns ist klar, Datenschutz darf nicht zum Täterschutz genutzt werden. 

(Zustimmung bei der CDU)

Die Saarbrücker Agenda aus dem November 2016 wurde heute auch schon erwähnt. Insbesondere muss dem BKA und der Bundespolizei die Nutzung der verfahrensübergreifenden Analyse- und Rechercheplattformen genehmigt werden. 

Abschließend fordern wir die konsequente Abschiebung von Ausländern mit Gefährdungspotenzial. Fakt ist: Es gibt viele Gefährder und Straftäter mit Migrationshintergrund in Deutschland. 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Um eine effektive Beobachtung dieser Personen sicherstellen zu können, braucht es dringend Gegenmaßnahmen. Die nächste Bundesregierung muss die Ausbürgerung straffällig gewordener Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft ermöglichen.

(Zustimmung von Xenia Sabrina Kühn, CDU)

Außerdem muss es für Ausländer auch Ausweisungsmöglichkeiten unterhalb der Schwelle von festgestellten Straftatbeständen geben. Dafür werden wir als CDU-Landtagsfraktion uns mit aller Macht einsetzen. 

(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU, und von Frank Bommersbach, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für Sachsen-Anhalt gibt es ein Davor und ein Danach. Dieser fürchterliche Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt richtete sich gegen die Art und Weise unseres Zusammenlebens. Taleb A. wollte unsere Gesellschaft mitten ins Herz treffen. Diese schreckliche Tragödie lässt uns einfach nur fassungslos zurück. Gleichwohl dürfen wir als Parlament, als Entscheidungsträger nicht sprachlos sein. Mit der Einsetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses machen wir ganz deutlich, dass diese Tat auch politisch aufgearbeitet werden muss. Und mit schnellen Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheitslage zeigen wir den Bürgerinnen und Bürgern, dass wir alles tun werden, um solche Taten künftig zu verhindern. 

Dieser unmenschliche Anschlag darf nicht parteipolitisch vereinnahmt werden. Er darf nicht für Wahlkampfgetöse missbraucht werden. Lassen Sie uns das hier heute deutlich machen. Lassen Sie uns diese Tat sachorientiert aufarbeiten. Lassen Sie uns gemeinsam für die Einsetzung des 21. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Landtags Sachsen-Anhalt stimmen. - Vielen Dank. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Und jetzt zu den Änderungsanträgen. Wenn es der Herr Büttner schon nicht selbst tut, dann gehe ich einmal auf den Änderungsantrag der AfD ein. 

(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

- Ja, ja. - Sie fordern eine Erweiterung des Untersuchungszeitraums. Ganz ehrlich, in Bezug auf die Person des Täters steht bei uns der 1. Januar 2006; das ist weitergehend als das, was Sie fordern. Wir haben den 19. Dezember 2016, denn der Boston-Marathon ist ein amerikanisches und kein deutsches Ereignis. Was den Täter betrifft, gehen wir zurück bis ins Jahr 2006. Das ist weitergehend als Ihre Forderung. Ganz einfach. 

(Zustimmung bei der FDP)

Wenn Sie sagen, dass das Wort Kommunikation als genereller Begriff ersetzt werden sollte, dann sage ich, dass das eine Einengung des Untersuchungsauftrages ist. Deswegen bleibt es auch bei dem Wort Kommunikation.

(Zustimmung bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN - Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

Sie sprechen die Flüchtlingshilfe, gerade was Saudi-Arabien betrifft, an. Das kann man alles zur Person des Täters aufrufen. Insofern ist unser Antrag auch an der Stelle weitergehend. Genau deshalb lehnen wir Ihren Änderungsantrag ab, weil er den Untersuchungsauftrag unnötig einschränkt. 

(Ulrich Siegmund, AfD: Was ist mit dem Ende?)

Dann noch eines zum Änderungsantrag der GRÜNEN. Die psychosoziale Betreuung ist wichtig und sie ist richtig. Aber ich kann Falko Grube insofern beipflichten, als wir einen ganz engen Zeitraum haben. Deshalb ist es aus unserer Sicht richtig, dass wir das Thema aufrufen. Der Untersuchungsausschuss kann selbstverständlich, wenn er sich denn einig ist, einen Antrag stellen, das noch einmal zu erweitern. Dann kann man es hier im Parlament jederzeit aufrufen. Es ist wichtig. Wir werden uns dem Thema sicherlich auch widmen; an welcher Stelle, das werden wir in Ruhe besprechen und dann wollen wir einmal schauen. 

