Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE): 

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt sie wirklich, die ernsthafte, konstruktive und bedachte Ausschussarbeit - erstaunlich. Auch wenn unsere Landtagsausschüsse natürlich primär Abstimmungsgremien und nicht in erster Linie Arbeitsgruppen sind, so gibt es doch Beispiele, bei denen im Ausschuss echte Informationsgewinnung und Meinungsbildung stattfindet.

Das Fachgespräch zu Long Covid, Post Covid und Myalgischer Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom, das dem vorliegenden Antrag zugrunde liegt, war ein solches Beispiel. Der fachlich versierte Antrag zeugt von einer ernsthaften Beschäftigung mit dem Thema. Dafür bin ich Ihnen, liebe Koalition, überaus dankbar.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der SPD)

Da bin ich ganz bei Ihnen, verehrte Kolleginnen von der Koalition. Den Betroffenen steht eine vollumfängliche Unterstützung durch die Politik zu. Deshalb müssen wir als Land die Wissensvermittlung, die Sensibilisierung und die Forschung im Rahmen aller unserer Möglichkeiten vorantreiben. Es ist gut, dass der Antrag das im Blick hat. Es ist auch gut, dass wir das dann im Ausschuss regelmäßig im Blick haben werden.

Ich möchte auch allen Betroffenen für ihre Teilnahme an der Anhörung im Ausschuss meinen Dank zollen und ihnen meinen Respekt für ihre sicherlich kräftezehrenden Schilderungen aussprechen. Ich hoffe, sie können die Bitterkeit und Psychologisierung und damit fehlgeleitete Therapien der Krankheit hinter sich lassen, wenn wir als Land zu mehr Wissen über diese Krankheit beitragen. Das ist eine Psychologisierung, die auch auf einen Geschlechter-Bias im Gesundheitssystem zurückgeht; denn nachweislich werden Symptomschilderungen von Frauen eher psychologisiert als die von Männern. Und Frauen sind bei ME/CFS leicht überrepräsentiert. Die Folge: Diese Krankheitsbilder galten als psychisch bedingt. Mithin wurden die Betroffenen zu den Therapeuten geschickt.

Apropos Geschlechter-Bias: Auch Schmerzen werden bei Frauen oft weniger ernst genommen. Das lange verborgene Leiden der Endometriose lässt an dieser Stelle grüßen.

Bitter ist nicht nur diese Psychologisierung, sondern auch die Tatsache, dass gängige Reha-Maßnahmen, die bei vielen Erkrankungen durch Belastungssteigerung und Training durchaus helfen, bei ME/CFS-Betroffenen wegen genau dieser Dinge eher kontraproduktiv sind und trotzdem mangels Erkenntnissen oder mangels Aufmerksamkeit lange angewendet wurden und teilweise immer noch werden. Auf Krücken in die Reha, im Rollstuhl wieder raus - diese geschilderten Schicksale, in denen die Reha die Krankheit chronifizierte, sind hochgradig tragisch. Ohne böse Absicht, mit bestem Wissen und Gewissen der Akteure wurden hier Leidenswege verlängert. All das haben wir gehört.

Im Rückblick ist man immer schlauer. Aber diese Sentenz tröstet nur wenig. Auch über diese Bitterkeit - so hoffe ich - kommen die Betroffenen mithilfe des Engagements unseres Bundeslandes hinweg.

Aus diesen Fehleinschätzungen und Fehltherapien hat man gelernt. Die neue entsprechende Leitlinie des G-BA verspricht einen angemessenen und wirklich hilfreichen Umgang mit dieser Erkrankung. Ich bin froh, dass wir auch in unserem Ausschuss daranbleiben. 

Das Land hat in diesem Bereich weniger Handlungsmöglichkeiten, weil überwiegend der Bund zuständig ist. Aber die Möglichkeiten, die es hat, adressiert dieser Antrag. - Vielen Dank dafür. Wir stimmen zu.