Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Danke, dass Sie daran erinnern, dass ich nur acht Minuten habe. 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Einen herzlichen Glückwunsch - damit will ich gerne beginnen - an die regierungstragenden Fraktionen zu diesem Haushalt. Er wird das Land verändern, aber leider nicht zum Guten. 

(Zuruf von der CDU: Das sagen Sie!)

Natürlich ist auch uns GRÜNEN klar - das will ich vorausschicken  , dass das Steueraufkommen auch hier im Land Ausgabenmäßigung und Sparsamkeit verlangt. Aber ein Landeshaushalt muss dennoch eine klare Richtung vorgeben, inhaltlich und nicht nur so, wie es nach der ersten Durchsicht erscheint: Wir kürzen alle freiwilligen Leistungen, dann kriegen wir das Geld schon zusammen. 

Der Haushalt erreicht das Parlament deutlich zu spät. Die Mahnung des MP, die Beratung hier im Hohen Hause zu beschleunigen, kann da nur als Satire verstanden werden, 

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der Linken)

haben doch die eigenen Koalitionspartner den Haushaltsbeschluss für Februar als sehr ambitioniert dargestellt. Ich kann das total verstehen, bei dem, was wir hier auf dem Tisch haben. Denn etliche offene Fragen wurden von der Landesregierung einfach an das Parlament weitergereicht. Ich kann mich erinnern - ich sehe den Kollegen und ehemaligen Fraktionsvorsitzenden  , dass wir früher so einen Haushalt gar nicht erst angenommen haben. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Die Verantwortung für Inhalt und Verspätung dieses überaus schwierigen Entwurfs liegt eindeutig bei der Landesregierung. Lassen Sie mich in meiner kurzen Redezeit - der Präsident hat daran erinnert - einige markante Beispiele herausziehen. Der Landesverkehrswacht werden die Mittel abgedreht und dabei interessiert hier im Hohen Hause weder die Beschlusslage zur Vision Zero noch, dass dieser Passus auch im Koalitionsvertrag verankert ist, und das im Land mit den bundesweit meisten Verkehrstoten. Das ist unverantwortlich und bitter. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN, und von Stefan Gebhardt, Die Linke - Eva von Angern, Die Linke: Unfassbar!)

Innenstadtbelebung, Dachbegrünung, Quartiersmanagement - Dank Streichung der segensreichen Städtebauförderung in diesem Land bald alles Geschichte - und das in einem Bereich, wo die Menschen sehr unmittelbar und sehr direkt merken, dass Daseinsvorsorge funktioniert. 

Der Wegfall der kompletten Naturschutzprojektförderung von jetzt auf gleich ist eine Kampfansage an den Naturschutz, an die Zukunft unserer Menschen, an die Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen und an die Antragsteller, die auch Kommunalverwaltungen, Großschutzgebiete oder das Landesamt für Umweltschutz sind. 

Die Landesgelder für Infrastruktur - ich nenne exemplarisch das Beispiel rund um das Zukunftszentrum Deutsche Einheit in Halle - fehlen ebenso. Wir können doch nicht ernsthaft vom Bund erwarten, dass er ein 200-Millionen-€-Projekt einfach so für uns hinstellt - erfreulicherweise klappt das bisher, was der Bund versprochen hat  , und dann die Landesgelder für die Anbindung nicht bereitstellen. Ich weiß gar nicht, wie das gedacht ist. Ein wegweisender Bau und rund herum Schlamm und Wüste ohne Zuwegung, ist das der Plan? 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Wüst scheint mir auch der richtige Begriff für das Agieren im Bildungsbereich zu sein. Gerade weil wir einen Mangel an Lehrkräften und massig Ausfallstunden haben, brauchen die Schulen alle Lehrkräfte, die zum Bildungserfolg beitragen. Es wurden nicht nur zu wenige Assistenten und pädagogische Mitarbeitende gewonnen, sondern diese Personalausstattung wird zukünftig geplant schlechter werden. Der Unterricht und damit die Zukunft unserer Kinder und der Gesellschaft entschwindet. Die Dauerbaustelle Schulgesetz überrascht beständig mit schlechten Vorschlagsneuigkeiten aus dem Bildungsministerium zulasten der Bildung und Entwicklung. Große Klassen in riesigen Schulzentren ohne die beliebten und erfolgreichen Gemeinschaftsschulen, Frontalunterricht ohne Schulsozialarbeit und unterstützende Assistenz - das ist die Vision der CDU, die der Bildungsbereich im Haushalt ausstrahlt. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Und Schulen in freier Trägerschaft - Sie wissen, dass diese mir auch persönlich sehr am Herzen liegen -soll es, anders kann ich den Haushaltsplanentwurf nicht lesen, zukünftig wahrscheinlich gar nicht mehr geben. Das neue Finanzierungsmodell - ich weiß nicht, wer das wirklich verstanden und durchdrungen hat - wurde nicht mit den Zuständigen in den freien Schulen, mit den Trägern, mit dem Verband beraten oder abgestimmt Es sieht weiterhin eine Unterfinanzierung und Ungleichbehandlung gegenüber den staatlichen Schulen vor. 

