Tobias Krull (CDU):

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erneut beschäftigt sich der Landtag von Sachsen-Anhalt mit dem Thema Rente. Sicher ist es ein sehr bedeutsames Thema für unser Land. Wir müssen uns bloß einmal unseren Altersdurchschnitt anschauen. Es ist aber auch ein Thema, bei dem die Landesregierung und der Landtag von Sachsen-Anhalt tatsächlich nur eingeschränkte Mitwirkungsmöglichkeiten haben. 

Zwei große Unionspolitiker haben zum Thema Rente zwei maßgebliche Aussagen getroffen. Konrad Adenauer, unser ehemaliger Bundeskanzler, antwortete auf die Frage, ob denn die Beitragsbasis dauerhaft stabil sei: „Kinder bekommen die Leute immer“. Leider hat er an dieser Stelle nicht in vollem Umfang recht gehabt. 

(Dr. Katja Pähle, SPD: Ja!)

Und ja, wir haben in Sachsen-Anhalt eine relativ niedrige Geburtenrate, auch als Auswirkung des sogenannten demografischen Echos. Denn die Frauen, die nicht in Sachsen-Anhalt geboren wurden in den 1990er Jahren, können natürlich auch keine Kinder hier in unserem Land gebären. 

Der andere war Norbert Blüm, das soziale Gewissen der Union. Der plakatierte: „Die Rente ist sicher.“ Ja, die Rente ist sicher. Aber die Frage ist, welchen Preis diese Sicherheit hat, gerade im Hinblick auf die jüngere Generation. Denn deren Perspektive auf eine auskömmliche Rente erscheint in vielen Teilen nicht in einem positiven Licht. 

Die größte politische Jugendorganisation Europas, die Junge Union, hat sich mit dem Thema Rente bei ihrem Deutschlandtag, der vor wenigen Wochen in Halle (Saale) stattgefunden hat, intensiv beschäftigt. Dazu später mehr. Ich werde jetzt nicht versuchen, einzelne statistische Daten aufzubereiten. Alle Mitglieder des Hohen Hauses können sich die Daten selbst anschauen und ihre Rückschlüsse daraus ziehen. Ich habe das getan. 

Einmal geht es um die unterschiedlichen Säulen im deutschen Alterssicherungssystem. Zweifelsohne ist die wichtigste Säule die gesetzliche Rentenversicherung. Gerade in unserem Bundesland stellt sie häufig die einzige Absicherung für den wohlverdienten Ruhestand dar. Denn die anderen beiden Säulen, die private Alterssicherung und die betriebliche Altersvorsorge, sind in unserem Land unterentwickelt. Viele Menschen in unserem Land verfügen nicht über die ausreichenden Finanzmittel, um privat vorzusorgen. Auch die sogenannte Riester-Rente ist kein wirkliches Erfolgsmodell. Viele dieser Verträge werden nicht durchgängig bedient. Auch die Rendite der Verträge ist nicht wirklich vergleichbar mit anderen Finanzprodukten, wenn man z. B. in Aktien selbst investiert oder in ETFs, also auf die Entwicklung von Aktienindizes wie DAX und MDAX setzt. 

Auch die Vorsorge für das Alter durch eigenen Immobilienbesitz ist bei den aktuellen Baupreisen und der Zinsentwicklung eine Option, die nicht für die breite Masse geeignet ist. In diesem Sinne müssen wir die Möglichkeit nutzen, um das Bauen wieder zu verbilligen, 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Andreas Schumann, CDU)

z. B. durch den Abbau von Bürokratie oder durch Bauverschriften, die sich an den Bedürfnissen der Realität orientieren. 

