Guido Kosmehl (FDP):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Weil sich das heute schon den ganzen Tag so ein bisschen durchzieht, lassen Sie mich am Anfang auch noch einmal den Ball aufgreifen. Ich glaube, die Fragen der Migrationspolitik, aber auch die Fragen der Einwanderungspolitik sind etwas, das die jetzt aufgelöste Ampel-Regierung in Berlin als wesentliches Thema vorangetrieben hat, und zwar aus meiner Sicht in vielen, vielen Punkten sehr, sehr gut, auch in Bereichen, in denen es ohne die CDU gelungen ist, Dinge festzuschreiben, die die Menschen und Unternehmen seit vielen Jahren, Jahrzehnten eigentlich schon längst wussten, nämlich dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und dass man rechtzeitig gesetzliche Regelungen zur Fachkräftezuwanderung, zur Steuerung der legalen Zuwanderung hätte verabschieden können. Das war weder in der Groko noch unter Schwarz-Gelb mit der CDU/CSU möglich.
Ich bin ausdrücklich dankbar dafür, dass es in der Ampel gelungen ist, mehrere Gesetze auf den Weg zu bringen. Ich bin mir auch sicher, werte Kolleginnen und Kollegen, dass es unter einer sozialliberalen Regierung an der einen oder anderen Stelle gelungen wäre, sogar noch weitergehende Regelungen zu treffen, nämlich z. B. zu den Fragen der Rückführung und der Ausweisung der sicheren Herkunftsländer. Was hat sich die Ampel dazu nicht über Monate insbesondere mit dem grünen Teil der Ampel gestritten?
(Zustimmung von Konstantin Pott, FDP)
Letztlich müssen wir zur Kenntnis nehmen - das ist für mich ein positiver Fakt -, dass wir in dem Bereich der Migrationspolitik gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht haben, die in den nächsten Jahren auch ihre Wirkung zeigen werden.
Frau Ministerin, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben: Ich habe ein anderes Bild auf das von Ihnen so gelobte unter der Merkel-Regierung ausgehandelte deutsch-türkische Abkommen. Ich glaube, wir haben uns in die Abhängigkeit von einem Despoten, nämlich von Herrn Erdogan, begeben,
(Zustimmung bei der FDP, bei der Linken und bei der SPD - Eva von Angern, Die Linke: Ja! - Zuruf von der AfD)
dem wir mit Milliardenprogrammen geholfen haben, seine politische Strukturen zu stärken, die Opposition zu unterdrücken und fester im Sattel zu sitzen. Mit den Milliarden, die er nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus der EU bekommen hat, konnte er seinen Apparat sichern, der Flüchtlingen trotzdem nicht unbedingt immer zugutegekommen ist, auch nicht der Unterbringung; dafür war es ja eigentlich gedacht. Ich habe heute durchaus einen kritischen Blick auf dieses Abkommen, das wir damals geschlossen haben, und ich würde es ehrlich gesagt nicht wiederholen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die Kernaussage der AfD-Debatte eigentlich fehlgeht, weil wir in Deutschland, aber auch in der konkreten Umsetzung in Sachsen-Anhalt durchaus etwas wie eine Migrationswende eingeleitet haben. Wir haben klarere Regelungen auf Bundesebene. Wir haben aber auch klarere Regelungen zur Rückführung. Wir haben mittlerweile auch Regelungen gesetzlich verankert, nach denen bei Nichtmitwirkung am Asylverfahren oder eben bei einer Ablehnung auch Leistungskürzungen ermöglicht werden. All das führt dazu, dass ich davon ausgehe, dass in den nächsten Monaten und Jahren auch der Pull-Faktor, den wir durchaus zur Kenntnis nehmen mussten, vielleicht niedriger wird, sodass nicht mehr die große Zuwanderung nur wegen der eigentlich ohne Gegenleistung zu bekommenden Sozialunterstützung in Deutschland möglich ist.
Das alles haben wir geschafft, ohne das individuelle Recht auf Asyl zu schleifen. Es besteht in Deutschland weiterhin ein individuelles Recht auf Asyl.
