Sebastian Striegel (GRÜNE): 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Faszinierendste am Verlauf der Debatte ist die Überlegung und die Meinung, die hier geäußert wird, das sei irgendwie eine grüne Idee. Kollegin Quade hat eben schon angemerkt, dass die Polizei der Gesellschaft gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Das ist erst einmal eine Selbstverständlichkeit. Wir sind von den UN-Gremien, vom Europarat aufgefordert, endlich auch in Deutschland die institutionellen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Das leistet dieser Gesetzentwurf, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Quade, dass wir keine eigene Ermittlungskompetenz einführen können, hat mit entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen zu tun. Darüber müssten wir im Bundestag Debatten führen. Ob und wie das dann funktioniert, ist eine andere Frage. Aber wir können hier nicht einfach gegen die StPO anstreiten.

Eine gewisse Dynamik in der Debatte finde ich auch deshalb interessant, weil ich die Diskussion um die Polizeikennzeichnung, die individuelle Kennzeichnung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, noch sehr gut in Erinnerung habe. Wir haben hier in diesem Hohen Hause seit dem Jahr 2011 darüber gestritten. Im Jahr 2016 sind wir endlich in die Realisierung für Sachsen-Anhalt eingestiegen. Dieselben Argumente, die ich damals als Ablehnung gehört habe, höre ich beim Thema Polizeibeauftragte jetzt wieder. Das sei ein Misstrauensvotum und ganz furchtbar.

Nichts davon hat sich in der Realität als tragfähig erwiesen, im Gegenteil. Heute ist das Thema Polizeikennzeichnung unter den Beamtinnen und Beamten nicht mehr umstritten, unter den Gewerkschaften kein Thema mehr. Wir sehen, dass einen konkreten positiven Effekt auf die Arbeit der Polizei hat. Ich sage ganz deutlich: Genau so muss es in einem demokratischen Rechtsstaat auch sein.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

- Herr Kosmehl, Sie werden mir verzeihen, ich bin so alt, ich kenne die FDP deshalb noch als Bürgerrechtspartei. Dass Sie das nicht mehr sein wollen, erlebe ich bei Ihnen sehr, sehr häufig.

(Unruhe bei der FDP)

Aber ich hatte die Hoffnung, dass wir dabei gemeinsam streiten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe von der FDP - Marco Tullner, CDU: Populismus!)

Lassen Sie uns noch einmal ganz konkret in die Debatte einsteigen. Warum soll die Beauftragte im Landtag auch an nichtöffentlichen Sitzungen teilnehmen können? Das ist doch ganz klar: weil sie die parlamentarische Kontrolle unterstützt und als Hilfsorgan an dieser Stelle tätig wird. Deswegen kann man das, soll man das und muss man das entsprechend regeln. 

Wenn wir uns die Erfahrungen mit solchen unabhängigen Beauftragten in den Ländern, im Bund, in Europa und darüber hinaus, weltweit anschauen, dann sagen Polizistinnen und Polizisten sehr, sehr deutlich, dass das ihre Arbeit unterstützt, weil sie sich an diese Beauftragten wenden können. Die Bürgerinnen und Bürger nehmen das als hilfreich wahr, weil sie eine Ansprechpartnerin, einen Ansprechpartner haben.

Meine Damen und Herren! Sorgen Sie mit dafür, dass Sachsen-Anhalts Polizei auch weiter hohes Vertrauen genießen kann.

Zur Innenministerin noch einmal sehr deutlich: Es geht nicht darum, die Verantwortung für die Fehlerkultur zu delegieren, 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP) 

sondern es geht um eine unabhängige Kontrolle von außen auch bei der Polizei. Deswegen brauchen wir einen unabhängigen Polizeibeauftragten oder eine unabhängige Polizeibeauftragte. - Herzlichen Dank. 

(Beifall bei den GRÜNEN) 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Es gibt noch eine Frage von Herrn Kosmehl. Wollen Sie sie beantworten?


Sebastian Striegel (GRÜNE): 

Ich will es zumindest versuchen.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Dann haben Sie jetzt die Möglichkeit, Herr Kosmehl. Bitte sehr.


Guido Kosmehl (FDP):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich habe eine Nachfrage; denn ich habe Ihnen in meiner Rede eine Frage gestellt, die Sie auch jetzt nicht beantwortet haben. Mit wie vielen Stellen neben der B-5-Stelle für die Beauftragte rechnen Sie denn für die Geschäftsstelle und Ähnliches? 


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Herr Kosmehl, der Landtag als Gesetzgeber muss sich am Ende darüber einig werden, wie viele Ressourcen er dorthin geben will. 

(Zuruf von Jörg Bernstein, FDP)

Wir haben die Mindestmaße festgestellt; das ist, glaube ich, klar. Wir haben die anderen Beauftragten in Sachsen-Anhalt und sehen, welches Stellenbudget sie haben. Aber am Ende ist das eine Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers. Darüber ist zu reden. Überweisen Sie den Gesetzentwurf gern in den Ausschuss; dann können wir genau diese Diskussion dort miteinander führen. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie ihn heute einfach nur ablehnen, wird die Diskussion miteinander fachlich nicht zu führen sein.