Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Eisenreich! Ich habe mir gerade Ihre Rede angehört. Sie sprechen zum einen von Lebensmittelpreisen. Zum anderen diskutiert man über   was haben Sie gesagt?   Fünfhunderteuroscheine, die man stapeln kann, um irgendwie zu wissen, wie viel Geld jemand hat. Ich weiß nicht, was das am Ende des Tages zu dieser Debatte beitragen soll.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Eva von Angern, Die Linke: Das macht es anschaulich!)

Es endet dann wieder nur irgendwo in die Richtung einer Neiddebatte. Das hilft aber den Menschen nicht, über die Sie hier sprechen wollen. 

(Zuruf von der Linken: Meine Güte! - Zurufe von Eva von Angern, Die Linke, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

- Man merkt, getroffene Hunde bellen. 

(Eva von Angern, Die Linke, lacht - Zurufe)

Ich kann mich übrigens - wenn Sie mich reden lassen - noch gut daran erinnern, dass ein Brötchen bis zur Wende 5 Pfennige gekostet hat. Das hat man im Supermarkt vielleicht noch bekommen, aber vieles andere gab es nicht, die Regale waren leer. Ich glaube, das wollen wir nicht wiederhaben. 

(Eva von Angern, Die Linke: Das bringt den Menschen gerade akut nichts!)

Deswegen hilft das am Ende - Sie haben recht, Frau von Angern - den Menschen gar nicht. Wir müssen über die Thematik sprechen. Es ist richtig, dass die Lebensmittelpreise - nicht nur in Deutschland, sondern in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union - in den letzten Jahren gestiegen sind. Deutschland liegt aber - das will ich auch sagen - im Mittelfeld, wenn man nicht nur die EU, die 27 Mitgliedsstaaten, sondern den gesamten Raum Europas anschaut. Am Ende des Tages nützt das aber dem Einzelnen - das ist richtig - nichts, wenn es darum geht, dass gewisse Produkte teurer geworden sind.

Sie schreiben in Ihrem Antrag von Öl, Fleisch, Fisch, auch von Milch habe ich gelesen. Dazu will ich sagen: Das ist sehr unterschiedlich. Wenn Sie sich einmal die Milchpreise anschauen: Diese sind auf dem Niveau, auf dem sie schon vor einigen Jahren waren. Aktuell kann man 1 l Milch im Durchschnitt für ca. 1 € kaufen. 

(Eva von Angern, Die Linke: Im Durchschnitt?)

- Ja, das ist so; selbstverständlich. Ich gehe jede Woche einkaufen. 

(Eva von Angern, Die Linke: Nein! Der 99 ct-Milchkarton ist die Ausnahme!)

- Nein, 99 ct ist nicht die Ausnahme.

(Eva von Angern, Die Linke: Gehen Sie einmal einkaufen!)

Das ist nicht die Ausnahme.

(Eva von Angern, Die Linke: Die günstigste Packung, aber doch nicht der Durchschnitt! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Gehen Sie einmal einkaufen!)

Das können Sie so bei jedem Discounter, aber auch bei Edeka kaufen. Ich will Ihnen das nur sagen. Frau von Angern, wahrscheinlich gehen Sie eher weniger einkaufen, als ich das mache. Ich würde das nicht sagen, wenn ich es nicht selbst wöchentlich erleben würde. 

(Tobias Rausch, AfD: Das ist schon ein Unterschied mit 20 000 € Haushaltseinkommen!)

- Das mag durchaus sein, will ich aber auch nicht beurteilen. 

Fakt ist Folgendes. Erster Punkt: Ich glaube, wichtiger wären im Bereich Lebensmittel einheitliche Mehrwertsteuersätze. Wir haben die Situation, dass wir aus verschiedenen Gründen doch sehr unterschiedliche Steuersätze haben. Das würde am Ende des Tages auch helfen.

Der zweite Punkt, über den, glaube ich, nachgedacht werden sollte, ist: Gibt es eigentlich eine Mehrheit für das, was man hier fordert? Ich glaube, wenn man im Moment die Berliner Politik betrachtet, dann kann es durchaus eine Mehrheit für das Thema Absenkung der Mehrwertsteuer bei Gaststätten geben. Dort haben wir wieder 19 %. Das Ziel von verschiedenen Parteien ist es, das in der nächsten Legislaturperiode wieder auf einen geringeren Satz zu reduzieren. Das liest man zumindest in verschiedenen Programmen, die auf den Weg gebracht worden sind. Das wird vom DEHOGA unterstützt und ist - das sage ich auch  , zumindest wenn es nach Umfragen geht, auch der Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. 

Mir als Landwirtschaftsminister ist wichtig, dass das Geld, das im Einzelhandel von den Verbraucherinnen und Verbrauchern ausgegeben wird, idealerweise stärker als aktuell bei den Erzeugern ankommt, nämlich bei den Bäuerinnen und Bauern, bei denen, die die Lebensmittel erzeugen. 

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP, und von Andreas Silbersack, FDP)

Das ist, glaube ich, ein ganz großes Thema. 

