Jörg Bernstein (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Corona-Sondervermögen und dem korrespondierenden Entschließungsantrag zielt die antragstellende Fraktion Die Linke vor allem auf die geplante Umschichtung in Höhe von 183 Millionen € in die Maßnahme 42 - Digitalisierung der Verwaltung.
Warum ist diese Umschichtung aus der Sicht der FDP-Fraktion sinnvoll? - Durch die maßnahmenübergreifende Umschichtung zugunsten der Digitalisierungsvorhaben können Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen und darauf aufbauende Anwendungen, deren umfassender Aufbau in den vergangenen Jahren offensichtlich vor unserer Regierungszeit unterlassen wurde, noch in den Jahren 2025 und 2026 beschleunigt umgesetzt werden und erfordern vermutlich und mit großer Hoffnung unsererseits danach keinen großen Mitteleinsatz, oder zumindest nicht in diesem Umfang, mehr.
Konkrete Beispiele zur Umsetzung im Einzelplan 53 sind genannt worden: Standardarbeitsplatz LSA, Lösungen zur webbasierten Zusammenarbeit usw. Insgesamt handelt es sich also um Maßnahmen, die sich unter der Maßnahme 42 - Digitalisierung der Landesverwaltung - einordnen und so dem Grundgedanken des Sondervermögens „Corona“ entsprechen, nämlich die Resilienz der Verwaltung für zukünftige Krisensituationen zu stärken.
Einen Hinweis möchte ich an dieser Stelle geben: Es sind keine Mittel, die wir in unser Ministerium, das MID, schieben, sondern das MID übernimmt die koordinierende Funktion für alle anderen Ministerien mit seiner entsprechenden fachlichen Kompetenz.
(Marco Tullner, CDU: Was heißt „unser Ministerium“?)
- Er sprach uns direkt an, Herr Kollege. Ich gehe davon aus, dass er die FDP-Fraktion meinte.
Ich möchte darauf hinweisen, dass in der Maßnahme 42 der höchste Mittelabfluss zu verzeichnen ist. Stand November 2024 sind es nach unseren Informationen Mittel in Höhe von 106 Millionen €. Das ist der zweithöchste Mittelabfluss nach den Unterstützungsmaßnahmen für die Universitätsklinika. Gerade hieran hapert es.
Sicherlich sind die Maßnahmen, die von der antragstellenden Fraktion Die Linke für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Schulen angeführt worden sind, notwendig, aber in diesem Bereich haben wir diesen Mittelabfluss nicht gesehen.
Vor diesem Hintergrund wird die FDP-Fraktion sowohl dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Corona-Sondervermögen als auch dem korrespondierenden Entschließungsantrag die Zustimmung nicht erteilen. Wir werden allerdings der Feststellung der außergewöhnlichen Notsituation zustimmen. Der Antrag der Landesregierung und die entsprechende Begründung des Antrages liefern die Begründung, die aus unserer Sicht auch den Erfordernissen des Bundesverfassungsgerichtsurteils entsprechen.
(Beifall bei der FDP)
Darin sehen wir ausdrücklich keine Aushebelung der Schuldenbremse. Kollege Kosmehl hat dies in seiner Intervention deutlich gemacht.
Wir gehen davon aus, dass natürlich keine akute Notsituation mehr besteht, aber die Folgen, die durch diese Pandemie verursacht worden sind, sind nach wie vor zu bekämpfen. Wir sehen in der Fortführung der Maßnahmen aus dem Corona-Sondervermögen hierzu die geeigneten Wege. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Es gibt eine Frage von Herrn Gallert. - Herr Gallert.
Wulf Gallert (Die Linke):
Herr Bernstein, Sie haben mehrfach darauf hingewiesen, dass Sie Lehrer sind,
(Guido Kosmehl, FDP: Sie auch!)
und zwar an einer berufsbildenden Schule.
Jörg Bernstein (FDP):
Also sind wir Kollegen, Herr Kollege.
Wulf Gallert (Die Linke):
Das ist immer noch besser, Herr Kosmehl, als Juristen, so sage ich es einmal an der Stelle.
(Oh! bei der CDU und bei der FDP)
Meine Fraktionsvorsitzende ist gerade nicht anwesend; deshalb darf ich das.