(Daniel Roi, AfD: Aber die Wärmepumpe bleibt! - Lachen bei der AfD)

Bezüglich der betrieblichen Altersvorsorge haben wir in Sachsen-Anhalt ebenfalls noch deutlichen Nachholbedarf. Es ist das gemeinsame Ziel der Landesregierung, die Tarifbindung in unserem Land zu stärken. Bei zahlreichen Tarifverträgen gehören auch Regelungen zum Zusatzversorgungssystem dazu, z. B. bei der Metallrente. Wenn wir hier Fortschritte bei der Nutzung der entsprechenden Systeme generieren könnten, wäre schon viel erreicht. 

Selbstverständlich gibt es auch das System der Pension für Beamte. Hierbei gehört es zur finanziellen Nachhaltigkeit, dass für deren Finanzierung bereits heute Vorsorge getroffen wird. Das sind keine Sparbüchsen, die in finanzieller Bedarfslage geplündert werden könnten. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und bei der FDP)

Es sind notwendige Reserven für die Belastungen in der Zukunft. Außerdem gibt es zahlreiche Versorgungswerke für die freien Berufe, z. B. für die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, für die Zahnärztinnen und Zahnärzte. Um gleich allen Spekulationen vorzubeugen: Wir stellen diese ausdrücklich nicht zur Disposition, sondern sehen deren Berechtigung und Zukunftsfähigkeit. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Es ist aber Realität, dass einige Selbstständige aus Kostengründen und mit dem Blick auf die kurzfristige finanzielle Belastung auf die eigene Alterssicherung verzichten. Das kann schnell zur Armutsfalle werden, z. B. wenn die eingeplanten Einnahmen aus dem Verkauf der eigenen Firma nicht wie geplant realisiert werden können oder wenn bei persönlichen Schicksalsschlägen vorhandene Vermögensmassen, die zur Sicherung des Lebensabends dienen sollten, plötzlich für andere Zwecke benötigt werden. 

Aber zurück zur gesetzlichen Rentenversicherung. Wenn wir uns die Entwicklung der Altersrenten anschauen, dann muss man feststellen, dass aufgrund der Höhe des Erwerbseinkommens geringere Rentenansprüche in Sachsen-Anhalt als im Bundesdurchschnitt erworben werden. Außerdem kommen jetzt immer mehr Menschen in Rente, die nach der friedlichen Revolution unterbrochene oder unstetige Berufswege erfahren haben. Das hat auch Auswirkungen auf die Altersbezüge. Das heißt, ein wichtiges Element zur Stärkung der Altersvorsorge ist eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik,

(Zustimmung von Andreas Schumann, CDU)

damit die Menschen in Arbeitsverhältnisse kommen, die nicht nur ein auskömmliches Einkommen im Hier und Jetzt sichern, sondern die ihnen auch ermöglichen, dass sie ihren Ruhestand finanziell abgesichert verbringen können. 

Die CDU-geführte Landesregierung mit unserem Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff und unserem Wirtschaftsminister Sven Schulze setzt zweifelsohne die richtigen politischen Rahmenbedingungen. Aber die Wirrungen und Irrungen der nun gescheiterten Ampelkoalition im Bund haben den Wirtschaftsstandort Deutschland zweifelsohne geschwächt. Es bleibt die berechtigte Hoffnung, dass die neue unionsgeführte Bundesregierung hierbei wieder neue Impulse setzen kann und verlorengegangenes Vertrauen wieder zurückgewonnen wird, meine Damen und Herren. 

(Zustimmung von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff - Zurufe von den GRÜNEN - Weitere Zurufe)

Den Deutschlandtag der Jungen Union habe ich bereits erwähnt. Diese jungen Menschen haben sich mit dem Thema Rente und Alterssicherung intensiv auseinandergesetzt und sie haben Vorschläge unterbreitet. Dazu gehört auch, dass die doppelte Haltelinie - dass das Rentenniveau nicht unter 48 % sinkt und dass der Beitragssatz nicht über 20 % steigen darf - nicht automatisch über das Jahr 2025 hinaus gelten darf. Durch den CDU-Bundesvorsitzenden und vermutlich kommenden Bundeskanzler Friedrich Merz wurde gleich klargestellt, dass das keine Position der CDU ist. 

