Wulf Gallert (Die Linke): 

Nun haben wir den nächsten Antrag der AfD zu verhandeln, der insofern eine Besonderheit hat, als er offensichtlich eine Art Entschuldigung des Kollegen Lieschke vor der eigenen Fraktion ist. Dass nun ausgerechnet er den Antrag einbringt, dass das Vergabe- und Tariftreuegesetz abgeschafft werden soll, nachdem er   Kollege Hövelmann hat das Zitat leider weggenommen; wir müssen beim nächsten Mal die Redereihenfolge ändern   dezidiert gesagt hat:

Herr Gallert, Sie irren sich, wir wollen das gar nicht abschaffen; wir brauchen das; wir wollen es lediglich ein bisschen verändern und ein bisschen handhabbarer machen. - Gut, sein Fraktionsvorsitzender hat am Abend vor dem VDI genau das Gegenteil erzählt. Daraufhin habe ich gedacht: Jetzt wird es ein bisschen eng für den Kollegen Lieschke. Und was muss er machen? - Fünf Wochen später   nichts hat sich wirklich verändert   stellt er sich hier vorn hin und sagt, wir müssen das abschaffen.

(Beifall bei der Linken)

Ich hoffe, die Entschuldigung ist bei allen angekommen, Herr Lieschke, und Sie müssen nicht mit einem Fraktionsausschluss rechnen.

(Zuruf von Matthias Lieschke, AfD)

Aber die Argumente für die Abschaffung sind falsch, egal ob sie von der AfD oder von Guido Heuer von der CDU kommen. Sie sind falsch, weil immer noch für weniger als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Sachsen-Anhalt überhaupt Tarifverträge gelten. Ich rede hierbei noch nicht einmal über Flächentarifverträge, sondern über Tarifverträge allgemein, die zum großen Teil bei uns in Sachsen-Anhalt übrigens noch auf betrieblicher Ebene abgeschlossen werden. Wir wissen, dass das eigentlich kein guter Weg ist.

Wir haben seit dem Jahr 2018 in der Bundesrepublik Deutschland das Problem des Reallohnverlustes. Wir haben nach wie vor die Situation, dass die Durchschnittsverdienste in Sachsen-Anhalt bei 83 % der Verdienste in der Bundesrepublik Deutschland liegen. Man kann sagen, das überlassen wir dem Markt, das geht uns alles nichts an und das regelt sich alles allein. Aber dies ist ein Irrtum.

Es ist deutlich nachgewiesen, dass es ein Irrtum ist, weil sich an dieser Situation eben nichts verändert hat. Deswegen muss man die wenigen kleinen Spielräume, die wir als Landespolitik noch haben, nämlich mit öffentlichen Vergaben, dafür nutzen, genau an diesen Dingen etwas zu ändern. Wer das abschaffen will, der verrät die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hier in Sachsen-Anhalt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der Linken - Zustimmung bei der SPD)

Man kann darüber reden, ob es nicht tatsächlich besser wäre, ähnlich wie es gestern schon bei der Debatte zum Bürokratieabbau zum Ausdruck kam, sowohl die Handhabung als auch die Kontrolle dieses Vergabegesetzes zu verbessern, z. B. durch Positivlisten von Betrieben, die sich dezidiert ohnehin an Flächentarifverträgen beteiligen.

Das kann man machen. Dann ist die ganze Bürokratie weitestgehend weg. Wir müssen einmal überlegen, ob es wirklich günstig ist, ein Punktesystem für alle möglichen Dinge zu realisieren, anstatt zu sagen: Entweder das Kriterium ist erfüllt, dann bist du mit im Topf, oder das Kriterium ist nicht erfüllt   es ging z. B. um die Leiharbeiterquote  , dann bist du eben nicht im Topf. Das mit gegenseitigen Punkten aufzurechnen, ist wahrscheinlich extrem kompliziert. 

Aber wie immer: Es gibt einen AfD-Antrag und wer sollen die Leidtragenden sein? - Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Deswegen lehnen wir ihn ab. - Danke.