Tagesordnungspunkt 4
Aktuelle Debatte
Die Zukunft gestalten: Sachsen-Anhalt als verlässlicher Partner der Wirtschaft
Antrag Fraktion FDP - Drs. 8/4811
Für die einreichende Fraktion hat jetzt der Abg. Herr Silbersack das Wort.
Andreas Silbersack (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen-Anhalt wird oft unterschätzt. Es lebt sich gut und günstig hier, günstiger als anderswo in Deutschland. Unsere Wohnkosten sind die niedrigsten im Land. Ein repräsentativer Warenkorb kostet hierzulande rund 7 % weniger als im Bundesdurchschnitt. Das bedeutet, dass Sachsen-Anhalt einen Standortvorteil für die Menschen im Land hat. Sie haben weniger Kosten als in teuren Städten wie Hamburg oder München. Wissen Sie, was das bedeutet? - Dass die Menschen in Sachsen-Anhalt am Monatsende oft mehr Geld in der Tasche haben als anderswo.
In Sachsen-Anhalt lebt es sich günstiger und besser. Jahr für Jahr wächst das verfügbare Einkommen, schneller als im Rest der Republik, nämlich um 3,2 %, während es im Durchschnitt nur 2,6 % wächst. Wir schließen die Lücke, die vorhanden ist, sowohl was das Vermögen als auch was die Verdienste betrifft, und zwar mit Tempo, nicht langsam. Das ist auch ein Verdienst dieser Regierungskoalition.
Immer mehr Menschen erzielen hier Einkommen, die mit denen in anderen Regionen vergleichbar sind. Sachsen-Anhalt ist längst nicht mehr das Land der niedrigen Löhne, sondern das Land der Chancen.
(Ulrich Siegmund, AfD: Der Frühaufsteher!)
Trotz dieser Erfolge stehen wir vor einer wirtschaftlichen Herausforderung. Die aktuellen Prognosen für das Jahr 2024 zeigen eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung um 0,2 % und nur ein minimales Wachstum im Jahr 2025. Die Gründe dafür sind vielfältig. Verbraucher sind zurückhaltend, die Exporte stagnieren, die Industrie bleibt ein Sorgenkind. Es geht auch um den Industriestandort Deutschland und Sachsen-Anhalt.
Günstige Energie und stabile Absatzmärkte sind keine Selbstverständlichkeit mehr. Wer sich einmal mit mittelständischen Unternehmen unterhält, egal ob aus der Baubranche oder dem Maschinenbau, der stellt fest, dass es immer weniger oder gar keine Aufträge gibt. Die Fachkräfte fallen weg und die Kosten steigen, natürlich auch im Bereich der Sozialversicherungsbeiträge.
All das sind Rahmenbedingungen, die für die Unternehmen im Land Sachsen-Anhalt extrem herausfordernd sind. Deshalb ist es unsere Aufgabe als Politik, klare Signale, klare Rahmenbedingungen zu setzen. Diese klaren Rahmenbedingungen wollen wir auch mit der Koalition in Sachsen-Anhalt durchziehen, wie wir das in den letzten Jahren schon gemacht haben.
Wo stehen wir im Bund? Der Versuch der FDP, wirtschaftsfreundliche Reformen im Bund durchzusetzen und die Blockaden zu lösen, wurde von unseren Partnern in der Ampel nicht mitgetragen.
(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Er führte am Ende zum Rauswurf aus der Ampel. Jetzt haben wir den Salat: eine handlungsunfähige Bundesregierung, die wichtige Reformen verschleppt hat und damit die wirtschaftlichen Herausforderungen weiter verschärft.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist Realsatire!)
Während Berlin keine politischen Mehrheiten mehr hat, steht die FDP hier in Sachsen-Anhalt, gemeinsam in dieser Koalition, für das, was wirklich zählt: eine pragmatische, lösungsorientierte Politik, frei von ideologischen Scheuklappen.
Wir wissen, unsere Unternehmen brauchen keine Debatten, sie brauchen Unterstützung. Es geht um Perspektiven und um weniger Bürokratie. Die Freien Demokraten sind der verlässliche Partner in der Deutschland-Koalition,
(Florian Schröder, AfD, lacht)
der die Weichen für eine zukunftsfähige Wirtschaft in Sachsen-Anhalt stellt,
(Zustimmung bei der FDP)
auch dann, wenn es unbequem wird.
(Lachen bei der AfD - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Denn eines ist klar: Sachsen-Anhalt hat das Potenzial, in schwierigen Zeiten Stabilität zu garantieren und neues zusätzliches Wachstum zu generieren. Wir werden alles daransetzen, dass dieses Potenzial in dieser Koalition genutzt wird, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der FDP)
Wenn wir einen Blick nach Brüssel wagen CDU zum Lieferkettengesetz , sehen wir die nächste Herausforderung für die Wirtschaft, die weder mit Realität zu tun hat, noch der Wirtschaft zumutbar ist. Ohne Wirtschaft gibt es keine Steuereinnahmen.
