Ulrich Thomas (CDU): 

Vielen Dank für die 18 Minuten, Herr Präsident.

(Lachen)

Ich werde versuchen    


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Herr Thomas, Sie wissen, ich bin Mathelehrer und ich kann die Uhr lesen.


Ulrich Thomas (CDU): 

Das habe ich wohl akustisch falsch verstanden.

(Zuruf: Ja, ja!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Alles klar. Aber ich helfe Ihnen gern.


Ulrich Thomas (CDU): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich mit Unternehmen unterhalten   nicht nur heute oder gestern, sondern auch vorgestern  , dann werden Ihnen eigentlich immer drei gleichlautende Problemlagen benannt: Das sind die Energiepreise, unter denen die Wirtschaft sehr zu leiden hat, das ist der Fachkräftemangel, das Fehlen qualifizierter Facharbeiter, und natürlich die überbordende Bürokratie. Das hören Sie an allen Ecken.

(Zuruf: Richtig!)

Ich glaube   und ich bin der SPD dankbar, dass sie dieses Thema hier aufgegriffen hat  , wenn wir jetzt den Kopf in den Sand stecken und womöglich sagen: „Ab zweitausendirgendwann, wenn ich hier regiere, wird alles besser“, dann ist das genauso wenig hilfreich für den Kollegen, der damit zu tun hat, wie die Aussage: „Da kann man eh nichts machen; alle, die sich daran versucht haben, sind gescheitert oder nicht zum Ziel gekommen“. Ich glaube, jede Option, die hilfreich erscheint, um Bürokratie abzubauen, müssen wir verfolgen, der müssen wir nachgehen. Und es muss unser Bestreben sein, das dann auch umzusetzen, meine Damen und Herren. 

(Beifall bei der CDU)

Das ist zumindest der Anspruch meiner Fraktion. 

Ich habe mich im Vorfeld der heutigen Debatte ein bisschen umgehört. Ich war heute Morgen beim Bäcker und habe ihn gefragt: „Sag mal, wenn du könntest, was würdest du abschaffen?“ - Da fiel das Wort EU-Verpackungsverordnung. Er hat also große Probleme damit, wo er was wie einpackt und wie er das genormt macht. Das hält ihn von der eigentlichen Arbeit ab, nämlich Backwaren herzustellen und zu verkaufen, damit wir sie genießen können. Damit bin ich noch nicht bei dem Bäcker, der womöglich noch einen Stehimbiss hat. Was der dann noch mit den Hygienevorschriften am Hals hat, will ich hier einmal ausblenden.

Vorgestern war der Schornsteinfeger bei meinen Eltern und hat die Heizung kontrolliert. Er macht dort so eine Jahresinspektion. Auch den habe ich gefragt: Was wäre denn so deine Ansicht? Was könnte wegfallen? Darauf hat er mir ein Wort gesagt, das kann ich Ihnen nicht frei sagen, das muss ich ablesen, weil ich es nicht ohne Weiteres wiedergeben kann. Das Wort ist: Mittelfristenenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung. Das ist im Prinzip eine Verordnung, die vorschreibt, dass Heizungen mit einem hydraulischen Abgleich versehen werden, damit das angeblich besser funktioniert. Das ist technisch sehr umstritten, sehr aufwendig, erfordert auch vom Schornsteinfeger entsprechende Dokumentations- und Nachweispflichten und hat natürlich auch den entsprechenden Preis.

Dann das Sorgenkind in diesen Tagen: der Eigenheimbau. Unterhalten Sie sich einmal mit einem Bauunternehmer, der Sie fragt: Warum muss eigentlich mein Auto, wenn es schwerer als 3,5 t ist und schneller als 100 km/h fährt, einen Fahrtenschreiber haben? Bis 99 km/h nein, über 100 km/h ja. Warum muss ich dann auch noch dokumentieren, was dieses Auto wann wohin transportiert? Genau das sind die Dinge, die Ihnen vor Ort erzählt werden. Da kann man doch nicht sagen: „Das ist eben so“, sondern da müssen wir sagen: „Das geht so nicht“. Dann müssen wir zumindest dieses Thema aufgreifen und müssen es bewerten. 

