Olaf Meister (GRÜNE): 

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es grenzt an Realsatire, wenn ausgerechnet die AfD in ihrem Antrag den Vorwurf erhebt, Sanktionen würden aus der Position angemaßter moralischer Überlegenheit heraus verhängt. Gerade diejenigen, die meinen, weil sie in Deutschland geboren sind, seien sie die Krone der Schöpfung und alle anderen seien Verbrecher, geißeln hier in jeder Rede - Herr Kirchner, das geht genau in Ihre Richtung - die Behauptung bezüglich moralischer Überlegenheit. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Nein, bei Sanktionen geht es nicht um einen - im Antrag abfällig erwähnten - westlichen Wertekanon. Die Reaktion auf Kriege, die Weiterverbreitung von Atomwaffen, systematische Menschenrechtsverletzungen oder Terrorismus kann vielfältig sein. Einfältig wäre es, darauf gar nicht zu reagieren. Insofern ist es wenig sinnreich, sich selbst in der Bandbreite der Handlungsmöglichkeiten mutwillig einzuschränken. 

Die Art der Reaktion ist natürlich - anders als im Antrag dargestellt - auch sehr stark von den eigenen Interessen abhängig. Die Sanktionen gegen Russland erfolgen natürlich nicht z. B. aus einer Misslaunigkeit westlicher Länder heraus. Sie sind eine zivile, also nicht-militärische Möglichkeit, um gemeinsam auf schwerste Völkerrechtsverletzungen zu reagieren, den Verletzer zu motivieren, zu einem friedlichen Weg zurückzukehren, 

(Unruhe)

aber, ja, auch seine Möglichkeit zu beeinträchtigen, Nachbarländer anzugreifen und dort Menschen zu ermorden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von der AfD)

Natürlich wirkt das Mittel der Sanktionen auch präventiv. Wenn es sich schon aus rein finanziellen Gründen nicht empfiehlt, von der Weltgemeinschaft geächtet zu werden, unterbleiben Handlungen, die dazu führen, bzw. werden unwahrscheinlicher. 

Das Mittel der Sanktionen zu haben und ggf. auch einzusetzen, liegt selbstverständlich im deutschen Interesse - ich weiß nicht, ob es in Ihrem Interesse liegt - und wird genau aus diesem Grund angewandt.

(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD) 

Wir sind elementar darauf angewiesen, dass die Friedensordnung in Europa funktioniert. Wir können Angriffskriege nicht tolerieren, weil das unseren ureigensten Interessen widerspricht, weil 

(Unruhe)

wir nicht wollen, dass Krieg in unsere Städte kommt, wir für unsere wirtschaftlichen Interessen Frieden benötigen und wir Fluchtbewegungen vermeiden wollen. Ich höre bei Ihnen immer wieder heraus, dass das ein Ziel Ihrer Partei wäre. Ihre Politik geht in eine andere Richtung.

(Unruhe bei der AfD)

Das sind die deutschen Interessen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jan Scharfenort, AfD: Leider!)

Die Interessen der AfD sind tatsächlich andere. Sie argumentieren hier als brave fünfte Kolonne gegen die deutschen Interessen und für die russischen Interessen oder für die anderen Terrorregime.

(Jan Scharfenort, AfD: Nein!)

Warum? - Vermutlich weil Sie deren autoritäre Gesellschaftsbilder teilen. Wir haben das gestern mit Herrn Assad gehabt. „Foltergefängnisse von Assad sind Freiheit“ - das haben Sie gesagt, Herr Tillschneider.

(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)

Herr Siegmund war gestern sehr begeistert. 

Angesichts globaler Herausforderungen, aber auch ganz konkret eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges hier in Europa mit Massakern an der Zivilbevölkerung wie in Butscha müssen wir nicht nur über alle zivilen, nicht-kriegerischen Handlungs- und Reaktionsmöglichkeiten verfügen, sondern von diesen leider auch Gebrauch machen, um auf einen Frieden, der keine Unterwerfung ist, hinzuarbeiten. 

Wir lehnen Ihren Antrag ab.