Und jetzt noch einmal: Herr Büttner, Sie haben vorhin einen Zwischenruf zur staatspolitischen Verantwortung gemacht und haben auf die Regierung gezeigt. Herr Büttner, der werden Sie nämlich nicht gerecht, der sind Sie auch im 23. Dezember nicht gerecht geworden. Auch eine Oppositionsfraktion hat eine staatspolitische Verantwortung. Punkt. 

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN - Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)

- Herr Büttner, in den letzten Jahren haben Sie ja immer Ihre Freundschaft zu Putin herausgestellt. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ich? - Weitere Zurufe von der AfD)

Jetzt waren Sie in Amerika. Sie sind die männliche Pippi Langstrumpf und malen sich die Welt, wie sie Ihnen gefällt, 

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der AfD - Unruhe)

je nachdem, wie das ist. 

(Zurufe von der AfD)

Ja, wirklich. Ja, immer schön Aufregen. 

(Zurufe von der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Heuer, Sie sind am Ende Ihrer Redezeit angelangt. Fertig? 


Guido Heuer (CDU):

Danke.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ich kenne Putin nicht! - Weitere Zurufe von der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Gut, okay. Jetzt gab es noch einen Fragewunsch von Herrn Rausch. Würden Sie die Frage noch beantworten? 


Guido Heuer (CDU):

Natürlich. 


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Rausch, Sie haben die Möglichkeit. 


Tobias Rausch (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Kollege Heuer, Sie reden immer von staatspolitischer Verantwortung. Ihr letzter Satz spricht für sich, denke ich einmal. 

(Zuruf von Nadine Koppehel, AfD)

Sie besitzen es auch ausnahmslos, dass Sie uns immer Sachen zuschreiben, die Sie sich selbst denken. Natürlich haben wir uns für eine gute Beziehung mit Russland ausgesprochen, aber auch für gute Beziehungen mit Amerika. 

(Dr. Katja Pähle, SPD: Seit Trump gewählt ist! - Weitere Zurufe)

Wir sind aktuell die einzige Partei in Deutschland, die sowohl gute Beziehungen zu Russland als auch zu Amerika hat.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Sie sind einfach nur neidisch. Sie haben sich nämlich angewöhnt, sich werteorientiert in Angelegenheiten anderer Länder einzumischen. 

(Zurufe von der AfD)

Das ist das Problem. Machen Sie Ihre Hausaufgaben. Identifizieren Sie, wer Gefährder sind, und hören Sie auf, die Opposition zu beobachten. Das ist das Problem. 

(Beifall bei der AfD - Zurufe von Nadine Koppehel, AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie können antworten, wenn Sie wollen. 


Guido Heuer (CDU):

Na klar, reagiere ich darauf. - Sehr geehrter Herr Rausch, im Gegensatz zu Ihnen, der Gespräche führt, wenn ich hier rede, höre ich Ihnen zu und beschäftige mich mit Ihrem Änderungsantrag. Das unterscheidet uns beide. 

Wenn Sie von Freundschaft zu Amerika reden, dann reden Sie von dem Trump‘schen Amerika und nicht von dem Obama-Amerika. 

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Das ist nämlich die Wahrheit. 

(Zurufe von der AfD)

- Ja, genau. Sie befürworten genau mit dieser Aussage Sanktionen gegenüber der Europäischen Union. Damit schaden Sie unserem Land. Das ist ein Fakt. 

(Zustimmung bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Und noch eines passt ganz gut dazu, Herr Rausch. Ihr Kollege Zietmann hat vorhin dazwischen gerufen. Dabei ging es darum, ob wir die Frist für eine Kleine Anfragen verkürzen, weil das Thema so wichtig ist. Machen wir das jetzt themenabhängig, oder haben wir hier Regularien für Fristen etc.? Das ist genau Ihre Willkür, mit der Sie handeln. 

(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU, und von Frank Bommersbach, CDU - Zuruf von Nadine Koppehel, AfD - Weitere Zurufe von der AfD)