Karin Tschernich-Weiske (CDU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Soll man Kinder vor Gericht stellen? - Das fragte die „FAZ“ im Mai 2024, nachdem zwei Zwölf- und 13-Jährige im März 2023 eine Zwölfjährige töteten. Der Artikel zeigt das Dilemma auf, in welchem die Justiz und die Gesellschaft in einem solchen Fall stecken. Scheinen die Täter bereits mit zwölf Jahren eine Unrechtseinsicht und eigene Steuerungsfähigkeit zu haben, möchte der Staat Maßnahmen ergreifen können, um diese Kinder zu stoppen. 

Doch ist die absolute Strafmündigkeitsgrenze nach § 19 StGB noch zeitgemäß? Mit dieser Fragestellung beschäftigten wir uns Juristen der CDU-Fraktion schon einige Zeit lang. So haben wir dazu bereits im Dezember 2023 zwei Wissenschaftler befragt - einen Professor für Psychologie und einen Professor für Kriminalwissenschaften. Beide Wissenschaftler stellten klar, dass weder entwicklungspsychologische noch kriminologische Argumente für eine generelle Absenkung der Strafmündigkeitsgrenze sprechen. 

Der Psychologe führte aus, dass sich die Fähigkeit zur Unrechtseinsicht und die eigene Steuerungsfähigkeit von unter 14-Jährigen aus entwicklungspsychologischer Perspektive nicht geändert hätten. Wenn man die Strafmündigkeit auf zwölf Jahre absenken würde, dann müsste jeder einzelne Täter auf das Vorhandensein dieser Fähigkeit begutachtet werden. 

Der Kriminalwissenschaftler meinte, dass die generelle Absenkung des Strafmündigkeitsalters in Großbritannien die Probleme bei der Kriminalität von Kindern sogar verschärft habe. Beide Wissenschaftler waren sich einig, dass eine generelle Absenkung des Strafmündigkeitsalters auf weniger als 14 Jahre nicht vorteilhaft sei. Sehr wohl aber seien pädagogische und psychologische Maßnahmen bei diesen Tätern angezeigt.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

So begruben wir die Idee eines Antrags zu einer Bundesratsinitiative mit dem Ziel der Absenkung der Strafmündigkeitsgrenze. Nun diskutieren wir heute über einen Antrag mit dem Ziel einer bedingten Strafmündigkeit ab dem zwölften Lebensjahr nach Feststellung des Reifegrades und der Einsichtsfähigkeit durch einen Jugendrichter. Es piekt schon ein bisschen, dass die Idee der Überprüfung jedes einzelnen Täters und damit der bedingten Strafmündigkeit von der Fraktion kommt, die nicht für Demokratiefreundlichkeit bekannt ist.

(Oliver Kirchner, AfD: Wirklich?)

Dennoch müssen wir etwas tun. Wir dürfen nicht zulassen, dass Zwölfjährige töten, weil sie genau wissen, dass sie strafrechtlich nicht belangt werden können.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und bei der FDP)

Wir dürfen nicht zulassen, dass 13-Jährige von einem Bandennetzwerk zum Stehlen geschickt werden.

(Zustimmung von Thomas Krüger, CDU - Zuruf: Genau!)

Deshalb wollen wir über die Idee einer bedingten Strafmündigkeit im Rechtsausschuss diskutieren und Experten dazu befragen, auch bezüglich der Maßnahmen, die dann ergriffen werden können. Denn es gibt mehr, als Freiheitsstrafen zu verhängen.

Ich bitte daher um eine Überweisung des Antrags in den Rechtsausschuss und zur Mitberatung in den Sozialausschuss. Vielleicht kann man dann über den anderen Antrag noch abstimmen. Eine Befassung im Innenausschuss halten wir nicht für erforderlich. - Danke.