(Zustimmung von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss auch so bleiben. Denn das ist ein Teil unserer Verfassung und unserer gemeinsamen Verantwortung. Dazu gehört auch, dass wir denjenigen, die aus Kriegsgebieten fliehen müssen, subsidiären Schutz gewähren müssen. Ihnen müssen wir auch Möglichkeiten geben, wenn sie hier im Schutzland sind, möglicherweise eine Ausbildung zu machen, Arbeit zu finden, in den Arbeitsmarkt zu integrieren, und, wenn der Schutzgrund ausläuft, legal zuzuwandern, den sogenannten Spurwechsel zu vollziehen. Es ist doch richtig, Leute, die sich hier integrieren wollen und das Integrieren schaffen, hier zu halten und ihnen nicht zu sagen: zurück.
(Zustimmung bei der FDP, von Dr. Heide Richter-Airijoki, SPD, und von Stefan Gebhardt, Die Linke - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
Deshalb ist es auch richtig - das war heute Morgen schon Thema während der Befragung -, dass wir die Bezahlkarte in Sachsen-Anhalt eingeführt haben.
(Zustimmung von Konstantin Pott, FDP)
Ich sage ausdrücklich: Die Hilfsleistungen und Transferleistungen für Menschen, die nach Deutschland, konkret nach Sachsen-Anhalt kommen, Schutz suchen oder Asyl beantragen, sind Hilfen für sie persönlich, damit sie hier ihr Leben gestalten können.
(Zustimmung von Konstantin Pott, FDP)
Diese Leistungen sind nicht dazu gedacht, in Größenordnungen von mehr als 50 % ins Ausland transferiert zu werden. Deshalb ist es richtig, eine Grenze einzuziehen, und die Bezahlkarte bietet eben die Möglichkeit, beides miteinander in Einklang zu bringen. Nur auf Sachprämien zu gehen, ist nicht unser Weg. Sondern natürlich müssen sie auch die Möglichkeit haben, mit Geld etwas zu kaufen und individuelle Entscheidungen zu treffen. Ich finde, die Bezahlkarte ist genau der richtige Weg. Ich bin gespannt darauf, im nächsten Jahr im Innenausschuss von den ersten Erfahrungen von der konkreten Anwendung in der Fläche zu hören. Dann werden wir auch feststellen, dass das eine gewisse Wirkung hat. Darüber hinaus gibt es eine Erhebung aus dem BMF, ich glaube, aus dem Frühjahr, bei der auch auf die Transferleistungen geguckt wurde. Vielleicht können wir einmal schauen, ob das dann auch weiter abgenommen hat.
Ich glaube, eine Unterstützung auch durch Geld in Form der Bezahlkarte ist wichtig für die Menschen, die hier sind. Wichtiger ist aber noch, ihnen die Chance zu geben, sich hier zu integrieren und in den Arbeitsmarkt einzusteigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde den Rest meiner Redezeit dazu verwenden, Ihnen noch einmal deutlich zu machen, dass die Migrationspolitik eines der wichtigsten Themen auch in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren sein wird. Ich will an der Stelle vielleicht - heute machen alle irgendwie so ein bisschen Wahlkampf - schon einmal in Richtung der Kollegen der CDU Folgendes signalisieren: Sie können, falls sich die Mehrheiten dafür ergeben, noch so viel in den Raum stellen, aber es wird Gesetze geben, die die Ampel beschlossen hat, die wir nicht werden zurückdrehen können; weil sie sich bewähren werden und weil es richtig ist, dass wir z. B. die Fachkräfteeinwanderung ermöglicht haben.
(Zustimmung bei der SPD)
Deshalb bleibt es bei dem sogenannten Vier-Türen-Modell, das wir Freie Demokraten vertreten. Asyl, Flucht, also Schutz, qualifizierte Zuwanderung sind die Türen, die nach innen aufgehen. Die Tür der konsequenten Bekämpfung der illegalen Zuwanderung durch Abschiebung und Rückführung geht nach außen auf. Die Zahlen für Sachsen-Anhalt sind verheißungsvoll, dass wir - Frau Ministerin, ausdrückliches Lob von mir - auch bei den Rückführungen und bei den Abschiebungen vorankommen. Wenn wir dieses Tempo beibehalten, dann können wir auch deutlich machen, dass diejenigen, die hierherkommen wollen, um ihr Glück zu finden, um sich hier zu integrieren, um hier mit uns gemeinsam etwas aufzubauen, herzlich willkommen sind. Diejenigen, die kein Bleiberecht haben oder dieses durch Straftaten missbrauchen, werden konsequent abgeschoben.
(Zustimmung bei der FDP)
Das ist die Zukunft, in der wir gemeinsam für Sachsen-Anhalt auch im Bereich der Migration arbeiten sollten.