Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Steigende Lebensmittelpreise - dieses Thema betrifft alle Menschen in Deutschland. Alle spüren sie. Wir spüren sie auch; denn wir gehen einkaufen. Die Inflation in der Vergangenheit in diesem Land kommt hauptsächlich aus den Energiepreisen, aber natürlich hat das auch auf die Lebensmittelpreise durchgeschlagen. Das muss man niemanden erklären. 

Es ist die Pflicht der Politik, hierfür Lösungen zu finden, die den Menschen helfen. Dazu zählt nicht nur die Frage nach den Steuern auf Lebensmittel. Für mich zählen dazu zuallererst auch Fragen der Tarifbindung und des Mindestlohns sowie der Reallöhne. Dafür gibt es einen vernünftigen Mechanismus   übrigens liegt dieser in hohem Maße in Selbstverwaltung der Tarifparteien  , der einfach nur vernünftig funktionieren muss, damit ein Großteil des Problems weg ist. Das darf man bei 20 % Tarifbindung im Land gelegentlich sagen. 

(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD)

Gleichwohl ist es so, dass die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel als Punkt immer wieder auftaucht. Über Steuer kann man theoretisch lange reden. Die Sozialdemokratie des 19. Jahrhunderts hat von Mehrwertsteuer auf Lebensmittel nichts gehalten - übrigens in einer Zeit, in der die Leute den Großteil ihrer Arbeitszeit darauf verwenden mussten, sich das tägliche Essen tatsächlich zu verdienen. Gleichwohl ist das in der heutigen Situation eine ein bisschen einfache Lösung; denn dann ist viel Geld weg, nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder und für die Kommunen. 

Den Vorschlag des Bundeskanzlers, zwei Prozentpunkte bei der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel wegzunehmen, halte ich für ganz maßvoll und vernünftig in dieser Zeit,

(Stefan Ruland, CDU: Wer hätte das erwartet!)

wenn auch vielleicht nicht als dauerhafte Lösung. Doch auch dies bedarf einer Refinanzierung über Steuern. Dann müssen wir über Kapitalertragsteuer, dann müssen wir über Vermögensteuer, 

(Zuruf von Stefan Ruland, CDU)

dann müssen wir über Erbschaftsteuer reden - wenn das gehen soll. Gleichwohl ist das natürlich ein ernsthaftes Problem. 

Ich bin schon beeindruckt, mit welcher Schnöselhaftigkeit der Oppositionsführer uns gestern mit seiner Bemerkung über Froschschenkel, Trüffel und Wachteleier in seinen Kühlschrank hat gucken lassen und damit offenbart hat, wo er denn so einkauft.

(Ulrich Thomas, CDU: Was soll denn das?)

Das ist eine Art, diese Debatte zu führen, die fand ich schon einigermaßen bemerkenswert.

(Ulrich Thomas, CDU: Das ist nicht hilfreich, was Sie machen! Was soll denn das?)

- Herr Thomas, ich kann doch für den Mann nichts 

(Ulrich Thomas, CDU: Sie sind Landesvorsitzender! Überlegen Sie doch einmal, was Sie sagen!)

und auch nichts dafür, dass der offensichtlich nicht in die normale Welt und gerade nicht nach Ostdeutschland passt. Das ist eine Art, über Steuerpolitik zu reden, die ich schon erwähnenswert fand. 

(Ulrich Thomas, CDU: Ein bisschen Niveau! - Eva von Angern, Die Linke, lachend: Wer im Glashaus sitzt!)

Gierflation ist so ein Begriff, der auch wenig in die seriöse Kiste gehört; denn er suggeriert, dass Preiserhöhungen allein aus der Gier der Unternehmen resultieren. Wir wissen, dass das komplexer ist und dass das keineswegs so einfach ist. Gleichwohl ist es so: In dem Spannungsfeld zwischen 

•    dem Einkommen für die bäuerliche Landwirtschaft, die wir wollen, 

(Zuruf von Stefan Ruland, CDU)

•    dem Preisdruck, den die Lebensmittelkonzerne ausüben, indem sie unheimlich viele Lebensmittel über den Preis verkaufen, 

•    dem Umstand, dass wir Lebensmittelpreissteigerungen nicht Vorschub leisten wollen, und 

•    der Tatsache, dass wir ein Oligopol von fünf großen Einzelhandelskonzernen haben, das jedenfalls ich nicht gesund finde und das zumindest dazu tendiert, die Einkaufsmärkte kaputt zu machen, 

besteht für die Politik schon Handlungsbedarf. Für die Landespolitik besteht Handlungsbedarf noch am ehesten an den Stellen: Regionalität, Verkaufswege jenseits des Großhandels und der großen Lebensmittelhandelskonzerne, mehr Wettbewerb. Wenn man das erreichen könnte, dann würde das dem System insgesamt guttun. 

Dazu zählt auch Preistransparenz, die es nicht überall gibt. Wir haben das gerade bei dem Streit um die Milchpreise erlebt. Dazu zählt auch die Frage: Was ist denn nun 7 % und was ist denn nun 19 %? Das berühmte Kuhmilch/Hafermilch-Beispiel ist eines, über das man sich tagelang unterhalten kann. Ich rede schon gar nicht von Blumen und Tiernahrung. 

Die Bundesregierung, die gegenwärtig noch amtiert, hat es vermocht, die Inflation wieder auf unter 2 % zu dämpfen. Das ist der größte Beitrag an dieser Stelle. Über alles, was steuerpolitisch zu tun ist, können wir gern im Finanzausschuss sowie mitberatend im Landwirtschafts-, im Wirtschafts- und im Sozialausschuss reden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.