Kristin Heiß (Die Linke):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Am 10. Dezember wurde beim MDR, im Radio und dann auch schriftlich darüber berichtet, dass auf der Magdeburger Tangente, also auf der B 71, drei Brücken zum Teil nur eingeschränkt nutzbar sind. Das heißt, man kann nur mit Tempo 30 darüberfahren und es ist nur eine Fahrbahn verfügbar. Das liegt daran, dass in diesen drei Brücken der gleiche Stahl verbaut wurde wie bei der Carolabrücke in Dresden. Die Aussage der Landesstraßenbaubehörde war: Man wisse nicht, ob die Brücken in einer Woche zusammenklappen oder noch ein paar Jahre halten, und deswegen habe man diese Vorsichtsmaßnahme getroffen.
Nun ist die B 71 eine Bundesstraße. Nichtsdestotrotz ist sie eine der wichtigsten Verkehrsadern der Stadt Magdeburg. Gerade wenn wir große Wirtschaftsansiedlungen vorhaben, wie z. B. den Hightech-Park, ist es auch für die Wirtschaft wichtig, dass der Verkehrsfluss funktioniert. Auch für die Pendler, die mindestens zweimal am Tag die Tangente passieren müssen, ist das natürlich ein ganz schwieriger Flaschenhals.
Daher frage ich die Verkehrsministerin, inwiefern sie denn schon mit dem Bund im Gespräch ist bzw. auch mit der Stadt, damit für diese Missstände auf der Tangente schnellstmöglich Abhilfe geschaffen werden kann.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Die Verkehrsministerin, bitte.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Heiß, ich glaube, ich habe vor vier Wochen, also in der letzten Sitzungsperiode, auf Nachfrage von Herrn Grube zu genau diesem Thema schon einmal den Gesamtrahmen dargestellt.
Das Land ist zuständig für die Landes- und die Bundesstraßen außerhalb der drei großen Städte - zukünftig außerhalb von zwei großen Städten und Landesstraßen, also auch in Dessau. Das heißt, da die Tangente innerhalb der Landeshauptstadt Magdeburg verläuft, ist sie in der Zuständigkeit der Landeshauptstadt und nicht des Landes. Aussagen über die Qualität und den Zustand der Brücken auf der Tangente trifft ausschließlich die Landeshauptstadt. Wir werden uns auch in Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung nicht einmischen.
(Olaf Meister, GRÜNE, lachend: Aha!)
Ich habe bereits beim letzten Mal auf die Situation hingewiesen, dass auch wir als Land den Zustand der Straßen und Brücken auf den Bundes- und Landesstraßen beobachten und mit einer gewissen Sorge sehen - ich habe auch die Zahlen dargestellt , also bei den Straßen, bei denen wir der Auffassung sind, dass sie einer besonderen Überwachung bedürfen, für die in der Perspektive entsprechende Ersatzmaßnahmen notwendig sind oder für die bereits jetzt sogenannte Ablastungen festgelegt worden sind, was die Gewichtsbeschränkung, die Tempobeschränkung oder die Einschränkung der Anzahl der Spuren etc. anbelangt. Das sind die Maßnahmen, die man als Baulastträger dann entsprechend ergreifen kann.
Ich mache mir bei der Landeshauptstadt, ehrlich gesagt, wenig Sorgen und gehe davon aus, dass sie das entsprechend im Griff haben. Mich besorgt mehr der eine oder andere kleine Ort im Land, der eben nicht über eine entsprechende Abteilung verfügt und wahrscheinlich mit Dritten jetzt schauen muss: Habe auch ich eine Brücke aus der entsprechenden Zeit? Denn ein Aspekt, der bei allen Diskussionen, die wir in der Nachfolge des Einsturzes der Carolabrücke in Dresden aktuell haben, offensichtlich trägt, ist, dass wir mit dem Henningsdorfer Spannstahl und einer ungenügenden Betonarmierung der entsprechenden Stahlkonstruktion ein Risiko haben, das höher ist als normalerweise bei entsprechenden Brückenbauwerken.
Bei den großen Städten gehe ich, wie gesagt, davon aus - die Kolleginnen und Kollegen, die dort unterwegs sind, haben genau die gleiche Ausbildung, wie die Kolleginnen und Kollegen bei der Autobahn oder bei der Landesstraße , dass diese Brückenbauwerke in dem gleichen Rhythmus und in der gleichen Intensität geprüft werden und dass auch erste Hinweise entsprechend ernst genommen werden.
Ein Problem bei dem Henningsdorfer Spannstahl besteht tatsächlich darin, dass wir eben, von außen auf die Brücke schauend, nicht immer punktgenau sehen können - sonst hätte der Einsturz in Dresden nicht passieren können , wie der exakte Zustand ist. Deshalb wird man sicherlich an der einen oder anderen Stelle - so nehme ich auch das wahr, was die Kolleginnen und Kollegen in Magdeburg gemacht haben - auf Nummer sicher gehen und sagen, man lastet lieber früh ab, prüft dann noch einmal intensiv und entscheidet dann, wie es in der Perspektive weitergeht. Diese Entscheidung erwarte ich zeitnah auch von der Landeshauptstadt.
