Nicole Anger (Die Linke): 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht der antragstellenden Fraktion für diese Aktuelle Debatte immer wieder nur darum, nach unten zu treten und die Schwächsten der Gesellschaft verantwortlich zu machen für Dinge, für die sie nichts können und unter denen diese auch am meisten leiden müssen. 

(Beifall bei der Linken)

Aus der Bubble der privat versicherten Abgeordneten der rechtsextremen Fraktion sind diese ja schließlich auch schuld an den Kostensteigerungen. Wenn man die Kostensteigerungen anprangern will, was man dringend im Sinne der Normal-, Gering- und Wenigverdienenden tun muss, weil die Kosten unsolidarisch verteilt sind, dann aber im Titel der Aktuellen Debatte auch noch suggeriert, man würde tatsächlich die Ursachen benennen, 

(Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)

und dann so ein wichtiges Thema wieder für seine Hetze hier im Parlament nutzt, dann ist das nur einmal mehr menschenverachtend.

(Beifall bei der Linken)

Es zeigt die fehlende Kompetenz, aber vor allen Dingen auch das fehlende Interesse, hier ehrlich über die Ursachen zu reden. Das ist uns allerdings aber auch nicht neu bei der rechtsextremen Fraktion; 

(Christian Hecht, AfD: Demokratische!)

denn eine Änderung des Systems zum Besseren für die Menschen wäre ja schließlich auch nicht in deren Interesse, denn dann fehlte es ja an der Grundlage für deren Agieren. 

Meine Damen und Herren! Der Zugang zu einer umfassenden Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht. Doch dieses Recht ist in Deutschland zunehmend gefährdet. Die Bundesregierung unter Gesundheitsminister Lauterbach versucht, mit komplizierten Gesetzesvorhaben Symptome des kranken Systems zu bekämpfen, ohne die Ursachen anzugehen. Auch im Land selbst haben wir gesundheitspolitisch viele Baustellen. Das machen meine Fraktion und ich auch immer wieder deutlich. Das Gesundheitssystem leidet unter einer systemischen Krise, einer Multiorganstörung, wenn man so will, die sich nur durch eine umfassende Reform heilen lässt. 

Das heißt, dass auch die Pflegeversicherung reformbedürftig ist. Seit ihrer Einführung gewährt sie lediglich Zuschüsse zu den Pflegekosten, sodass viele pflegebedürftige Menschen auf eigenes Einkommen, die Unterstützung von Angehörigen oder auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Die Pflegeversicherung ist jedoch teuer, weil sich Vermögende aus der Verantwortung stehlen und Besserverdienende bevorteilt werden. Nötig ist eine solidarische Pflegevollversicherung, in die alle ohne Beitragsbemessungsgrenze einzahlen; bei sehr hohen Einkommen, auch aus Kapitalerträgen, müssen angemessene Beiträge geleistet werden. So nämlich könnte die Mehrheit entlastet werden, die Pflegeversorgung deutlich verbessert werden.

Die steigenden Eigenanteile und Beiträge zur Pflegeversicherung machen Pflege zu einem unvorhersehbaren Kostenfaktor, zu einem Risiko für Menschen und für viele zu einer Armutsfalle im Alter. Pflegekonzerne hingegen erzielen hohe Renditen aus den Beiträgen der Versicherten.

Die Bundesregierung, meine Damen und Herren, verweigert seit Jahren eine nachhaltige Finanzierungslösung für die Pflegeversicherung, um weiterhin Besserverdienende und Vermögende zu schonen. Da Lauterbach nichts an der Logik der Finanzierung ändert, bleiben ihm regelmäßig nur Beitragserhöhungen. Das ist nicht nur kurzsichtig, es belastet vor allen Dingen die Menschen.

(Zustimmung bei der Linken)

Eine Revolution der Pflegeversicherung ist unumgänglich. Denn Pflegebedürftige und ihre Angehörigen brauchen nicht nur eine finanzielle Entlastung, sondern vor allen Dingen endlich bessere Leistungen. Das ideologische Festhalten an dem Status Quo hingegen, ist mit rationalen Argumenten nicht mehr zu erklären.

Meine Damen und Herren! Die Politik der letzten Jahrzehnte hat große Teile des Gesundheitssystems den Prinzipien von Markt und Profit unterworfen. Krankenhäuser wurden privatisiert und auf Gewinnmaximierung ausgerichtet. Finanzinvestoren dringen in den Bereich der ambulanten Versorgung vor, kaufen Arzt- und Zahnarztsitze auf, gründen medizinische Zentren, die sich häufig auf besonders lukrative Behandlungen spezialisieren und den allgemeinen Versorgungsauftrag vernachlässigen.

Auch Pflegeheime werden von privaten Investoren als Renditeobjekte betrieben. Dies führt zu einem Mangel an Mitteln in der Pflege, während Gelder in andere Bereiche abfließen. Es wird sogar noch bejubelt, wenn sich Träger von Pflegeheimen als Hauptsponsor des Fußballs generieren. Doch das Geld fehlt der Pflege und damit vor allen Dingen den zu Pflegenden.

Meine Damen und Herren! Wie wir gehört haben, bietet die rechtsextreme Fraktion wie erwartet keine Lösungsvorschläge, um das Gesundheitssystem zu retten oder die Pflege für alle zugänglich und bezahlbar zu machen.

