Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Tillschneider, Sie haben gerade von fröhlich-bejahend gesprochen, also für mich ist fröhlich-bejahend etwas anderes als die Rede, die Sie hier gehalten haben, gerade zum Thema Tourismus.
(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Ich war tatsächlich vor Kurzem mit meinen Kindern im Dom, im Magdeburger Dom, weil Sie gesagt haben, Sie erwarten, dass der Eintritt kostenlos ist für Kinder. Der ist sogar für Erwachsene kostenlos.
(Lachen bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Stefan Gebhardt, Die Linke: War er noch nie drin!)
Also, wenn Sie einmal hineingehen wollen, ich rate Ihnen das. Besuchen Sie einmal den Dom, gehen Sie einmal hinein. Dann wissen Sie das.
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe mir gerade vorgestellt, wenn ich Tourist wäre - egal, woher ich käme, aus Deutschland oder irgendwo anders aus der Welt - und diese Rede hören würde, dann wüsste ich nicht, ob ich als Erstes Sachsen-Anhalt als mein Ziel aussuchen würde.
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)
Ich möchte ein paar Worte sagen. Sie haben ja das ganze Thema Masterplan Tourismus angesprochen. Das ist ein Masterplan, der von der letzten Landesregierung aufgestellt wurde, den wir immer wieder fortschreiben, den wir immer weiterverfolgen. Elf Leitprojekte sind schon umgesetzt worden. Das Wichtige an diesem Masterplan ist: Es wurde ein bisschen so dargestellt, als würden wir es oder würde es die damalige Landesregierung im Büro so zusammengeschrieben haben, und so sollte jetzt der Tourismus aussehen. Das ist aber das ganze Gegenteil von dem, was gemacht wurde. Es ist so, dass das zusammen mit den gesamten Touristikern des Landes Sachsen-Anhalt aufgestellt wurde.
(Lars-Jörn Zimmer, CDU: Richtig!)
Das ist also fast mehr das Thema der Touristiker vor Ort gewesen,
(Zustimmung von Lars-Jörn Zimmer, CDU)
als derjenigen, die damals hier in Magdeburg Verantwortung hatten. Das zeigt auch, wie wir im Tourismus arbeiten. Wir haben ganz viel Vernetzung; denn natürlich weiß man nicht am Schreibtisch hier in Magdeburg, wie Tourismus im Detail funktionieren muss. Wir sind ja gerade so stolz darauf, dass wir das mit den verschiedenen touristischen Regionen so gut hinbekommen haben.
Ich will auch sagen, wir haben es geschafft, dass wir bis zum Jahr 2019, bis dann irgendwann im Jahr 2020 das Thema Corona und der Tourismus europaweit zum Erliegen kam, jedes Jahr steigende Zahlen hatten - jedes Jahr steigende Zahlen! Sie wissen wahrscheinlich, wie hoch die Übernachtungszahl in Sachsen-Anhalt ist.
(Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE: Woher denn!)
Eher nicht, wahrscheinlich. 9 Millionen haben wir bis dahin geschafft.
(Oliver Kirchner, AfD: Sie haben doch immer gesagt, wenn die AfD so stark wird, dann kommt keiner mehr hierher! - Ulrich Siegmund, AfD: Wegen der AfD kommen sie her!)
- Na ja. Wahnsinn.
(Olaf Meister, GRÜNE: Wie viele könnten es sein!)
Es ist so, dass diese Zahl jetzt fast wieder erreicht wurde. Wir haben einzelne Regionen, in denen wir jetzt schon stärker sind.
(Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE: Quedlinburg!)
In manchen Regionen kommen wir wieder dahin. Sachsen-Anhalt ist ein Bundesland, in dem man gern übernachtet, indem man gern auch Tourist ist, nicht in der Hauptferienzeit. 14 Tage, das ist eher etwas für Mecklenburg-Vorpommern oder für die Alpen im Süden Deutschlands. Wir sind ein Land, in dem man gern den Zweiturlaub verbringt, wohin man gern kommt, wo man natürlich ganz viel Historie hat - darauf sind wir auch stolz; damit machen wir viel Werbung , wo man aber auch viele andere Möglichkeiten hat. Daran möchte ich in Zukunft gern weiterarbeiten, und zwar - das sage ich hier ganz bewusst - nicht nur aus Magdeburg heraus, sondern so - das sage ich den Touristikern zu, auch dem Landestourismusverband , wie wir es immer gemacht haben, mit denen vor Ort, die genau wissen, wie Tourismus funktionieren muss. Ich bin überzeugt davon, es wird nicht mehr lange dauern, dann werden wir auch 10 Millionen Übernachtungen haben, in den nächsten Jahren. Das ist unser Ziel. Wir sind ein Land, von dem uns die Leute sagen, sie sind gern hier, sie sind gern hier unsere Gäste, egal, woher sie kommen, ob sie aus Deutschland kommen, aus Europa, aus der ganzen Welt. Sie sind herzlich willkommen in Sachsen-Anhalt. - Vielen Dank.
