Nicole Anger (Die Linke): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese Änderung ist keine Verbesserung. Sie ist eine Mogelpackung. Fangen wir einmal mit einem vermeintlich positiven Punkt an. Augenscheinlich dürfen sich die Familien jetzt freuen, dass der kruden Debatte um die Veränderung der Geschwisterermäßigung nun nicht gefolgt werden soll. Aber für den Punkt Hort wird das Prinzip der Freiwilligkeit des Besuches außer Kraft gesetzt und auch eine Unterstützung der zunehmenden Selbstständigkeit der Hortkinder wird damit reduziert, gar gefährdet. Denn wer in den Hort geht, der erlebt einen Entwicklungsprozess und es schleicht sich, wie die Pädagog*innen in den Kitas oder im Hort sagen, am Ende aus. Die Kinder sind nicht mehr jeden Tag im Hort und auch nicht mehr drei Tage im Hort. Gewollt ist aber, dass die Kinder mindestens vier Stunden an mindestens drei Tagen in der Woche in den Hort gehen. Das hat mit Selbstständigkeit nichts mehr zu tun. Das führt pädagogische Konzepte ad absurdum. Frühhort, meine Damen und Herren, funktioniert dann schon gar nicht mehr.

(Dr. Katja Pähle, SPD: Wieso? Sie sind doch da!)

- Zwei Stunden. Vier Stunden sind der Mindestanspruch. 

(Unruhe)

Kommen wir einmal zu den Sprachfachkräften, die in das KiföG überführt werden sollen. Die Ministerin betonte dabei vor allen Dingen auch in der Pressekonferenz, dass bei dem Personal nun von 150 auf 255 Vollzeitstellen aufgestockt werde. Das seien also 105 Stellen mehr. - Das ist falsch; es gibt sogar eine Stellenreduktion. Es gibt einen Abbau von zusätzlichem Personal in den Kitas und ich erkläre Ihnen das auch. 

(Anhaltende Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, darauf zu achten, dass der Geräuschpegel auf einem sehr niedrigen Level bleibt, damit man die Rednerin besser verstehen kann. 


Nicole Anger (Die Linke): 

Mit dem bisherigen KiFöG werden nach § 23 Abs. 1   100 Stellen und im folgenden Abs.1a weitere 50 Stellen ausgegeben. Das ergibt zusammen 150. Der Gesetzentwurf spricht von 255 Stellen - augenscheinlich ein Aufwuchs, aber lassen Sie sich nicht täuschen. Im Programm für Sprachfachkräfte sind momentan 236 halbe Stellen ausgewiesen, also 118 Vollzeitstellen. Die bisherigen 150 Stellen im KiFöG plus den 118 Sprachfachkräften ergeben zusammen 268 Stellen. Im KiFöG-Entwurf stehen aber nur 255. De facto gehen bei den Sprachfachkräften 13 Stellen verloren. 13 Sprachfachkräfte werden nicht in das neue KiFöG übernommen, meine Damen und Herren. Das ist die Täuschung an der Stelle. 

(Zustimmung bei der Linken)

Es handelt sich um eine eindeutige Reduktion des Personalbestands. Es ist unfassbar: 1 800 Einrichtungen im Land rufen nach mehr Personal und Sie bauen sogar noch Stellen ab.

(Zustimmung bei der Linken)

Der Hilferuf bleibt ungehört. Trotz sinkender Kinderzahlen, meine Damen und Herren, und erster Entlassungen von pädagogischen Fachkräften verweigert sich das Ministerium der Realität. Wir können es uns nicht erlauben, die Fachkräfte in der Kindertagesbetreuung gehen zu lassen. Wir müssen den Kreislauf der Belastung der Erzieher*innen durchbrechen, indem wir sie entlasten - und das jetzt. 

(Beifall bei der Linken)

Die Situation der sinkenden Kinderzahlen ist dafür eine Chance, die ergriffen werden sollte. Die Fachkräfte in den Kitas haben eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen verdient. Das Gleiche gilt für die Kinder, denen gleiche Chancen für gutes Aufwachsen gewährt werden müssen, egal wo sie aufwachsen. Das können nur ausreichend viele Fachkräfte in den Kitas tun. - Vielen Dank.