Der zweite Punkt, der jetzt natürlich so ein bisschen zum Tragen kommt - ja, ich weiß, wir haben auch Wahlkampf - ist nach dem Motto: Der Bund oder das Land müssen jetzt sofort den Kommunen Finanzmittel zur Verfügung stellen, um entsprechend reagieren zu können. Das ist vielleicht ein üblicher Reflex, aber ich sage Ihnen ganz offen: Wir als Land haben aktuell eine Herausforderung mit den Landesstraßen und dieser werden wir uns stellen.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)
Jetzt prophylaktisch hinzugehen und zu sagen: Wir nehmen im großen Umfang Landesmittel - denn darauf würde es hinauslaufen, um den Kommunen entsprechende Finanzmittel zur Verfügung zu stellen , wird aus meiner Sicht so nicht funktionieren, und schon gar nicht mit dem jetzigen Wissensstand. Die Kommunen prüfen genau wie das Land - davon gehe ich zumindest aus; bei den großen bin ich sicher , wie der Zustand ihrer Brücken ist und welche Bedarfe man in der Perspektive hat.
Abschließend vielleicht noch ein Punkt: Ich hatte beim letzten Mal hier schon vorgetragen, dass wir prüfen und dass es in der Regel aber nicht notwendig ist, morgen die Brücke abzureißen und neu zu bauen. Damit meine ich wirklich: morgen.
Vielmehr nehmen wir Brücken bereits dann unter engere zeitliche Beobachtung, wenn sie entsprechend in der Qualitätsstufe absinken. Dann ergreifen wir auch Maßnahmen und bereiten sie vor. Aber wir haben hier immer einen entsprechenden zeitlichen Horizont, der auch ein paar Jahre umfassen kann, als Reaktionszeit. Weil diese Sachen so lange dauern, kommen die Signale auch relativ früh und nicht erst dann, wenn wir nur noch sperren können.
Wir haben aktuell in Sachsen-Anhalt eine Brücke als Landesbrücke gesperrt. Wir hatten gerade im AID und im Finanzausschuss - das kennen Sie - festgestellt, dass sich die Situation hier entsprechend entwickelt und dass wir zeitnah mit einer Ersatzbrücke an den Start gehen wollen.
Ich glaube, das zeigt, wie sensibel und vorsichtig man damit umgeht. Ich nehme auch bei meinen Ingenieuren wahr, dass vor dem Hintergrund der Carolabrücke die Vorsicht zugenommen hat und stärker ist, als sie vorher ohnehin schon war.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Frau Heiß hat eine Nachfrage. - Bitte.
Kristin Heiß (Die Linke):
Vielen Dank, Frau Hüskens, für die Ausführungen. Wir teilen natürlich Ihre Sorge bezüglich der Landesstraßen und der Landesbrücken. Der Rechnungshof hat auch schon einige Prüfungen durchgeführt und mehrfach gemahnt, dass sehr viele Defizite seien und dass es den Brücken und Straßen nicht sehr gut gehe.
Ich möchte aber doch noch einmal kurz auf die Stadt Magdeburg zu sprechen kommen. Habe ich Sie richtig verstanden, dass das Verkehrsministerium keinerlei Bemühungen unternimmt oder Gespräche führt, um der Stadt Magdeburg und dem Bund ein bisschen unter die Arme zu greifen und sie zu motivieren, dort etwas zu tun?
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Frau Heiß, ich nehme nicht wahr, dass es eine Notwendigkeit gibt, die Landeshauptstadt zu motivieren.
(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)
Ich nehme wahr, dass die Landeshauptstadt alle erforderlichen Schritte bei ihren eigenen Brückenbauwerken vornimmt.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Ich gehe auch davon aus, dass wir zeitnah die Ergebnisse präsentiert bekommen, was die Untersuchungen der entsprechenden Brückenbauwerke ergeben haben.
Ich halte es für sachgerecht - ich weiß auch, dass es in der Magdeburger Öffentlichkeit die eine oder andere Stimme gibt , dass die Landeshauptstadt hier auf Nummer sicher gegangen ist und die Geschwindigkeit reduziert hat, auf die Einspurigkeit gegangen ist etc. Ich gehe davon aus, dass diese Maßnahmen entweder fortgesetzt werden müssen, bis die entsprechenden Brücken auf der Tangente ersetzt werden können, oder ggf. zurückgenommen werden. Aber ich halte das Verfahren und das Verhalten der Landeshauptstadt nach unseren Beobachtungen - nachdem, was ich weiß - für absolut korrekt.