Stefan Gebhardt (Die Linke): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnetenkollegen und  kolleginnen! Erst einmal ein herzliches Dankeschön an die CDU-Fraktion für diese Aktuelle Debatte. Diese gibt uns die Gelegenheit, uns über dieses Thema auszutauschen.

(Guido Kosmehl, FDP: Das war mir klar!)

Ich will aber auch gleich sagen, dass es das jetzt mit den Freundlichkeiten war. 

(Oh! bei der CDU)

Wir müssen uns schon mit den Dingen auseinandersetzen, die zumindest in der Begründung angeführt wurden. 

Aber zur Sache selbst. Aktuell gibt es zwei Staatsverträge, die in der Diskussion sind - darauf haben meine Vorredner schon hingewiesen  , und zwar zum einen den Reformstaatsvertrag und zum anderen den Beitragsstaatsvertrag. Keiner der Verträge ist bisher unterschrieben worden und keiner von beiden liegt uns aktuell als Landtagsinformationsvorlage vor. Deshalb ist es für uns als Abgeordnete ein wenig ein Blick in die Glaskugel, was uns erwartet und zu welchem Vertragstext wir uns verhalten können. 

Aber der bisher bekannte Entwurf des Reformstaatsvertrags soll an dieser Stelle die eine oder andere Würdigung erfahren. Ich will mit den positiven Dingen beginnen. Der Vertrag sieht eine Zusammenlegung von bestimmten Spartenangeboten vor, die wir als Linke durchaus begrüßen können; denn niemand hat einen Mehrwert davon, wenn zwei oder sogar drei Nachrichtenkanäle parallel beim Öffentlich-Rechtlichen laufen. Das kostet nur sinnlos Geld und für die Nutzerinnen und Nutzer ist kein Mehrwert zu erkennen. 

Die Verschlankung der Radiolandschaft ist in weiten Teilen, zumindest so wie sie jetzt vorgeschlagen wird, ebenso nachvollziehbar, und zwar genauso wie die Deckelung der Sportrechte. Doppelstrukturen, meine Damen und Herren - darin sind wir uns mehrheitlich einig - sollen perspektivisch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Vergangenheit angehören. 

Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass angedacht ist, die Aufsichtsgremien beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk deutlich zu stärken. Dazu will ich klar sagen: Es gab zu viele Skandale und es sind zu viele finanzielle Anstöße passiert. Der RBB steht mit seinen Skandalen wahrscheinlich symbolträchtig dafür, dass man künftig deutlicher hinschauen muss und die Aufsichtsräte, die Rundfunkräte und die Verwaltungsräte dafür deutlich mehr Kompetenzen bekommen müssen. Das alles ist im neuen Staatsvertrag angedacht. Das sind die positiven Dinge, die ich als solche erwähnen möchte. 

Nun will ich aber auch klar sagen, was aus der Sicht meiner Fraktion nicht geht, nämlich die Axt an den Wesensmerkmalen eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks anzusetzen. Die Linke sagt deshalb klar nein zu Streichungen und Kürzungen im Bildungs-, Informations- und Kulturbereich beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. 

(Beifall bei der Linken)

Die öffentlich-rechtlichen Nachrichten, die Kultursendungen und die Bildungsangebote - ich will ausdrücklich sagen, die Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche - sind nun einmal das Kerngeschäft eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks. An dieser Stelle darf aus unserer Sicht nicht gekürzt werden, sondern sie müssen eigentlich sogar eher ausgebaut werden. 

(Beifall bei der Linken)

Gerade bei Kindern und Jugendlichen sehen wir an dieser Stelle einen enormen Bedarf und mit Verlaub, wenn man hört, dass zwischendurch sogar die Idee aufkam, den KiKA abzuschalten, fehlen mir echt die Worte. 

(Beifall bei der Linken - Eva von Angern, Die Linke: Ja, das ist so!)

