Holger Hövelmann (SPD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der AfD-Fraktion will den Beitritt zu einer angeblich überparteilichen Initiative gegen die Russland-Sanktionen. Schaut man sich aber einmal die Webseite dieser Initiative an, dann ist es mit der Überparteilichkeit schnell vorbei: Von den 18 als Unterstützer aufgeführten Politikern sind sage und schreibe 18 Mitglieder der AfD - allein neun davon aus dem Landesverband Sachsen-Anhalt.
(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Die Unterstützung von Unternehmern beschränkt sich dabei übrigens bisher auf Herrn Lizureck.
(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)
Bezeichnenderweise wird er nicht als Mitglied des Landtages genannt.
Das, liebe Kollegen der AfD, grenzt doch ein bisschen an Bauernfängerei.
(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Offensichtlich wollen Sie mit diesem Antrag Ihr nicht so richtig laufendes Projekt ein bisschen bewerben. Mir ist auch nicht ganz klar, wie unsere Landesregierung diese Initiative unterstützen sollte. Für meine Fraktion kann ich jedenfalls sagen, wir werden weder Haushaltsmittel noch sonst eine Hilfe dafür bewilligen. Denn - um zum Kern des Themas vorzustoßen - die Sanktionen gegen die russischen Aggressoren wirken.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD, lacht)
Nach den Daten der russischen Statistikbehörde Rosstat lag die Inflationsrate im November in Russland bei 8,5 %,
(Zuruf von der AfD: Nein!)
in Deutschland bei 2,2 %.
(Lachen bei und Zurufe von der AfD)
Dem russischen Militär fehlen weiterhin wichtige Hightech-Produkte. Die in Friedenszeiten durch den Rohstoffexport aufgebauten Rücklagen der Russischen Föderation werden immer weiter aufgebraucht.
(Zuruf von der AfD: So ein Quatsch!)
Ohne diese von einem Großteil der internationalen Gemeinschaft getragenen Sanktionen hätte sich die Ukraine nicht seit fast drei Jahren gegen diesen Krieg wehren können.
(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE - Zuruf von der AfD)
Natürlich freut es uns nicht, dass unter den Sanktionen zunächst die russische Zivilbevölkerung leidet.
(Zuruf von der AfD: Natürlich nicht!)
Ich will aber darauf hinweisen: Das Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung im Schatten von Bomben- und Drohnenangriffen ist demgegenüber ungleich größer.
(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Für uns als SPD unter Bundeskanzler Olaf Scholz war immer klar: Nur mit Waffen allein wird man den Krieg in der Ukraine nicht beenden können. Diesen Krieg kann nicht wirklich jemand gewinnen.
(Zuruf von der AfD: Das sind ganz neue Töne!)
Wir unterstützen weiterhin die Sanktionen gegen Russland, um den diplomatischen Druck aufrechtzuerhalten. Unsere Hand bleibt dabei ausgestreckt. Am Ende muss Putin entscheiden, ob er Frieden will.
Wir lehnen Ihren Antrag ab.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Hövelmann, es gibt eine Intervention von Herrn Lizureck. - Herr Lizureck, bitte.
Frank Otto Lizureck (AfD):
Herr Hövelmann, beim Konsumieren ausschließlich von Nachrichten von ARD und ZDF kommt man nicht zu einem wirklichen Erkenntnisgewinn. Wir haben uns einmal die Mühe gemacht, sind nach Kaliningrad gefahren und haben uns einmal die Situation vor Ort angesehen. Wir konnten dort keine Sanktionsschäden feststellen. Wir haben auf der Straße Leute gesehen, die allesamt vernünftig gekleidet waren.
(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)
- Dummheit lacht, alles klar. - Wir haben volle Geschäfte gesehen und wir haben auch mit der Wirtschaft gesprochen. Dabei wurde uns eindeutig gesagt, dass der Name Deutschland in Russland einen guten Klang hat. Warum? - Als sie damals vom sowjetischen System auf die Marktwirtschaft umgestiegen sind, war jemand da, der richtig geholfen hat, und das war Deutschland. Dadurch hatten wir dort wirklich einen super Stand. Auf der Grundlage dieser Aufbauhilfe konnten wir viele Dinge exportieren.
Viele Dinge, die wir dort erreicht haben, haben wir mit dem Hintern wieder umgestoßen, weil wir die Sanktionen betreiben. Viele Produkte, die vorher aus Deutschland gekommen sind, werden jetzt in Russland selber hergestellt. Wir haben es ihnen quasi beigebracht.
Ich konnte dort keinen Mangel feststellen, im Gegenteil. Mitunter denke ich, dass das Lebensniveau dort besser ist als bei uns hier in Deutschland.
(Tobias Krull, CDU, lacht)
Ich habe dort keinen Bettler auf der Straße gesehen. Ich habe dort keine Frauen gesehen, die sich nachts nicht auf die Straße getraut haben usw. usf.
Ich will Ihnen noch etwas sagen: Was Sie machen, ist Lobbyarbeit.
(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)
In Syrien z. B. werden von den USA Ölfelder ausgebeutet. Das halte ich für einen völkerrechtswidrigen Verstoß.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Lizureck, das ist eine Dreiminutendebatte.
Frank Otto Lizureck (AfD):
Machen wir uns nichts vor, in der Ukraine geht es doch auch nur um Lobbypolitik. Blackrock hat dort Riesen-Ländereien gekauft. Und wer verdient denn an dieser ganzen Geschichte? - Das ist Blackrock.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Lizureck, das ist eine Dreiminutendebatte.
Frank Otto Lizureck (AfD):
Das ist Lobbyistenarbeit - nichts anderes.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Hövelmann, wollen Sie darauf reagieren?
Holger Hövelmann (SPD):
Ja, ich würde gern zwei Bemerkungen dazu machen. - Wenn von Ihnen der Vorwurf kommt, irgendjemand anderes in diesem Parlament würde Lobbyarbeit leisten, dann ist das selbst vor Weihnachten schwer zu ertragen.
(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Wenn hier jemand Lobbyarbeit leistet für ein System, für ein ausländisches Land, dann sind Sie das
(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
und nicht wir.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von der AfD)
Die zweite Bemerkung, die ich machen will, ist: Sie wissen, ich komme aus Zerbst, der Heimatstadt von Katharina der Großen - eine der großen Damen der vergangenen Jahrhunderte, die durchaus europäische Politik geschrieben haben.
Ich bin fest davon überzeugt - ich glaube, das habe ich schon mehrfach an diesem Pult gesagt , dass es in Europa immer dann eine friedliche und wirtschaftlich prosperierende Situation gab, wenn insbesondere Russland und Deutschland in einem guten Verhältnis zueinanderstanden.
(Zurufe von der AfD: Ja! - Warum machen Sie das kaputt? - Otto von Bismarck!)
Die Frage, ob wir wieder zu einem guten Verhältnis zwischen Russland und Deutschland kommen, wird nicht in Berlin beantwortet,
(Zuruf von der AfD: Doch!)
sondern in Moskau.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)
Vielleicht können Sie das bei Ihren Gesprächen in Kaliningrad mit Ihren Gesprächspartnern einmal ansprechen.