Andreas Henke (Die Linke):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Einführung einer optionalen Festsetzung differenzierender Hebesätze für die Grundsteuern A, B und C ist - anders als sonst bei Gesetzen üblich - kein Muss, kein Soll, sondern ausschließlich ein Kann. Insofern ist an dem Gesetzentwurf inhaltlich wenig Kritik festzumachen, vielmehr aber an seinem Anlass infolge der Grundsteuerreform des Bundes.
Die bei der Grundstücksneubewertung anvisierte Aufkommensneutralität im Gesamtertrag für die Grundsteuer hat leider nicht das Entstehen einer Unwucht zuungunsten von Wohngrundstücken verhindern können. So könnten unter Umständen tatsächlich Mieterinnen und Mieter in verdichteten, großen Wohngebieten stärkere finanzielle Belastungen über die Nebenkosten erfahren.
Über den Bund oder die Länder hätte eine stärkere Belastung von Wohngrundstücken vermieden werden können, wenn rechtzeitig der Weg über die Anpassung der Steuermesszahlen geführt hätte. Der Geltungsbeginn für die Umsetzung der Reform ab dem 1. Januar 2025 lässt dies allein aus zeitlichen Gründen nicht mehr zu. Für die Städte und Gemeinden heißt es nun, entweder alles beim Alten zu belassen, die Satzungen zur Festsetzung der Hebesätze nicht anzufassen, oder mit entsprechendem Aufwand eine Differenzierung vorzunehmen, die ggf. mit Blick auf neuerliche juristische Bewertungen und verfassungsrechtlichen Risiken bei einer Hebesatzprivilegierung zu Klagen von Steuerpflichtigen führen könnte. Wie dem auch sei: Eine mögliche Aufwandslast und Risiken werden damit auf die Kommunen verschoben.
Abgesehen davon gibt es nicht wenige Kommunalverwaltungen, die rein technisch gar nicht in der Lage sind, das umzusetzen, weil sie a) bis heute noch gar nicht 100 % der Datensätze aus den Finanzämtern übermittelt bekommen haben - meine Heimatstadt Halberstadt verfügt heute erst über 65 % der Datensätze aus dem Finanzamt - und weil b) ihre verwendete Steuersoftware mangels Schnittstellen nicht in der Lage ist, alle über Elster zur Verfügung gestellten Daten zu den unterschiedlichen neuen Grundstücksgruppen zu verarbeiten, um festzustellen, ob es sich bei dem bebauten Grundstück um eine gewerbliche, gemischte oder um eine Wohnnutzung handelt.
Natürlich können differenzierte Hebesätze in der Grundsteuer die Möglichkeit bieten, eine wirtschaftliche oder eine soziale Steuerung in der Wichtung für die Ziele der Gemeinden zu verfolgen. In der Praxis jedoch gibt es erhebliche Herausforderungen mit Blick auf die Steuergerechtigkeit, die Rechtssicherheit und auf den entsprechenden Aufwand, auch in der Verwaltung. Daher ist noch nicht absehbar, ob die laut Gesetz im Vorfeld vorgesehenen Mechanismen auch tatsächlich ein Steuerungspotenzial bieten; deshalb auch unsere Unterstützung für den vom Kollegen Meister in den Finanzausschuss eingebrachten Entschließungsantrag zur Evaluierung des Gesetzes nach zwei Jahren. Bis dahin macht, auch wenn Transparenz eine gewisse Nachvollziehbarkeit bietet, das Register wenig Sinn, weil die Gemeinden im Wesentlichen erst einmal alles beim Alten lassen werden.
(Zustimmung von Stefan Gebhardt, Die Linke)
Daher werden wir auch den Antrag der AfD ablehnen. - Vielen Dank.