Es ist aber unbestreitbar, dass es Reformbedarf gibt. Im neuen Grundsatzprogramm der CDU Deutschlands finden sich unter der Überschrift „Für eine sichere Altersvorsorge“ folgende Aussagen: 

„Wir werden die Renten langfristig sichern. Die Rente muss für alle Generationen gerecht und zuverlässig sein. Uns leitet der Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit:“

(Zustimmung von Andreas Schumann, CDU - Guido Kosmehl, FDP: Aha!)

„Wer gearbeitet und Beiträge gezahlt hat, muss mehr haben als jemand, der dies nicht getan hat. Deshalb werden wir langfristig sicherstellen, dass die gesetzliche Rente für Menschen, die 45 Jahre Vollzeit zum Mindestlohn gearbeitet und Beiträge gezahlt haben, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, deutlich oberhalb der Grundsicherung im Alter liegt. 

Es braucht bei der Rente differenzierte Lösungen. Es gibt viele Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht oder nur noch teilweise bis zur Regelaltersgrenze arbeiten können und deren tatsächliche Belastung in der ausgeübten Tätigkeit eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit praktisch ausschließt. Für diese Menschen brauchen wir passgenaue Lösungen, die ein gutes und sicheres Leben im Alter ermöglichen. Das ist ein Ausdruck unserer Solidarität. Gleichzeitig zeigt die langfristige Entwicklung aber auch, dass wir immer älter werden. Wenn wir unsere Rente stabil und finanzierbar halten wollen, spricht vieles dafür, dass die Lebensarbeitszeit für diejenigen, die arbeiten können, steigen muss und folglich die Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung gekoppelt wird. Wer vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden muss, der soll sich auf eine auskömmliche Alterssicherung verlassen können. Darüber hinaus brauchen wir mehr Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente und müssen das Arbeiten im Alter attraktiver machen. Da die gesetzliche Rente allein eine auskömmliche Alterssicherung in vielen Fällen nicht garantieren kann, wollen wir für alle eine verpflichtende kapitalgedeckte Altersvorsorge einführen.“

(Zustimmung bei der CDU)

„Dabei werden bestehende kapitalgedeckte Altersvorsorgen berücksichtigt. Für Menschen mit geringem Einkommen brauchen wir dabei staatliche Zuschüsse.“ 

(Hendrik Lange, Die Linke: Also wirklich!)

An dieser Stelle finden sich aus meiner Sicht die richtigen Ansätze für eine Altersvorsorge in unserem Land, die auf einem stabilen Fundament ruht. Wir müssen sie angehen. Bereits heute werden mehr als 100 Milliarden € aus dem Bundeshaushalt in den Bereich der Rentenversicherung überwiesen. 

Dabei ist zu beachten, dass der reine Zuschuss des Bundes für die Rentenkasse bei 50 Milliarden € liegt. Der Rest sind Zahlungen als Ausgleich für Belastungen, die der Rentenkasse durch versicherungsfremde Leistungen entstehen, z. B. für die sogenannte Mütterrente. Hierfür werden 17 Milliarden € fällig.

(Guido Kosmehl, FDP: Wer hat sie eingeführt?)

- Nicht die Schweizer, sondern die Union. - Diese Leistung ist sicher berechtigt, weil sie eine individuelle Leistung würdigt, die der Gesamtgesellschaft zugutekommt. Man muss aber die Frage stellen, ob solche Maßnahmen im Gesamtkontext dazu führen, dass wieder mehr Kinder geboren werden. Ich will zugeben, dass bei der Entscheidung zur Familiengründung und für Kinder in meiner Ehe die Rentenentwicklung keine Rolle gespielt hat. 