Weiterhin: Die Frage eines tragfähigen Finanzierungsmodells - das ist wirklich bitter - steht nicht erst seit diesem Haushalt, nicht erst seit dieser Legislaturperiode im Raum. Es gibt Urteile. Es gab sehr viele Bemühungen in anderen Legislaturperioden. Das ist fahrlässig. Vor der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs hätte man zu einer Einigung kommen und diese dann transparent im Haushaltsplanentwurf abbilden müssen. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Alle Kinder in diesem Land sind gleich viel wert, egal an welcher Schule sie lernen. Es zeugt von Ignoranz und Missachtung, uns das hier vor die Füße zu kippen und zu sagen: Na ja, die freien Schulen klagen wieder, wir bekommen das irgendwann später hin. Vielleicht sollte man sich im Ministerium weniger damit beschäftigen, jungen Menschen und Lehrenden vorzuschreiben, wie sie Geschlechtsformen ausdrücken dürfen und wie nicht, sondern eher damit, wie ordentliche Gesetzgebung und Finanzplanung zu erfolgen haben.

(Kristin Heiß, Die Linke, lacht)

Weniger Ideologie, mehr fundierte Fach- und Sacharbeit - das ist unsere Forderung. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Kerstin Godenrath, CDU, lacht)

Bei der Gelegenheit: Wann kommt denn die Schulbauförderrichtlinie? - Darauf warten auch viele in diesem Land. Der Plan ist doch jetzt, die Klassengrößen zu verändern. Wie soll das denn im Schulbau abgebildet werden? Von der mangelnden Mittelbereitstellung will ich gar nicht reden. Neue Vorgaben zum Schulgesetz machen wollen, aber kein Geld für Schulbauförderung bereitstellen - das ist ganz großes Kino. 

Worüber es einem komplett die Sprache verschlägt: In diesem Land wird jetzt eine Personalpolitik betrieben, die so verheerend ist, dass die Polizei nicht nur vor einem Einstellungsstopp warnt, sondern sich Hilfe von uns GRÜNEN in der Opposition erhofft. War die CDU nicht einmal selbst ernannter Hüter der inneren Sicherheit? - Sie scheinen etwas aufgegeben zu haben, meine Herren. 

Neben den Beamtinnen und Beamten braucht es natürlich auch Tarifbeschäftigte und Verwaltungsbeamte, unter anderem als Spezialistinnen im Bereich Kriminaltechnik, IT, Biologie, Chemie. Die generelle Nachbesetzungssperre ist das unzweckmäßigste Mittel zur qualifizierten Personalkostenreduzierung, das ich mir überhaupt vorstellen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine Nachbesetzungssperre mit einer Dauer von 24 Monaten hätte ich mir selbst in diesem Hause - mit Verlaub, Herr Richter - nicht vorstellen können. Sachsen-Anhalt braucht doch ein vorausschauendes Personalmanagement. Wir müssen doch auch im Zuge einer Aufgabenkritik schauen, wo wir das Personal, das wir zur Verfügung haben, einsetzen. Wir sind ja bereit, über solche Fragen zu reden, aber das darf nicht über den Haushalt passieren. Wir brauchen strukturelle Entscheidungen und Planungen statt Strukturabbrüche nach Altersabgang und Kündigung in der Verwaltung.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Diese unspezifische Sparmaßnahme der 24-monatigen Nachbesetzungssperre bei Renteneintritt oder Kündigung wird sich negativ auf unser Land auswirken. Scheiden ein Spezialist oder eine Fachfrau aus dem Landesdienst aus, bleibt doch die Aufgabe bestehen. Wie soll denn eine Apothekenaufsicht ohne Apotheker erfolgen? Wie wollen wir Intel oder dem nächsten großen Fisch, wenn ich das einmal so salopp formulieren darf, eine Bearbeitung und Genehmigung innerhalb kürzester Zeit glaubwürdig versichern? Die Bürgerinnen und Bürger werden Anträge stellen und erst nach einem Jahr eine Antwort bekommen. Anders kann es mit so wenig Personal bzw. ohne Personal gar nicht gehen. Es kann doch wohl kein tragfähiges Konzept sein, Personalpolitik allein dem Finanzminister zu überlassen. 

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung von Thomas Lippmann, Die Linke)

Mangelndes Personal wird lediglich zu mehr Beraterverträgen führen, zu einem höheren Krankenstand und zu unmotivierten Mitarbeitenden. Aber zu Einsparungen wird es nicht kommen. 

Warum, verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Koalition, lassen Sie sich diese Königsdisziplin, das Königsrecht des Parlaments an dieser Stelle so aus der Hand nehmen?

Meine acht Minuten Redezeit sind zu Ende, Herr Präsident, ich weiß.

(Zustimmung von Felix Zietmann, AfD)

Insofern kann ich nur sagen: Der vorgelegte Gesetzentwurf der Landesregierung wird den Ansprüchen und den Notwendigkeiten des Landes nicht gerecht. Mit diesem Haushalt werden weder unsere natürlichen Lebensgrundlagen gesichert noch Armut bekämpft noch Bildungsgerechtigkeit geschaffen. Auch wird damit nicht die nachhaltige Transformation der Wirtschaft gestützt, die dringend notwendig ist. - Vielen Dank.