(Zustimmung bei der FDP, von Guido Heuer, CDU, und Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)
Wir können nur das Geld ausgeben, das wir tatsächlich einnehmen. Wir können nicht dauerhaft auf Staatskosten denken: Na ja, die Wirtschaft wird schon ihr Ding machen. Das wird sie eben nicht. Wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass man durch eine Entwicklung in Richtung Planwirtschaft im Bund im Grunde genommen nicht mehr wusste, in welche Richtung es eigentlich geht.
(Zustimmung bei der FDP)
Wir brauchen hier Freiheit. Die wirtschaftlichen Entscheidungen müssen durch die Wirtschaft getroffen werden, nicht durch die Politik. Wenn die Politik durch Fehlanreize im Bereich des Klimas die Wirtschaft so herausfordert, dass die Wirtschaft nicht mehr zurande kommt, dann passiert eben das, was gerade passiert: BASF oder andere Unternehmen verlassen den Standort Deutschland. Das können wir uns nicht dauerhaft leisten und das wollen wir als Liberale und hier in der Koalition definitiv nicht, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der FDP)
Wir brauchen weniger Bürokratie. Wir brauchen mehr Vernunft. Wir müssen vernunftgeleitete Politik machen, so wie es diese Koalition in den letzten Jahren gemacht hat. Ein Beispiel ist die Ansiedlungspolitik. Kaum ein anderes Bundesland hat in den letzten Jahren tatsächlich eine so erfolgreiche Ansiedlungspolitik wie Sachsen-Anhalt hingelegt. Wenn ich mir allein den Standort Leuna anschaue: Seit 1990 wurden 9 Milliarden € investiert, mehr als 12 000 Arbeitsplätze geschaffen. Wenn ich mir das finnische Unternehmen UPM anschaue, das am Standort Leuna 1 Milliarde € investiert hat, das 200 Arbeitsplätze schafft, hochwertige Arbeitsplätze - ein Leuchtturmprojekt für Sachsen-Anhalt, und das mit Fördermitteln in Höhe von gerade einmal 20 Millionen € bei einer Investitionssumme von 1,1 Milliarden €.
(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)
Das ist ein Unternehmen, das auf Wirtschaft setzt und das nicht sagt: Wir brauchen ausschließlich Fördermittel.
Gleichzeitig gilt es natürlich auch, den Hightech-Park bei Magdeburg voranzubringen. Natürlich können wir orakeln und die Dinge schlechtreden. Wir wissen nicht, was Amerika bezogen auf das Thema Intel macht. Aber wir wissen auch nicht, ob dann, wenn Elon Musk tatsächlich Finanzminister wird bzw. derjenige, der die Fördermillionen streicht, in Amerika noch Fördermittel zur Verfügung gestellt werden. Dann könnten sich die Wirtschaftsparameter völlig anders darstellen, als wir es im Augenblick sehen. Möglicherweise wird Intel dann sagen, eine Ansiedlung in Sachsen-Anhalt könnte doch interessant sein. Wir werden sehen.
Auf jeden Fall können wir hier auf eine sehr erfolgreiche Ansiedlungspolitik setzen. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit Intel in dem Hightech-Park insgesamt die richtigen Entscheidungen treffen. Wir können jetzt nicht sagen: Na ja, wir stoppen einmal diesen Zug, diesen ICE, der im Volltempo unterwegs ist, und tun so, als wenn vorher nichts gewesen wäre. Dafür sind wir viel zu weit. Wir als Koalition stehen hinter dem Intel-Thema und dem Hightech-Park in Magdeburg, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der FDP)
Das, was wir als Nächstes brauchen, ist Entbürokratisierung. Das Wort Entbürokratisierung ist immer sehr schnell dahergesagt. Aber ich bin auch den Koalitionspartnern CDU und SPD dankbar dafür, dass wir das Thema des Normenkontrollrats auf den Weg bringen, dass wir endlich überprüfen, welche Regelungen erforderlich sind und welche nicht. Die Unternehmen in diesem Land ächzen unter diesen bürokratischen Hürden.
(Guido Heuer, CDU: Das ist wahr!)
Das ist den Menschen und den Unternehmen im Land nicht mehr zuzumuten, meine Damen und Herren. Natürlich kann man sagen, die Koalition steht seit drei Jahren und man müsste schneller sein. Aber wir sind dankbar dafür, dass wir jetzt die Dinge tatsächlich auf den Weg bringen. Dieser Normenkontrollrat ist ein ganz klarer Fingerzeig in die richtige Richtung. Wir sagen damit: Jetzt gehen wir dort ans Eingemachte, jetzt werden die Rahmenbedingungen für die Entbürokratisierung wesentlich besser.