Ich kann Ihnen aus meinem Erleben sagen: Als ich als junger Fahrlehrer angefangen habe, hat eine Unterschrift gereicht, damit der Kunde zu seinem Führerschein kam. Heute sind es oft 50, oft 60, oft noch mehr Unterschriften, die der Proband leisten muss, damit er seinen Führerschein bekommt. Daran sehen Sie, welche Bürokratie wir hier geschaffen haben. Dass all das sinnvoll ist, bezweifle ich. Da müssen wir ansetzen, meine Damen und Herren. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Ich will Ihnen das mit ein paar Zahlen illustrieren. Wir haben knapp 5 000 Gesetze mit fast 100 000 Einzelnormen in Deutschland. Auch wenn es der Wirtschaft momentan sehr schlecht geht   „sehr schlecht“ ist dabei wohlwollend formuliert  , muss man sagen, dass zumindest die Bürokratie, der Bürokratiemarkt einen Aufwärtstrend zeigt. Das meine ich mit Satire.

Lassen Sie mich das mit weiteren Zahlen illustrieren. Im Jahr 2023 zählte das Bundesjustizministerium 1 773 gültige Bundesgesetze. Das sind schon mehr als 1 000 mehr, als wir noch im Jahr 2010 hatten; damals hatten wir noch 1 600. Wir haben im Jahr 2023   50 000 Einzelnormen - im Jahr 2010 hatten wir es gerade einmal 43 000 Einzelnormen. Auch 43 000 waren damals schon zu viel, aber wir schaffen es immer wieder, im Laufe der Zeit noch mehr Normen zu formulieren, noch mehr Gesetze zu schaffen, und das alles zulasten derer, die es umsetzen müssen, der Wirtschaft und der Unternehmer in diesem Land, meine Damen und Herren. Die wollen das nicht mehr. Die sagen: Das ist zu viel Bürokratie. Kümmert euch endlich darum! Befreit uns von diesen unternehmensfremden Leistungen, damit wir unseren eigentlichen Unternehmenszweck nachgehen können, nämlich Wertschöpfung zu erzielen!

(Beifall bei der CDU)

Das merken wir natürlich in der Wirtschaft. Allein für die Wirtschaft hat sich dieser sogenannte laufende Erfüllungsaufwand in den wenigen Jahren seit 2020 mehr als verdreifacht. Die Bürokratiekosten in den Unternehmen dieses Landes haben sich also mehr als verdreifacht, meine Damen und Herren. Laut Nationalem Normenkontrollrat kletterten sie zuletzt im Berichtszeitraum 2022/2023 auf sagenhafte 14,4 Milliarden €. In dem davorliegenden Berichtszeitraum waren es nur 10,8 Milliarden €. Meine Damen und Herren! Das ist   ich muss nachrechnen   ein Mehraufwand von 3,8 Milliarden € für die Unternehmen allein für Bürokratie.

Man fragt sich: Wie gehen die Unternehmen mit diesen höheren Kosten um? Jeder, der etwas von Wirtschaftspolitik versteht, weiß: Ein Unternehmen schlägt das auf die Endpreise um. Wir beklagen hier eine hohe Inflation. Wir beklagen hier hohe Kosten für Produkte, auch für Dienstleistungen. Die große Bürokratie trägt wesentlich dazu bei, dass wir genau diese hohen Kosten haben. Deswegen, meine Damen und Herren: Senken wir die Bürokratiekosten, dann senken wir auch die Kosten für Produkte und wir senken die Inflation. Das, meine Damen und Herren, muss doch der Weg sein. Wir dürfen nicht nachlassen, uns darum zu kümmern. 

(Beifall bei der CDU)

Wenn man die Unternehmer allgemein einmal fragt, dann sagt man ihnen schon   95 % der Unternehmen meinen das  , dass der Erfüllungsaufwand für Bürokratie ein teurer Kraftakt ist. Kein Handwerker   ich zumindest kenne keinen   macht gern Schreibkram in der Bude. Er geht raus, er will etwas machen, er will etwas anbauen, er will etwas montieren. Das ist eben kein großes Industrieunternehmen, das sich ganze Abteilungen leisten kann, wo das abgearbeitet wird, sondern oft arbeitet der Chef noch im Unternehmen mit und sitzt noch am Wochenende   das gehört zur Wahrheit dazu  , am Sonnabend, am Sonntag, über der Buchführung, schreibt Rechnungen, macht Kalkulationen, macht Angebote, meine Damen und Herren, und muss noch Berichte schreiben, was er so veranstaltet hat, damit vielleicht irgendwann einmal jemand kommt und das liest und noch schlaue Fragen dazu stellt. 