Ich will auch sagen, dass es diese Debatte, den Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel auf null Prozent herabzusetzen, im Jahr 2023 schon einmal gab. Das hat sich damals nicht durchgesetzt. Ich will einmal die SPD zitieren, die damals gesagt hat: Es gibt bessere Vorschläge zur Entlastung von Haushalten mit kleinen oder mittleren Einkommen als die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für Lebensmittel auf null Prozent. 

Ich habe mir einmal Folgendes angeschaut: Sie regieren in zwei Ländern mit, in Bremen und in Mecklenburg-Vorpommern. In keinem dieser Länder gibt es irgendwelche Initiativen, auf null Prozent herunterzugehen. Das hätten Sie dort machen können, wo Sie selbst regieren, wo Sie sehen, wie die Realitäten sind, wo Sie dann auch erklären müssen, wie Sie das Geld, das dann weniger zur Verfügung steht, an anderer Stelle wegnehmen. Das gehört auch zur Wahrheit dazu. Ich habe gedacht, dass das, was Sie hier beantragen, aus einem der Länder kommt. Das ist nicht der Fall. Es gibt zumindest in Mecklenburg-Vorpommern durch die Ministerpräsidentin gerade eine Diskussion um 5 %. Aber dass man auf null Prozent heruntergehen möchte, das ist in keinem der Länder, in denen Sie mitregieren, der Fall. 

Deswegen: Es ist einfach, als Opposition etwas zu fordern. Vielleicht sollten Sie dort, wo Sie auch in Regierungsverantwortung sind, einmal nachfragen. 

(Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Ich glaube, wenn das so ein sinnvoller Vorschlag wäre, dann hätten die das auch eingebracht. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Eva von Angern, Die Linke: Was war denn jetzt die inhaltliche Auseinandersetzung?)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Schulze. - Es gibt eine Nachfrage von Herrn Gallert. - Herr Gallert.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Herr Schulze, eine kurze Vorbemerkung. Wissen Sie, dass wir das dort nicht gemacht haben, liegt daran, dass wir uns dort in Koalitionen befinden. Bei Ihnen ist es permanent so, dass die CDU Dinge fordert, vor allen Dingen auf der Bundesebene, bei denen Sie hier als Koalitionspartei genau das Gegenteil machen. Das trifft nicht allein auf die CDU zu, sondern das ist bei Koalitionen immer der Fall. 

Sie sagen, die Milchpreise haben sich so stabilisiert, dass dort keine Dynamik mehr zu erkennen ist.

(Marco Tullner, CDU: Hat er nicht gesagt!)

- Mensch, Herr Tullner, Ruhe jetzt einmal! - Sie wissen aber selbst, dass die Butterpreise mit inzwischen 2,39 € beim Discounter wirklich einen neuen Höhepunkt erreicht haben. Sie sagen, Sie kennen den Zusammenhang zwischen diesen Preissteigerungen und dem Vermögen von Herrn Schwarz nicht. Dann frage ich Sie einmal: Soll ich Ihnen, Herr Schulze, diesen Zusammenhang einmal beim Kaffee erklären? 

(Tobias Rausch, AfD: Nein! - Jörg Bernstein, FDP: Nein!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Schulze antwortet jetzt.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Erstens. Ich persönlich kenne das Vermögen von Herrn Schwarz nicht. Es mag sehr hoch sein; das will ich aber nicht bewerten. Ich habe das nur deshalb aufgegriffen, weil ich es falsch finde, hier eine Debatte, die am Ende des Tages eine Neiddebatte wird, zu führen, wenn wir über Lebensmittelpreise sprechen. 

(Eva von Angern, Die Linke: 40 Milliarden €! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Robert Habeck will das übrigens besteuern!)

Zweitens. Ich habe sehr klar gesagt, dass es bei den Produkten, die Sie in Ihrem Antrag aufgezählt haben - ich lese Ihre Anträge  , sehr unterschiedliche Preisentwicklungen gibt. Ja, Butter ist relativ teuer geworden. Bei der Milch ist das aber nicht der Fall. Das heißt, es gibt sehr unterschiedliche Betrachtungsweisen bei einzelnen Produkten des täglichen Bedarfs. 

Drittens. Das können Sie, Herr Gallert, nicht wissen, weil Ihre Partei hier in Sachsen-Anhalt glücklicherweise nicht Mitglied der Regierung und damit auch nicht im Bundesrat tätig ist: Es gibt nicht nur die Bundesratssitzungen - jetzt kommt es  , sondern auch die Sitzungen der Ausschüsse im Bundesrat. Dort kann man für sein Ressort, unabhängig von Parteidisziplin oder Koalitionsdisziplin, Dinge beantragen oder fordern. Das machen wir auch regelmäßig. Selbst dort habe ich von den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Bremen keine Anträge dieser Art gesehen. Darauf beziehe ich mich. Dort kann man sich nicht auf Koalitionszwänge berufen. - So viel zur Arithmetik des deutschen Bundesrates.