Auch anderen Ländern, wie z.B. Ungarn, ist es nicht gelungen, mit immer mehr familienpolitischen Leistungen tatsächlich die Geburtenrate nachhaltig zu steigern. Das klang heute schon an. 1,5 Kinder reichen nicht aus. Zur Erhaltung der Bevölkerung werden 2,1 Kinder benötigt. Das wird wohl nichts. 

(Unruhe)

Es wird sicher eine der größten Herausforderungen für die kommende Bundesregierung sein, die Rentenversicherung zu reformieren. Die Ampel im Bund ist daran gescheitert, das Rentenpaket II auf den Weg zu bringen. Vielleicht war das einer der Sargnägel, die schlussendlich zum Scheitern dieser selbsternannten Fortschrittskoalition führten. 

Ich plädiere ausdrücklich dafür, dass wir bei den anstehenden Beratungen auf Bundesebene eine politische Lösung finden. 

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Krull, warten Sie bitte kurz. - Der Geräuschpegel hat den Vorteil, dass Frau Ministerin es nicht persönlich nehmen muss, dass es bei ihr genauso laut war. Allerdings finde ich, dass es dem Thema nun wirklich nicht angemessen ist. Wenn Sie sich dafür nicht interessieren, weil Ihre Pensionszahlungen offensichtlich ausreichen, dann gehen Sie bitte raus. Aber bitte führen Sie keine Gespräche über drei Bänke hinweg.

(Beifall bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Krull, Sie haben das Wort. 


Tobias Krull (CDU): 

Ich plädiere ausdrücklich dafür, dass wir bei den anstehenden Beratungen auf der Bundesebene eine politische Lösung finden, die über die bestehende Koalition hinausgeht. Das wäre bei diesem Thema aus meiner Sicht mehr als angemessen. 

Die Vorschläge der Fraktion Die Linke, die uns heute vorliegen, sind dazu aus meiner Sicht nicht geeignet. Hierin wird nur ein politischer Schnellschuss verlangt, der meiner Ansicht nach der Bedeutung des Themas nicht gerecht wird und ihm nicht angemessen ist. 

Es wird wieder einmal Rosinenpickerei betrieben. Eine politische Voraussetzung für die nun erreichte Anpassung der Rentenpunkte zwischen Ost und West war die Abschaffung der Höherbewertung der ostdeutschen Einkommen bei der Rentenversicherung. Was Die Linke also fordert, ist, mehr oder weniger neue Ungerechtigkeiten zu schaffen, jetzt gegenüber Menschen mit geringen Einkommen in den sogenannten alten Bundesländern. Mit uns als Union, als Partei der deutschen Einheit, ist das nicht zu machen. Allgemein halten Sie sich mit Finanzierungsvorschlägen in Ihren Anträgen sowieso immer gerne zurück. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen uns die Entwicklung der Haushaltsansätze im Landeshaushalt für die Grundsicherung im Alter oder für die Hilfe zur Pflege anschauen. Ja, Altersarmut ist auch ein Thema in Sachsen-Anhalt. Aber gerade im Hinblick auf die Pflegeversicherung und die Höhe der Eigenanteile bei der stationären Pflege, die deutlich über dem Rentendurchschnitt liegen, sehen wir noch mehr Reformbedarf. Dazu gibt es jetzt konkrete Vorschläge, die gemeinsam vom Sozialminister Nordrhein-Westfalens Karl-Josef Laumann und dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer erarbeitet wurden. 

Um es ganz deutlich zu sagen: Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, haben einen Ruhestand verdient, in dem sie sich keine Sorgen um die finanzielle Basis machen müssen.

(Zustimmung bei der CDU)

Dafür die richtigen politischen Voraussetzungen zu schaffen und bestehende Fehlentwicklungen zu bekämpfen, wird eine der größten Herausforderungen für eine kommende Bundesregierung sein. Als CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt stehen wir bereit, uns konstruktiv in die Debatten und Entscheidungen einzumischen; natürlich auch im Rahmen unserer Zuständigkeiten, die uns an dieser Stelle obliegen.