Noch ist das wohl noch nicht endgültig entschieden. Wir wissen nicht, was endgültig im Vertragstext stehen wird und was die Ministerpräsidenten unterzeichnen. Aber die Abschaltung eines linearen Kinderangebots im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird mit uns als Linke nie zu machen sein. 

(Beifall bei der Linken)

Ich will klar sagen: Neben den inhaltlichen Angeboten sollten hierbei für uns auch standortpolitische Fragen eine Rolle spielen. Der KiKA ist nämlich eines von ganz wenigen Gemeinschaftsangeboten von ARD und ZDF, das seinen Sitz im Osten hat, und zwar nicht nur im Osten, sondern in Erfurt und damit in Mitteldeutschland. Schon deshalb sollten wir ohne Wenn und Aber zu dieser Institution stehen.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

Ein weiterer Kritikpunkt, den ich nicht ungenannt lassen möchte - Herr Kurze hat das übrigens positiv beschrieben, ich bringe dazu jetzt die konträre Meinung -, ist eine deutliche Gängelung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei seinen Internetangeboten. Nachrichten in Textform sollen künftig deutlich zurückgefahren werden. Dies hat natürlich die logische Konsequenz, dass sich das Informationsangebot für Länder, die unter Medienarmut leiden, verschlechtern wird. 

Ich kann mir vorstellen, dass die Textberichterstattung in Sachsen-Anhalt dann künftig einzig und allein einem Verlag unterliegt, nämlich dem Bauer-Verlag; denn eine andere Medienlandschaft haben wir mit Blick auf Textangebote nicht, wenn man den Videotext beim MDR abzieht, der nun wirklich ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert bzw. Jahrtausend ist. 

(Zustimmung bei der Linken - Eva von Angern, Die Linke: Ja! - Guido Kosmehl, FDP: Der muss erhalten bleiben!) 

Aber Meinungsmonopole im Nachrichtenbereich können nie gut sein. Sie können nie gut für die Informationsvielfalt, für die Informationsfreiheit und auch nicht für die Versorgung mit Nachrichten unserer Bevölkerung sein.

Ein weiterer Punkt: Es schadet der Barrierefreiheit. Darauf will ich an der Stelle hinweisen. 

(Beifall bei der Linken - Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

Wir haben taube oder taubstumme Menschen, die zwingend auf Textnachrichten angewiesen sind. 

(Beifall bei der Linken)

Auch sie zahlen den Rundfunkbeitrag. Deshalb müssen wir diese Leute einfach auch zukünftig bedienen. 

Deswegen ist es nicht so einfach zu sagen: Wir setzen jetzt nur noch auf Audio und Video, und diejenigen, die das nicht konsumieren können, interessieren uns an der Stelle nicht. 

(Zuruf von Markus Kurze, CDU - Eva von Angern, Die Linke: UN-Behindertenrechtskonvention!)

Unter dem Strich bleibt für uns also abzuwarten, wie sich die Ministerpräsidenten im Endeffekt zu dem Staatsvertrag verhalten und worauf sie sich verständigen werden. Dann werden wir uns zu dem Text des Reformstaatsvertrages endgültig äußern können. 

Es gibt aber noch den zweiten Staatsvertrag, nämlich den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. Dass sich die Reformen, die bei den Öffentlich-Rechtlichen angedacht sind, bereits jetzt beitragsrelevant niederschlagen, ist wohl reine Utopie. Denn dafür kommt dieser Staatsvertrag eindeutig viel zu spät. 

Aktuell wird oder wurde - Herr Robra sagte gerade, es sei vom Tisch; in der Debatte ist es aber offenbar noch Bestandteil, sonst hätte die CDU dazu keine Aktuelle Debatte beantragt - über eine Indexierung des Rundfunkbeitrags verhandelt. Die CDU-Fraktion spricht sich in ihrem Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Debatte - so ist in der Begründung zu lesen - klar dagegen aus. Warum eigentlich? Wenn man einmal betrachtet, wie es in der Vergangenheit gelaufen ist, dann stellt man fest, dass dieses Verfahren doch eigentlich dem bisherigen Agieren der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt entspricht. Zur Erinnerung: Der zuletzt vorgelegte Rundfunkbeitragsstaatsvertrag wurde vom Ministerpräsidenten Herrn Haseloff erst in den Landtag eingebracht und dann wieder zurückgezogen. Damit konnte der Landtag über diesen Staatsvertrag gar nicht mehr befinden. 