Herr Bernstein, bei der Begründung der Digitalisierung - das sage ich ganz ehrlich - braucht man nicht sonderlich viel Fantasie, um mit durchaus überzeugenden Argumenten zu sagen, dass eine Digitalisierung an den Schulen im Einzelfall notwendig ist. Wir haben es gesehen; gerade der Bereich Homeoffice hat die Schwächen offengelegt.
Jörg Bernstein (FDP):
Genau.
Wulf Gallert (Die Linke):
In der Vorlage ist nunmehr vorgesehen, dass der überwiegende Teil der Mittel aus diesen für Außenstehende nachvollziehbaren Maßnahmen - Sie als Lehrer wissen, wie notwendig diese Maßnahmen wären - herausgenommen werden, um in den Bereich der Digitalisierung der Landesverwaltung umgeschichtet zu werden. Das widerspricht grundsätzlich dem Grundanliegen des Corona-Sondervermögens, sich mit den Folgen dieser Corona-Geschichte auseinandersetzen zu müssen, um unter anderem die Dinge, die für das Homeschooling erforderlich sind, weiter zu verbreiten. Nunmehr werden die Mittel ganz normal in die Landesverwaltung umgeschichtet. Das muss Ihnen als verantwortungsbewusstem Lehrer und Landtagsabgeordnetem doch eigentlich völlig zuwider sein, Herr Bernstein. Warum ist das nicht so?
(Guido Kosmehl, FDP: Weil er ein denkender Lehrer ist!)
Jörg Bernstein (FDP):
Herr Kollege Gallert, weil ich ein Mensch bin, der einen Blick auf die Realität hat.
(Beifall bei der FDP - Zuruf: Buh!)
Auf der einen Seite habe ich als Finanzpolitiker gesehen, wie sich der Mittelabfluss bei den Maßnahmen aus dem Kapitel des Bildungsministeriums im Einzelplan 53 gestaltet hat. Auf der anderen Seite sehe ich, wie die Mittel in unseren Schulen bisher eingesetzt wurden.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich vielfach den Eindruck gewonnen habe, dass an dieser Stelle Geld aus dem Fenster geworfen wurde bzw. nicht zweckgerichtet eingesetzt wurde.
(Zuruf von Kristin Heiß, Die Linke)
Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Es geht noch nicht einmal um das Bildungsministerium, sondern es geht um Investitionen, die bspw. die örtlichen Schulträger tätigen. Nicht immer ist es unbedingt sinnvoll, teures Geld für interaktive Tafeln auszugeben, damit sich bspw. der Repräsentant des Schulträgers damit für ein Bild ablichten lassen kann. Dieses Geld wird oftmals nicht zweckgerichtet eingesetzt.
Wichtiger ist es - dafür sind die notwendigen Voraussetzungen im LISA geschaffen worden , dass sich erstmals eine Abteilung verantwortlich damit auseinandersetzt, unsere Kolleginnen und Kollegen an den Schulen zu unterweisen, wie mit der Technik umzugehen ist. Das war der Punkt, den ich als aktiver Lehrer als wesentlich bedeutsamer erachtet habe.
Die Ausstattung ist aus meiner Sicht vielfach nicht das Problem, sondern das Problem ist die Umsetzung.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Wenn Sie Ihren Oberkörper gegen das Mikrofon lehnen, dann rauscht es. - Das Problem haben wir jetzt behoben. - Sie haben eine Nachfrage? - Bitte.
Wulf Gallert (Die Linke):
Wenn Sie das so sagen, dann waren entweder die Mittel, die für die Schulen ursprünglich geplant waren, total überflüssig, oder in den Schulen gibt es ein reales Umsetzungsproblem. Dann wäre es doch Gott verdammt nochmal für die Koalition und Landesregierung entscheidend gewesen, dieses Umsetzungsproblem anzugehen, anstatt jetzt mit den Schultern zu zucken und zu sagen, wenn wir es dort nicht vernünftig einsetzen, dann nehmen wir das Geld dort eben weg.
Jörg Bernstein (FDP):
Wir sind dabei, es umzusetzen. Wir haben bspw. mit den Digitalassistenten, die an den Schulen beratend tätig sind, überhaupt erst einmal die
(Zuruf von Wulf Gallert, Die Linke)
- Wir nehmen sie doch nicht komplett weg. Das ist doch Quatsch.