Dr. Katja Pähle (SPD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Hohes Haus! Vorab will es ausdrücklich begrüßen, dass wir jetzt mit den Haushaltsberatungen beginnen können. Es war ein gutes Signal an das Parlament, dass die Landesregierung den von ihr selbst gesetzten Zeitrahmen noch einmal aufgeschnürt und dafür gesorgt hat, dass der Haushaltsplan rechtzeitig zur Oktobersitzung vorliegt.

Sicherlich wäre es besser und es würde der reinen Lehre entsprechen, wenn der neue Haushalt immer zum 1. Januar eines Jahres in Kraft treten würde. 

(Olaf Meister, GRÜNE: Das wäre schön!)

Aber dass die Aufstellung des Haushaltsentwurfes innerhalb der Landesregierung so viel Zeit in Anspruch genommen hat, liegt nicht an mangelnder Planung oder an fehlendem Willen, sondern es liegt daran, wie groß die politischen Aufgaben sind und mit ihnen auch die haushaltspolitischen Herausforderungen.

Die Größe dieser Aufgabe - das kann man jetzt schon sicher sagen - werden wir auch als Abgeordnete bei unseren Beratungen spüren. Deshalb werden wir über diesen Haushaltsentwurf zügig, aber auch gründlich beraten.

Im Landtag lässt sich die Verzögerung, die bei der Aufstellung des Plans entstanden ist, nicht aufholen, wenn wir den Bürgerinnen und Bürgern am Ende der Beratungen einen Haushalt präsentieren wollen, der allen Aufgaben des Landes gerecht wird. Das Ziel ist daher eine Verabschiedung im Plenum im Februar 2025. Bereits dieses Ziel ist ehrgeizig. 

Es ist deshalb - das will ich gleich zu Beginn meiner Rede herausstellen - auch bei diesem Haushalt von größter Bedeutung, dass die Übergangsphase zwischen dem Jahresende 2024 und dem Inkrafttreten des Doppelhaushaltes so gestaltet wird, dass alle auf Dauer angelegten Vorhaben und Projekte ohne Unterbrechung finanziert werden und keine Arbeitsplätze in Gefahr geraten.

Das Finanzministerium hat schon bei den beiden vorangegangenen Haushalten gezeigt, dass der Erlass über die vorläufige Haushaltsführung entsprechend ausgerichtet werden kann. Wir gehen davon aus, dass auch in diesem Jahr so gehandelt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass uns heute ein beratungsfähiger Haushalt vorliegt, wurde nur deshalb möglich, weil die Landesregierung über so manchen haushaltspolitischen Schatten gesprungen ist, und das ist gut so. Der vorliegende Haushaltsplan ist geprägt durch den Einsatz mehrerer flexibler Haushaltsinstrumente, die uns die notwendigen Spielräume erst ermöglichen. 

Eines dieser Instrumente ist die Fortführung des Corona-Sondervermögens, das wir weiterhin benötigen, um Investitionen zu bewältigen, die als Schlussfolgerung aus der Pandemie notwendig sind. Für die Umsetzung dieses Sondervermögens brauchen wir zudem die erneute Feststellung einer Haushaltsnotlage, weil es mit dem Investitionsvolumen aus dem regulären Haushalt nicht zu bewältigen ist. Es handelt sich ja um Maßnahmen, die sich erst durch die Pandemie gezeigt haben. Da dieser Beschluss noch in diesem Jahr gefasst werden muss, plädiere ich für die Überweisung des Notlagenantrages ausschließlich in den Finanzausschuss.

Zu den flexiblen Haushaltsinstrumenten gehört auch die kreditfinanzierte Ausstattung der Immobilien- und Planungsmanagementgesellschaft, IPS, durch die z. B. ein Vorhaben wie der Bau eines neuen Zentralgebäudes an der Uniklinik Magdeburg erst möglich gemacht wird. Das gilt analog auch für die High-Tech Park GmbH als Grundlage für Industrieansiedlungen im Umfeld der geplanten Intel-Investition. 