Das Szenario, was Sie, Herr Kurze, hier gerade beschrieben haben, dass die Landtage dann gar nicht mehr darüber entscheiden können, hat Ihr Ministerpräsident beim letzten Mal mit Absicht herbeigeführt. Wir waren im Endeffekt völlig heraus aus der Debatte.

(Eva von Angern, Die Linke: Ja! Wir erinnern uns!)

Das Ergebnis ist übrigens bekannt: Die Anstalten haben geklagt und es kam dann quasi die Indexierung durch das Bundesverfassungsgericht. Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt: Der Beitrag wird trotzdem steigen. Aber wir als Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben das Verfahren vorher aus der Hand gegeben. Wir hatten gar keinen Staatsvertrag mehr vorliegen. Im Prinzip kann man sich nicht über etwas beschweren, das man in der Vergangenheit bewusst herbeigeführt hat und in der Zukunft auch so sein soll. - Das ist ein krasser Widerspruch, Herr Kurze. Sie haben ihn hier deutlich zu erkennen gegeben.

(Beifall bei der Linken)

Außerdem will ich sagen: Indexierungen sind in anderen Bereichen durchaus auch gewollt. Ich kann keinem Menschen draußen erklären, warum ich eine Indexlösung bei den Abgeordnetendiäten durchaus sinnvoll finde und möglichst darauf achte, dass das geräuschlos, ohne Debatte, durch die Landtage bzw. gar nicht mehr durch die Landtage geht, sondern einfach festgelegt wird. In dem Fall ist der Index offenbar völlig in Ordnung. Aber wenn es darum geht, dass Dritte und nicht wir selbst betroffen sind und von einer Indexlösung profitieren sollen oder derartiges impliziert wird, dann sind wir auf einmal dagegen. Insofern muss man mir schon einmal erklären, warum man es auf der einen Seite völlig in Ordnung findet und unbedingt so halten will und es auf der anderen Seite wirklich als Teufelszeug bezeichnet. 

(Beifall bei der Linken)

Das passt an der Stelle einfach nicht zusammen und ist in bestimmten Punkten wirklich unehrlich. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die nächsten Wochen werden wohl darüber entscheiden, wohin sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk entwickelt. Gestern ist bekannt geworden, dass die Anstalten Verfassungsbeschwerde einlegen. - Herr Robra, Sie haben das kritisiert. Ich sage: Es ist erst einmal deren gutes Recht. 

(Eva von Angern, Die Linke: Ja!)

Vor Gericht sind doch hoffentlich weiterhin alle Menschen und auch die Anstalten gleich. Ich vertraue weiterhin dem Bundesverfassungsgericht, dass es hierzu eine Entscheidung treffen wird, wie sie in der Verfassung nun einmal vorgesehen ist. 

Wir wollen einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der nah an den Menschen ist, der informiert, der bildet, der uns alle kulturell bereichert, der gute journalistische Angebote unterbreitet, der ausfinanziert ist, der schlanke Strukturen aufweist und der von der Bevölkerung als Gewinn betrachtet wird. Wir wollen einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der parteipolitisch nicht instrumentalisiert werden kann, sondern unabhängig von aktuellen Landesregierungen ein qualitativ hochwertiges Angebot vorhält. Auch sind wir dafür, dass der Rundfunkbeitrag zukünftig unabhängig von der Kommission namens KEF festgelegt wird und nicht von der CDU-Fraktion. 

(Markus Kurze, CDU, lachend: Oh!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linken)