Meine Damen und Herren! An dieser Stelle brauchen wir eine Entlastung. An dieser Stelle müssen wir ansetzen. Deswegen ist es genau richtig, dass wir dazu heute hier diskutieren.

Ein zweiter Punkt, den ich Ihnen sagen möchte: Natürlich kostet Bürokratie in den Unternehmen nicht nur Geld; Bürokratie verlangt auch Personal. Bürokratieaufbau muss auch von jemandem verwaltet werden. Deshalb müssen wir feststellen: Auch im öffentlichen Dienst gibt es immer mehr Menschen, die sich genau damit beschäftigen. Vielleicht ist es auch ein Problem, dass inzwischen so viele Menschen davon leben, dass es unheimlich schwierig ist, das abzubauen, weil wir den Menschen dann sagen müssen: Wir brauchen euch womöglich nicht mehr in diesem Umfang und für dieses Problem. Jeder, der schon einmal eine Kontrolle vom Finanzamt hatte, der sagt nicht: Schön, dass ihr da seid. In der Regel ist das immer eine etwas komische Atmosphäre, ein bisschen von Misstrauen geprägt, im Sinne von: mal schauen, wie das ausgeht.

Meine Damen und Herren! In den vorangegangen zehn Jahren ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und der Beamten   damit bin ich noch nicht bei den Sozialversicherungen   um 14 % auf 4,83 Millionen gestiegen. Das sind sagenhafte 584 000 mehr als im Jahr 2012. Auffällig ist ein deutlicher Stellenzuwachs insbesondere beim Bund, bei den Ländern und bei den Kommunen im Bereich der politischen Führung und der zentralen Verwaltung, also in genau dem Bereich, der das zu verantworten hat. Beim Bund stieg die Zahl in diesem Bereich um 11 000, bei den Ländern um 28 000 und bei den Kommunen sogar um 79 000. Hier liegt die Vermutung sehr nahe, dass die Stellen nicht zuletzt aus politischen Gründen geschaffen wurden, um entsprechende Kontrollmechanismen zu etablieren.

Allein seit dem Antritt der Ampel-Regierung, die es nun nicht mehr gibt, sind 11 507   für das Protokoll: 11 507!   neue Beamtenstellen in der Bundesverwaltung entstanden. Das entspricht einem Plus von 6,3 %. Allerdings sage ich ehrlicherweise auch: Die Vorgängerregierungen waren nicht sparsamer. Doch das ändert nichts an dem Befund, dass wir hier zu viel haben.

Der nächste Punkt ist: Wo können wir Bürokratie abbauen auch in der Art der Berichterstattung, über die Digitalisierung? Hierbei liegt Deutschland wieder einmal vorn, nämlich wenn es um den Papierverbrauch geht, wenn es darum geht, die ganzen Dinge aufzuschreiben, aufzubewahren und zu hinterlegen. Wir haben   auch diese Zahl habe ich einmal herausgesucht   im Jahr 2023 rund 740 Millionen Blatt Papier im Format DIN A4 und mehr als 13 Millionen Blatt Papier im Format DIN A3 verbrauchen, meine Damen und Herren.

(Jörg Bernstein, FDP: Wahnsinn!)

Damit sind wir spitze. Deshalb bin ich froh, dass wir in Sachsen-Anhalt bei der Digitalisierung der Verwaltung noch viel vorhaben;

(Guido Kosmehl, FDP: Angefangen haben!)

- nach wie vor viel vorhaben  ; denn wir alle wissen: Ohne diese Digitalisierung wird das, was wir vorhaben, nicht funktionieren. Es wird nicht funktionieren.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

Auch hierbei sehe ich für das Land noch Potenzial nach oben. Dabei können wir noch besser werden, dabei müssen wir auch besser werden, um die Berichtspflichten besser zu erfüllen, damit wir besser zurechtzukommen und damit wir, zumindest wenn es darum geht, Daten zu übermitteln, schneller und besser werden. Österreich ist übrigens ein gutes Beispiel dafür; dort hat man einen zentralen Ansprechpartner, der das Ganze managt. 