(Zurufe von der AfD: Doch, fünf Stück! - Sie von der Linksfraktion müssen auch einmal zuhören!)

Hört man zu, schaut man in die Wahlprogramme, findet man keine Ideen zur Verbesserung der Versorgung.

(Florian Schröder, AfD: Aber bei Ihnen, ja!)

Im Gegenteil, diese Fraktion will, dass die Familie den Staat als Sicherungsträger in vielen Teilen ersetzt; sprich: Hast du einen Pflegebedarf, sollen sich deine Angehörigen kümmern oder umgekehrt, hast du keine Angehörigen, hast du einfach Pech. Welche Belastungen das mit sich bringen kann, wird deutlich verschwiegen.

Dafür wird hingegen gefordert, dass die Pflege zu Hause in der gleichen Qualität wie in den Pflegeeinrichtungen zu leisten ist. In dem Zusammenhang wird die Freiheit suggeriert, nach der jeder das Recht habe, für sich selbst zu sorgen. In der Realität verbirgt sich dahinter aber nur die Freiheit der Wohlhabenden und Reichen; für alle anderen bedeutet es nichts weniger als die Zerschlagung von wichtigen sozialstaatlichen Strukturen. Die AfD ist mitnichten eine Partei, die sich sozial sorgt.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Meine Partei hingegen will die Finanzierung des Gesundheitssystems auf eine breite und solidarische Basis stellen. Wir fordern eine Gesundheits- und Pflegeversicherung, in die alle Menschen, auch Beamte, auch Selbstständige, auch Abgeordnete entsprechend ihrem Einkommen einzahlen.

(Zustimmung bei der Linken)

Die private Krankenversicherung soll abgeschafft und in die gesetzliche Krankenversicherung überführt werden.

(Lothar Waehler, AfD: Das soll abgeschafft werden; das reden die so!)

Eine solidarische Gesundheitsversicherung ohne Beitragsbemessungsgrenze würde die Beiträge für niedrige und mittlere Einkommen senken und zugleich die Leistungen verbessern.

(Lothar Waehler, AfD: Kommunisten! Das sind die wahren Faschisten! Bestes Beispiel!)

Zuzahlungen für notwendige Medikamente, Hilfsmittel, Krankenhausaufenthalte, Physiotherapien sollen abgeschafft werden, um den Zugang zur Gesundheitsversorgung unabhängig vom Einkommen zu gestalten.

Die Linke hat mit der solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung ein Konzept vorgelegt, mit dem nicht nur die Beiträge für monatliche Einkommen bis zu einer Höhe von etwa 6 000 € sinken würden, sondern gleichzeitig die Leistungen ausgeweitet werden können. Das bestehende System der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung hat bisher nur zu Ungerechtigkeiten geführt.

(Zustimmung bei der Linken - Lothar Waehler, AfD: Überhaupt nicht, vollkommener Quatsch!)

Wenn man noch weiter in die Taschen der Menschen der mittleren und unteren Einkommensklassen greift, wird dieses System kollabieren. Auch der geplante Griff in die Tasche der gesetzlich versicherten Menschen, um die Krankenhausreform zu bezahlen, ist einfach nur noch schamlos.

Statt mit dem Bundesfinanzminister in die entsprechenden Verhandlungen zu gehen, will der Bundesgesundheitsminister lieber die Beitragszahler*innen zur Kasse bitten.

(Lothar Waehler, AfD: Innen! - Ulrich Siegmund, AfD: Außen nicht?)

Alternativ kommt es zu weiteren Kürzungen der Leistungen.

Meine Damen und Herren! Wir treten für ein Gesundheitssystem ein, das hohe Qualität und Menschlichkeit verbindet.

(Lachen bei der AfD)

Zwischen den Interessen von Profit- und Kosteneinsparungen werden nämlich die Bedürfnisse der Patient*innen oft ignoriert. Durch die Kommerzialisierung der Gesundheitsversorgung hat der Wettbewerb den finanziellen Druck auf alle Beteiligten erhöht, sodass der Gewinn häufig über dem Wohl der Patientinnen steht. - Genau das wollen wir ändern.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)

Die Linke will den Wettbewerb im Gesundheitswesen reduzieren und die Versorgungsfunktion wieder in den Mittelpunkt rücken. Eine gute und umfassende Gesundheitsversorgung erfordert eine solide und gerechte Finanzierung. Unser Konzept der solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung, einer Bürgerversicherung für alle ohne Ausnahme, stellt sicher, dass alle Menschen entsprechend ihrer Möglichkeiten an der Finanzierung beteiligt werden.

Die Zweiteilung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung wird aufgehoben und alle Einkommensarten, nicht nur Löhne und Gehälter, sondern auch Kapitalerträge sollen in die Finanzierung fließen. Das Ziel ist es, die Zweiklassenmedizin in Deutschland zu überwinden.

(Zustimmung bei der Linken)

Meine Damen und Herren! Niemand, aber auch niemand soll aus finanziellen Gründen auf notwendige medizinische Leistungen, wie Zahnersatz, Brille oder Hörgerät, verzichten müssen. Gesundheit und Pflege dürfen nicht länger eine Frage des Einkommens sein. So sieht eine Solidargemeinschaft aus. - Vielen Dank.