Jörg Bernstein (FDP): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion Die Linke bläst zur Abrechnung mit der Schulpolitik der CDU.

(Zuruf von Stefan Ruland, CDU)

An dieser Stelle könnte sich die FDP-Fraktion entspannt zurücklehnen. Wenn ich es richtig sehe, haben wir als Partei in Sachsen-Anhalt zu keiner Zeit das Bildungsministerium geführt. Entlastend kommt noch hinzu, dass wir Freien Demokraten vor der aktuellen Legislaturperiode zehn Jahre lang auch leider nicht im Landtag vertreten waren.

(Marco Tullner, CDU: Aber Ihr hattet mal einen Staatssekretär im Kultusministerium! - Weitere Zurufe: Ja!)

Aber im Ernst: Nach meinem Verständnis ist Politik, wenn man einmal von absoluten Mehrheiten absieht, in Koalitionen stets ein Teamsport. Von daher befremdet mich die Zielrichtung der Antragsteller.

Ich fühle mich als Bildungspolitiker meiner Fraktion durchaus mitverantwortlich für die aktuelle Bildungspolitik. Die Qualität eines Bildungssystems allein an Schulabschlüssen festzumachen, greift aus meiner Sicht zu kurz.

(Zuruf: Genau! - Thomas Lippmann, Die Linke: Woran denn dann? - Zuruf von Marco Tullner, CDU)

- Jetzt hören Sie bitte zu, Herr Kollege Lippmann. - Dies ist umso problematischer, wenn eine echte Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern aufgrund der vielfältigen Schulsysteme nicht unbedingt gegeben ist. Wichtig sind Kenntnisse und Fähigkeiten, mit denen die Schülerinnen und Schüler die Schule verlassen. Ob dies immer nur durch Zeugnisse wiedergespiegelt wird, wäre wiederum ein weites Feld für Diskussionen. 

Ansonsten sehe ich in der heutigen Debatte   ich wurde leider, muss ich sagen, auch nicht enttäuscht   den oftmals zu verzeichnenden Drang der Antragsteller nach Problembewunderung.

(Lachen bei der FDP - Beifall bei der FDP - Zuruf von der CDU)

Die benannten Folgen mangelnder Schulbildung teile ich durchaus. Nahezu jeder Ausbilder, mit dem man sich unterhält, beklagt die oftmals fehlende Ausbildungsreife. 

In der Begründung zu dem Antrag auf Durchführung der Aktuellen Debatte wird die Einschränkung individueller Zukunftsperspektiven von Jugendlichen, die Verfestigung sozialer Ungleichheiten und die Hemmung der ökonomischen Entwicklung thematisiert. Auch das ist sicherlich zutreffend, nur ist die Benennung einer mangelhaften Schulpolitik, wie sie aus der Sicht der Fraktion Die Linke hier angetragen wird, meiner Meinung nach zu monokausal. Selbstverständlich zählt zu den Bedingungen für das Gelingen erfolgreicher Abschlüsse ein modernes Schulwesen. Aber als Lehrer sage ich auch: Genauso entscheidend ist die individuelle Leistungsbereitschaft unserer Schülerinnen und Schüler. 

(Beifall bei der FDP)

Dazu später mehr. 

Es fiel das Stichwort eines weitgehend wirkungslosen Schulgipfels. - Ja, allen Fachleuten, mit denen man spricht, fällt hierbei sicherlich die sogenannte Vorgriffsstunde ein. Die Umsetzung war unglücklich, inhaltlich wurde aber letztendlich die Anordnungsbefugnis der Schulleitung für eine zusätzliche Lehrerwochenstunde einfach nur auf die ministeriale Ebene gehoben. Es wäre also die Frage zu klären: Warum machen die Schulleitungen das nicht von sich aus? 

Eine wirklich positive Verknüpfung mit dem Schulgipfel habe ich mit Blick auf das im Wintersemester an der Otto-von-Guericke-Universität gestartete praxisintegrierte Studium für das Lehramt an Sekundarschulen. Hier haben wir ein Beispiel für die von den Antragstellern geforderten besseren Lösungen. In der Tat unternimmt das Bildungsministerium, unterstützt vom Landesschulamt, derzeit wirklich alles, um die angespannte Lehrkräfteversorgung im Land zu verbessern. 

(Zuruf: Das ist auch gut!)

Auch neue Formen der Unterrichtsorganisation, die hier schon in ausreichender Form genannt wurden, dienen diesem Ziel.

Wenn ich auf die letzten drei Jahre hier im Landtag zurückblicke, dann kann ich einiges auf meiner persönlichen To-do-Liste abhaken. Ein Beispiel: Als Lehrer habe ich die zeitliche Befristung von diversen E Learning-Projekten immer bedauert. Wir Freien Demokraten haben uns mit Unterstützung unserer Koalitionspartner für die Institutionalisierung des Themas Digitalität in der Bildung eingesetzt. 

