Rüdiger Erben (SPD):

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine beliebte Legende, dass Kinder unter 14 Jahren bei jeder Tat straflos davonkommen könnten; nach dem Motto: tagsüber in Geschäften geklaut, Gleichaltrige ausgeraubt, Bushaltestellen kaputtgetreten, abends dann den Eltern seelenruhig gute Nacht gesagt. Das stimmt aber nicht. Strafunmündigkeit heißt nicht Straflosigkeit. 

Bei derart jungen Straftätern ist es die Pflicht der Jugendämter, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Maßnahmen einzugreifen. Das kann im schärfsten Fall bis zur Unterbringung in Heimen führen. Zusätzlich sind auch die Eltern wegen Verletzung der Fürsorge- und Aufsichtspflicht unter die Lupe zu nehmen. 

Wir haben in diesem Bereich an sich keine Regelungslücke. Die AfD-Fraktion möchte nun gern die Strafunmündigkeit insofern aufweichen, dass Richter im jeweiligen Einzelfall auch bei Zwölf- bis 14-Jährigen das Jugendstrafrecht anwenden könnten. Das klingt erst einmal ganz ausgewogen. Aber Sie ignorieren leider in Ihrem Antrag konsequent die Bedeutung des Jugendstrafrechts. Sie stellen es auf eine Stufe mit dem Erwachsenenstrafrecht, in dem Sühne und Vergeltung im Fokus stehen. 

Sinn des Jugendstrafrechts ist aber trotz des Namens gerade nicht allein die Strafe. Nach § 2 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes wird ganz klar gesagt: Um erneuten Straftaten junger Menschen entgegenzuwirken, ist der Erziehungsgedanke in den Vordergrund zu stellen. Das gilt umso mehr, je jünger die Täter sind. 

Es gibt sicherlich Zwölf- bis 14-Jährige, die in ihrer geistigen Entwicklung schon weiter sind als Gleichaltrige. Das macht sie aber noch lange nicht zu kleinen Erwachsenen. Die Pubertät hat in den meisten Fällen gerade erst angefangen und damit auch die Ausprägung der eigenen Urteilsfähigkeit. Das prinzipielle Wissen über Gut und Böse ist dann vielleicht schon vorhanden, aber noch nicht über den Umgang mit Gruppenzwang, persönlichen Problemen und anderen Drucksituationen. Umso wichtiger sind daher die erzieherischen Maßnahmen, die straffällig gewordene Kinder und ihre Eltern bei der Findung des richtigen Weges unterstützen. Davon, sehr geehrte Mitglieder der AfD-Fraktion, lese ich in Ihrem Antrag nichts. 

Nun wäre es trotzdem interessant, zu wissen, wie die eingangs erwähnten Möglichkeiten von Maßnahmen gegenüber Strafunmündigen in Sachsen-Anhalt angewendet werden. Ich bitte daher um Überweisung 

(Eva von Angern, Die Linke: Ach nein! Das ist doch Quark!)

zur federführenden Beratung in den Rechtsausschuss und zur Mitberatung in den Sozialausschuss. - Herzlichen Dank.