Meine Damen und Herren! Zu viel Bürokratie verschärft den Fachkräftemangel, das ist völlig klar. Wenn Personal gebunden wird, um Statistiken zu erfassen, um Statistiken auszuwerten, um sich das Ganze anzuschauen, dann fehlt dieses der Volkswirtschaft in anderen Bereichen. Insofern ist es sinnvoll, in diesem Bereich Personal freizusetzen, damit es an anderen Stellen aktiv werden kann. Wir alle wissen um unsere Probleme in der Gesellschaft und wo wir Personal benötigen. Es wäre hilfreich, das Personal anderweitig einzusetzen.

Meine Damen und Herren! Bürokratie verhindert Unternehmensgründungen. Ich erinnere mich an die Gründung meines Unternehmens. Ich hatte damals noch keine D Mark verdient, aber schon eine Menge Post im Briefkasten von Leuten, die mir aufgeschrieben haben, was ich alles zu bezahlen hätte: IHK, Handwerkskammer, Berufsgenossenschaft - all das lag beim mir im Briefkasten. Gott sei Dank war ich darin ein bisschen clever und wusste: Ich bin Freiberufler, das betrifft mich nicht. Aber heute hat man einen noch ganz anderen Wust, den man bewältigen muss. Das schreckt junge Leute natürlich ab; denn diese sagen: Bevor ich mit einer solchen Bürokratie Unternehmer werde, werde ich lieber leitender Angestellter, dann machen das andere für mich; ich bekomme mein Geld, aber ich trage weniger Verantwortung. Auch das ist ein Problem.

Zum Ergebnis dieser Großen Anfrage. Was können wir im Land tun? Wie können wir hier Demokratie abbauen? - Ich neige nicht dazu abzuwarten, wie irgendwelche Wahlen ausgehen und wer dann das Sagen hat. Es geht darum, jetzt zu handeln. Wir müssen jetzt aktiv werden. Wir in Sachsen-Anhalt sind auf einem guten Weg; das Stichwort „Normenkontrollrat“ ist schon gefallen.

Meine Damen und Herren! Ein klassisches Beispiel   darüber werden wir morgen diskutieren   ist das Vergabegesetz in diesem Land. Ob es eines solchen Gesetzes wirklich bedarf, ist fraglich. Dass wir der Wirtschaft wirklich so viel Misstrauen entgegenbringen, indem wir sagen: „Freunde, wenn ihr jetzt zum Zuge kommen wollt, dann müsst ihr dieses und jenes erfüllen“, das halte ich persönlich für einen Fehler, aber dazu werden wir morgen diskutieren.

Meine Damen und Herren! Wir haben auch gute Erfahrungen mit Anzeigeverfahren gemacht. Denken Sie an die Gastronomiebranche. Dort reicht eine Anzeige aus und man kann loslegen. Später kommt dann jemand und kontrolliert das. Wir haben gute Erfahrungen mit Baugenehmigungen gemacht, bei denen wir die Antragsfrist auf zwölf Wochen begrenzt haben. Haben Sie innerhalb dieser Zeit keinen Bescheid bekommen, dann gilt das Ganze als genehmigt.

Das würden wir gern auf andere Bereiche ausdehnen. Allen, die skeptisch sind, möchte ich sagen, dass sie auch vor dieser Geschichte mit den Baugenehmigungen skeptisch waren und das klappt wunderbar. 

Meine Damen und Herren! Wir als CDU stehen dafür, dass wir EU- und Bundesrecht nicht weiter verkomplizieren wollen. Wenn es dann schon kommt, was wir schwer beeinflussen können, dann sollten wir es eins zu eins umsetzen und nicht noch etwas draufsatteln; denn das, meine Damen und Herren, sorgt auch für mehr Bürokratie. 

(Zustimmung bei der FDP)

Deswegen geht mein heutiger Appell an diejenigen in dieser Runde, die die ganze Sache vielleicht ein wenig kritisch sehen. Wir haben im Wirtschaftsausschuss schon viel darüber diskutiert. Ich staune heute, dass Kollege Lieschke heute dazu nicht gesprochen hat. Aber gut, das ist Ihr Ding. 

(Oliver Kirchner, AfD: Genau!)