Im Januar 2023 hat die entsprechende Abteilung im LISA die Arbeit aufgenommen. Dort wird eine beispielhafte Arbeit für ein modernes Bildungssystem geleistet. So können unsere Lehrkräfte auf dem Bildungsserver des Landes die Anwendung „emuKI GPT 4“ als modernes Arbeitsmittel in Vorbereitung und Unterricht nutzen. 

Um moderne Unterrichtsformate in der Praxis zu testen, wurde ebenfalls im vergangenen Jahr das Modellprojekt zum hybriden Unterricht an berufsbildenden Schulen gestartet. 

Wir bleiben bei den berufsbildenden Schulen. Im neuen Schulgesetz soll die Rolle unserer berufsbildenden Schulen als Kompetenzzentren und starke Partner der regionalen Wirtschaft gestärkt werden. Auch das begrüße ich als Berufsschullehrer ausdrücklich. Zukünftig wird es also darum gehen, diese Rolle mit Leben zu erfüllen.

Insgesamt kann man als neutraler Beobachter durchaus feststellen, dass an unseren Schulen einiges in Bewegung ist, und das nicht immer nur zum Schlechten, wie es Die Linke so gern postuliert. 

(Beifall bei der FDP)

Engagierte Lehrkräfte, unterstützt von ihren Schulleitungen, leisten in übergroßer Mehrheit eine engagierte Arbeit für unsere Schülerschaft. 

Dabei will ich die vielfältigen Probleme dabei nicht negieren. Es sei nur   Frau Dr. Pähle hat darauf hingewiesen   die Frage des Schulbaus genannt. Wir sehen das aber aus einem anderen Blickwinkel, aus der Sicht der Freien Demokraten. Ich verweise hierzu auf Robert Habeck, der es   nach seinen Äußerungen im begonnenen Bundestagswahlkampf   als sinnvoll erachtet, dass der Staat die Gelder zunächst bei Milliardären eintreibt, um sie dann als Staat wiederum in die Schulen zu investieren. Bei mir regen sich doch Zweifel an der Sinnhaftigkeit solcher Vorhaben. Ich frage mich: Wäre es nicht besser, Investoren das Angebot zu unterbreiten, direkt in den Schulbau zu investieren? Mit ziemlicher Sicherheit wären solche privat getragen Schulbauprojekte auch wesentlich kostengünstiger als öffentlich umgesetzte Vorhaben.

(Dr. Katja Pähle, SPD: PPP! - Zustimmung bei der SPD)

Auch hierfür gilt: Alles lässt sich ändern. 

(Zuruf: Das macht auch alles teurer! - Zustimmung)

- Wie bitte? - Ich glaube, dass das ganz bestimmt nicht teurer wird. 

(Zuruf: Doch!)

Wenn ich von den Zahlen ausgehe, die für die Integrierte Gesamtschule in Magdeburg aufgerufen werden, 

(Zuruf von Thomas Lippmann, Die Linke)

dann kann ich Ihnen sagen: Manch freier Schulträger würde Ihnen dafür ganz bestimmt drei vergleichbare Schulen hinsetzen. Aber was wissen Sie schon.

(Lachen - Zurufe von der FDP und von Stefan Ruland, CDU - Unruhe)

Ich komme noch einmal auf das Thema Leistungsbereitschaft zurück. Wir müssen auch unsere Kinder und Jugendlichen aus meiner Sicht wieder stärker in die Pflicht nehmen. Aber dazu braucht es auch eine positive Zukunftsperspektive. Wofür will ich mich als Schüler anstrengen? Wie dies gelingen kann, das konnte ich gemeinsam mit Ministerin Frau Feußner und Staatminister Herrn Böhm vor zwei Wochen in Berlin erleben. 

(Zuruf: Oh!)

Die Botschaft der Vereinigten Staaten hatte in das Rote Rathaus eingeladen. Dort trafen sich die diesjährigen Teilnehmer des Austauschprogramms „USA for you“. Diesmal war erstmals eine Gruppe von Sekundarschülern aus Sachsen-Anhalt dabei. Es war eine große Freude, in die begeisterten Gesichter der Schüler zu schauen. Ein Schüler sagte mir direkt: Es war so klasse; jetzt weiß ich, wofür es sich lohnt, sich anzustrengen. 

(Beifall bei der FDP)

Das war wirklich bewegend. Ein Papa meinte, für seine Tochter sei ein ganz großer Traum in Erfüllung gegangen. 

Ich sage das vor dem Hintergrund, dass in dem genannten Programm gerade Schüler angesprochen werden, die man bei dem Thema Schüleraustausch   vor allem mit Übersee   nicht üblicherweise adressiert.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem positiven Blick möchte ich zum Ende kommen. An dieser Stelle ein Zitat - nicht von einem indigenen Angehörigen der Bevölkerung Nordamerikas, sondern von dem Dichter Antoine de Saint-Exupéry, der sagte: 

„Wenn du ein Schiff bauen willst, beginne nicht damit, Holz zusammenzusuchen, Bretter zu schneiden und die Arbeit zu verteilen, sondern erwecke in den Herzen der Menschen die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer.“ 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.