(Zustimmung bei der FDP)
Das nächste Thema ist das Thema Fachkräfte. Bei dem Thema Fachkräfte muss man klipp und klar sagen: Das ist doch unsere Aufgabe als Regierungskoalition. Die Sozialministerin hat vorhin vom Kleeblatt gesprochen. Ich wünsche mir natürlich auch, dass das Welcome Center und die Tätigkeiten der IMG im Ausland so ineinandergreifen, dass die Fachkräfte, die wir tatsächlich benötigen, auch hier landen.
Es ist unsere Aufgabe, das Problem der Fachkräfte zu lösen. Wir sind das Bundesland, das am meisten unter der demografischen Entwicklung leidet. Wir sind das Bundesland, das im Verhältnis eigentlich den meisten Zuzug an Fachkräften und Arbeitskräften benötigt, wenn man das an der Bevölkerungszahl bemisst.
Was brauchen wir noch? - Wir brauchen bezahlbare Energie. Sachsen-Anhalt mit einem Anteil von 19 % energieintensiver Betriebe an der Gesamtindustrie ist stark auf eine stabile und bezahlbare Energieversorgung angewiesen. Diese Unternehmen, insbesondere in der Chemie-, Metall- und Papierindustrie, tragen maßgeblich zur regionalen Wertschöpfung und zum Arbeitsmarkt bei.
Die Energiepolitik in Deutschland braucht endlich einen Neustart. Wir müssen über alle Möglichkeiten diskutieren, auch über das Thema Kernenergie. Wir brauchen Technologieoffenheit. Wir als Deutschland, wir als Sachsen-Anhalt müssen wettbewerbsfähig sein. Egal um welchen Industriebetrieb und um welchen mittelständischen Betrieb es geht - wenn wir das Problem der Energie nicht lösen, werden wir die Unternehmen nicht in die Zukunft führen. Wenn wir diese Probleme nicht lösen wir sind fest gewillt, das zu tun , dann werden wir es das verspreche ich Ihnen schwer haben mit unserem Standort Deutschland insgesamt.
(Zustimmung bei der FDP)
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Technologieoffenheit ein wesentlicher Schritt dabei ist, pragmatische Lösungen zu suchen. Wir haben die Frage, wie wir an das Thema Energie herangehen, viel zu sehr ich sagte es vorhin schon ideologisch getriggert entwickelt. An dieser Stelle würde ich sagen, dass wir in Deutschland mehr in Richtung EU schauen sollten. Ein deutscher Sonderweg hilft uns nicht weiter. Wir sollten im Konzert der EU-Staaten gemeinsam nach Lösungen suchen, egal welche Energieform das ist, um tatsächlich auch gemeinsam nach vorn zu kommen. Das wird unsere Unternehmen stärken.
Ein weiteres Thema ist das Tariftreue- und Vergabegesetz. Es war sehr schön, dass wir als Koalition im Jahr 2023 damit begonnen haben, etwas auf den Weg zu bringen. Aber wir stellen doch fest, dass der Aufwand im Grunde genommen zu hoch ist. Wir haben einen Mehraufwand von 9,5 Stunden pro Vergabeverfahren aufgrund des Vergabegesetzes. Wir müssen also darüber nachdenken, was möglich ist.
Wir wollen diese Lösung aber in der Koalition finden. Wir haben auf der einen Seite die SPD, die natürlich die Rahmenbedingungen halten will, gerade was das Thema Tariftreue betrifft. Die CDU sagt, sie will das Gesetz ganz gern insgesamt abschaffen. Ich denke, als FDP, als Liberale können wir den Vorschlag machen: Wir können doch auf das zurückzugreifen, was wir in Coronazeiten schon hatten, ein Moratorium, also ein Aussetzen der Regelungen. Wir haben eine Krise, wir haben eine wirtschaftliche Krise, in der wir tatsächlich unterstützen müssen. Das müssen wir auf den Weg bringen. Vielleicht können wir uns als Koalition auf diesen liberalen Vorschlag verständigen und sagen: Lasst uns das gemeinsam aussetzen. Das kommt der CDU entgegen, das kommt der SPD entgegen und bringt uns insgesamt nach vorn, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der FDP)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Das war ein guter Schlusssatz.
Andreas Silbersack (FDP):
Ich bin davon überzeugt: Wenn wir diese Inhalte weiter vorantreiben, das Entbürokratisieren, den Normenkontrollrat oder das Vergabegesetz, und wenn wir das Thema Energie in den Griff bekommen, dann werden wir diese Deutschland-Koalition bis 2026 erfolgreich weiterführen und davon gehe ich aus weit darüber hinaus. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.