Jeder gute Vorschlag - das sage ich Ihnen im Namen der CDU-Fraktion zu  , der hilft, Bürokratie abzubauen, ist im Wirtschaftsausschuss willkommen und wird in diesem Parlament eine Mehrheit finden; denn wir sind es den Unternehmen in diesem Land schuldig, dass wir diesbezüglich nicht politisch, sondern pragmatisch denken, damit wir den Leuten helfen, aus dieser schweren Krise, die durch drei Jahre Ampel in Berlin verursacht wurde, herauszukommen, damit die Leute wieder Optimismus bekommen und daran glauben, dass Dinge wieder geändert werden können, die sich als großes Rad erweisen, aber im Kleinen dann doch gelöst werden können, meine Damen und Herren. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Ich biete vonseiten der CDU-Fraktion an, dass wir an dieser Stelle hantieren werden. 

Ich möchte noch ein gutes Beispiel nennen. Wir haben heute schon gehört, dass die Meistergründungsprämie und die Praktikumsgutscheine auf einem A-4-Blatt abgehandelt werden. Eine Unterschrift reicht aus und die Sache ist erledigt. Das ist heutzutage ein Verfahren made in Sachsen-Anhalt. Dafür bin ich unserem Minister außerordentlich dankbar. Das Verfahren ist einfach und problemlos und es ist kein Misstrauen vorhanden. Es wird gesagt, gut, dass ihr das macht, ihr macht das aus gutem Grund. 

Ich glaube, das sollte beispielhaft sein, und zwar auch in der Landwirtschaft, weil ich den Kollegen Feuerborn sehe, damit die Leute sehen, wir können auch einfach. Wir können nicht nur kompliziert, wir können auch einfach und wir werden es in den kommenden Jahren auch einfacher machen. Das kann ich Ihnen im Namen der CDU-Fraktion zusagen. 

Ich hoffe auf weitere gute Ideen im Sinne des Bürokratieabbaus im Land Sachsen-Anhalt und darüber hinaus. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Thomas. 

(Ulrich Thomas, CDU, verlässt das Rednerpult)

- Augenblick, Herr Thomas, kommen Sie ruhig noch einmal nach vorn, aber denken Sie nicht, dass Sie jetzt die 18 Minuten bekommen. Es gibt aber zwei Fragen. Der erste Fragesteller ist Herr Lizureck. 


Ulrich Thomas (CDU):

Okay.


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Herr Thomas, schönen Dank, dass Sie die Frage zulassen. Es ist wirklich schön, Sie als Kämpfer gegen die überbordende Bürokratie zu sehen. Sie haben eben gesagt, jeder gute Vorschlag findet Ihre Zustimmung. Leider konnte ich das im letzten Jahr so nicht feststellen. 

Wir haben im letzten Jahr einen Vorschlag gemacht, und zwar für jedes Gesetz, das hereinkommt, zwei Gesetze herauszunehmen, die man einfach entfernen kann. Ich denke, anders kann man der Situation nicht Herr werden. 

Ich wüsste jetzt gern, warum Sie gegen diesen Vorschlag gestimmt haben. 


Ulrich Thomas (CDU):

Bei dieser One-in-one-out-Regel bzw. One-in-two-out-Regel, die Sie vorgeschlagen haben, geht es erst einmal darum, dass Sie etwas Neues kreieren müssen, wenn Sie zwei Gesetze abschaffen wollen. Was wollen Sie denn Neues kreieren? Das ist immer die Frage. Sie wollen etwas Neues machen, um etwas anderes abzuschaffen. 

Ich meine mit Blick auf den Bürokratieabbau konkret, nicht schon wieder etwas Neues zu machen, sondern bestehende Regularien, die wir haben, zu reduzieren, also bestimmte Dinge auszusetzen, die man eine Zeit lang nicht braucht, bspw. so, wie wir es unter Corona-Bedingungen gemacht haben.

Kollege Willingmann hat damals bspw. das Vergabegesetz ausgesetzt, und zwar aus gutem Grund. Mir ist nicht bekannt, dass ab diesem Moment der Lohnmarkt eingebrochen ist. Das war für die Wirtschaft gut. Genau über solche Dinge, die wir machen können, müssen wir reden. 

Ihren konkreten Vorschlag habe ich jetzt nicht vor Augen, aber in einer Koalition ist es nun einmal so, dass man sich nicht mit allem durchsetzt, man muss auch ein wenig kompromissbereit bleiben. Gleichwohl muss man darüber reden, ob das mehrheitsfähig ist, auch im Sinne der Bedingungen, die man herausnehmen will, die abgeschafft werden sollen. 