(Zustimmung - Guido Kosmehl, FDP: Auch im Bauhaus! - Guido Heuer, CDU: Auch im Bauhaus!)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Schulze. - Wir steigen in die Debatte ein. Der erste Redner ist Herr Hövelmann für die SPD-Fraktion.
(Zuruf von Guido Heuer, CDU)
Holger Hövelmann (SPD):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sachsen-Anhalt ist steinreich, in Zeiten von Haushaltsdebatten eine mutige Formulierung,
(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)
aber ich meine es im wörtlichen Sinne; denn die Zahl historisch bedeutsamer Städte, Burgen und Schlösser in unserem Land sucht seinesgleichen. Zugleich sind die Steine eingebettet in eine facettenreiche Natur- und Kulturlandschaft. Es gibt also einiges zu sehen in unserem Land, und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist der Grund, warum der Tourismus in Sachsen-Anhalt boomt.
Wir haben nach den vergangenen Krisenjahren wieder den Rekordwert von 8 Millionen Übernachtungen im Jahr erreichen können - Minister Schulze hat darauf hingewiesen. Die zu mehr als 95 % inländischen Gäste interessieren sich dabei nicht nur für die Welterbestätten. Gerade im naturnahen Campingtourismus sind die Übernachtungszahlen besonders stark gestiegen. Die Menschen genießen die Schönheit des Harzes, die Ruhe der Altmark, die Annehmlichkeiten der renaturierten Seen rund um das Bitterfelder Revier und vieles andere mehr.
(Zustimmung von Dr. Katja Pähle, SPD, und von Lars-Jörn Zimmer, CDU)
Der Hauptkritikpunkt des vorliegenden Antrages, die vermeintlich einseitige Konzentration auf bestimmte Zielgruppen, scheitert schon an den harten Fakten. Die Tourismusstrategie unseres Landes hat sich bewährt. Ich will darauf hinweisen, gerade der nachhaltig orientierte Ökotourismus erweist sich als Erfolgsmodell.
Es erschließt sich mir darüber hinaus nicht, warum die in der Tourismusstrategie benannten Zielgruppen andere ausschließen sollten. Ich bin mir sicher - egal, welche persönliche politische Einstellung jeder hat , dass jeder Mensch gern auf dem Brocken, in der Saale-Unstrut-Weinregion oder in Altstadt von Quedlinburg zu Gast ist.
Es ist nicht verkehrt, die bspw. im Gartenreich Dessau-Wörlitz ausgearbeiteten progressiven Gedanken eines Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau Touristen entsprechend kenntlich zu machen.
Ich kann mir dennoch ganz gut vorstellen, wie ein Tourismuskonzept nach Art der AfD aussehen könnte:
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ja, ja!)
Schließung des Bauhauses Dessau,
(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN: Ja! - Ja! - Zuruf von der AfD: Schließung?)
Einrichtung einer Pilgerstätte für die Rathenau-Mörder auf Burg Saaleck.
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Hä?)
Der Erfolg eines solchen Konzepts im Gegensatz zu unserer Tourismusstrategie würde überschaubar bleiben, und das würde tatsächlich nur eine bestimmte Zielgruppe ansprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind auf gutem Wege, die erstrebten 10 Millionen Übernachtungen bis zum Jahr 2027 zu erreichen. Damit das gelingt, wollen wir unser erfolgreiches Tourismuskonzept weiterentwickeln, es nicht über den Haufen werfen.
Natürlich kann man immer noch neue Ideen hinzufügen und natürlich entwickelt sich auch der Tourismusmarkt in Sachsen-Anhalt. Ich sage das einmal an der Stelle: Ich bin gemeinsam mit dem Kollegen Zimmer sehr stolz darauf, dass es uns gelingt, im Landestourismusverband gemeinsam mit der Landesregierung, gemeinsam mit den Verbänden, gemeinsam mit den Kammern, z. B. den beiden Industrie- und Handelskammern, mit den Tourismusausschüssen, mit dem Dehoga ganz viel für unseren Tourismus in unserem Lande zu erreichen. Daran sollten wir arbeiten und deshalb lehnen wir Ihren Antrag einfach ab.