Ich persönlich bin z. B. ein Freund von Verfallsdaten. Ein Gesetz kann mit einer Frist versehen werden und dann läuft es aus, wenn niemand sagt, dass es noch benötigt wird. Über all diese Dinge diskutieren wir momentan. 

Es ist nicht immer ganz einfach, das durchzusetzen, weil das EU-Recht und das Bundesrecht und das Landesrecht recht durchwoben sind. Nur weil wir sagen, das Gesetz gilt nicht mehr, sagt der Bund das noch lange nicht, und es gilt weiter. Der Teufel steckt im Detail. Wir sind, wie gesagt, für konkrete Vorschläge immer offen. 

Herr Lizureck, wenn Sie etwas vorschlagen, dann keine einzelnen Geschichten, Schaufenstergeschichten, sondern dann machen wir ein Paket. 


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Es ist ganz simpel. Es gibt Verordnungen, die neu gestaltet werden müssen und die dann in das Verfahren kommen. Sie haben uns eben groß erzählt, dass Sie sich in der Praxis umgehört haben. Dort werden Sie sicherlich gehört haben, dass es viele, viele Dinge gibt, die sich einfach überlebt haben. Genau dort müssen wir ansetzen. 

Jedes Ministerium, jede Amtsstube wird bemüht sein, seine Bestimmung zu erhalten, damit man die Mitarbeiterzahl hält, aber genau dort muss man ansetzen, damit dieser Bereich irgendwann einmal ein wenig verschlankt wird.


Ulrich Thomas (CDU):

Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie meinen Standpunkt unterstützen. 

(Lachen bei der CDU und bei der AfD - Oliver Kirchner, AfD: Dann machen wir einfach ein Paket! - Guido Kosmehl, FDP: Darauf bin ich gespannt!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ich verzichte jetzt auf einen Kommentar über Weihnachten und Pakete. - Herr Lippmann ist der nächste Fragesteller. 


Thomas Lippmann (Die Linke): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Thomas, ich habe Ihnen interessiert zugehört. Sie haben über die Entwicklung und über grauenvollen Dinge, die sich über die letzten zehn, teilweise über die letzten 20 Jahre entwickelt haben und über eine ganze Menge Zahlen referiert. Ich habe mich gefragt, wem Sie eigentlich die Schuld dafür geben. Darüber habe ich jetzt wenig gehört. Ich gehe davon aus, dass Sie die Schuld nicht allein bei der Bundesregierung suchen, die dreieinhalb Jahre regiert hat, wenn es hierbei um die letzten zehn bzw. 20 Jahre geht. 

Dieser bedauernswerte Zustand, den Sie so allumfänglich beklagt haben, besteht nun schon so lange, dass sich ganze Heerscharen, also auch von Regierungen und Ministern und Ministerinnen, dazu in der Vergangenheit immer wieder geäußert haben, also zum Bürokratieabbau usw. Ihren Ausführungen war zu entnehmen, dass das offensichtlich nicht geklappt hat bzw. dass es nur sehr wenige gute Beispiele gibt. Was würde jetzt anders werden? - Mir fehlt der Glaube, dass außer viel Gerede und viel Verve irgendetwas anders wird, als es in den letzten zehn Jahren schon war.


Ulrich Thomas (CDU):

Vielen Dank, Kollege Lippmann. Dass Ihnen als Mitglied der Fraktion Die Linke der Glaube fehlt, überrascht mich jetzt nicht. 

(Minister Sven Schulze lacht)

Ich schätze Sie zumindest so ein, dass Sie wissen, dass 70 %, 75 %, teilweise 80 % der Regelungen, die wir derzeit in Sachsen-Anhalt umsetzen, aus Berlin und aus Brüssel kommen und wir lediglich die Ausführenden sind. 

Zwei Beispiele, bei denen wir noch selbst unterwegs sind, habe ich Ihnen heute genannt, nämlich die Meistergründungsprämie und den Praktikumsgutschein. Ich freue mich morgen auf Ihre Unterstützung, um das Vergabegesetz außer Kraft zu setzen, damit wir auch an dieser Stelle schneller werden. Genau dort wird es doch konkret. 

(Zuruf von Thomas Lippmann, Die Linke)

Wenn Ihnen politische Forderungen wichtiger sind als eine florierende Wirtschaft, dann ist das auch eine Aussage.