Aus der Sicht der SPD-Fraktion - auch das will ich nicht verschweigen - wäre es der konsequentere Weg, nicht nur mit solchen einzelnen Instrumenten zu arbeiten, sondern die Schuldenbremse grundlegend zu verändern, sodass sie Investitionen nicht mehr im Wege steht. Das gilt ganz besonders für den Bund, wo derzeit die Blockade unaufschiebbarer Zukunftsinvestitionen durch eine dogmatische Durchsetzung der Schuldenbremse droht. Ich bin mir allerdings sicher, dass es nach der Bundestagswahl die Chance für eine parteiübergreifende Verständigung über eine intelligente Reform geben wird, weil Deutschland sonst keine Zukunftsausgaben mehr leisten kann,

(Beifall bei der SPD) 

und zwar weder die Investitionen in den Umbau unserer Industrie- und Energieversorgung noch die überfällige Erneuerung von Straßen, Brücken, Schulen und sozialer Infrastruktur und schon gar nicht die notwendigen Verteidigungsaufgaben angesichts der Bedrohungen in und für Europa.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir werden uns jetzt natürlich alle Einzelpläne sehr gründlich ansehen. Eine erste Durchsicht zeigt uns, dass wichtige Aufgaben solide ausfinanziert sind, und darüber bin ich sehr froh. So sind z. B. die Ansätze für die Kinderförderung so ausgestaltet, dass die Beitragsermäßigung für Familien mit mehreren Kindern nach der geltenden Rechtslage auch über beide Haushaltsjahre fortgeführt werden kann, auch wenn die Mittel nach dem Kita-Qualitätsgesetz des Bundes nur noch für eine Übergangszeit bis Ende 2025 genutzt werden können. Diese Festlegung im Haushalt entspricht ganz unserer Verabredung im Koalitionsvertrag. Das ist einer der wesentlichen Gründe dafür - daran will ich erinnern  , dass wir uns als SPD an der Bildung dieser Landesregierung beteiligt haben. 

Dass der Haushaltsplanentwurf an dieser Stelle so klar ist, ist auch deshalb wichtig, weil das KiFöG noch vor Jahresende und damit vor Inkrafttreten des Haushaltes novelliert werden muss, weil sonst alle Ermäßigungen für Mehrkindfamilien zum 1. Januar 2025 entfallen würden. 

Ich will außerdem, um ein zweites Beispiel zu nennen, positiv hervorheben, dass im Bereich des Hochwasserschutzes trotz der engen Haushaltslage die geplanten Investitionen stattfinden können. 

(Zustimmung bei der SPD - Zustimmung von Kathrin Tarricone, FDP) 

Das ist ein klares Signal an die Bürgerinnen und Bürger, dass ihre Sicherheit für uns an erster Stelle steht. Das gilt auch für den Schutz vor neuen Gefahren durch den Klimawandel.

(Zustimmung bei der FDP) 

Es gibt aber im Haushaltsplanentwurf der Landesregierung auch auf den ersten Blick schon erhebliche Risiken, vor denen wir als Landtag nicht die Augen verschließen können. Ich nenne an erster Stelle aus meinem eigenen Arbeitsbereich, der Bildungspolitik, die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft. 

(Zustimmung bei der SPD) 

Zahlreiche Gerichtsurteile haben dem Bildungsministerium bestätigt, welche Grundlagen für die Berechnung der Personalkosten heranzuziehen sind. Der Landtag hat darauf mit einer Übergangsregelung zur Eingruppierung der Lehrkräfte an den Schulen in freier Trägerschaft reagiert, die die geltende Rechtsgrundlage darstellt. Jetzt kommt ein Vorschlag für eine grundlegende Neuregelung, aber er arbeitet zum wiederholten Mal mit Kostensätzen, die auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar sind.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP - Eva von Angern, Die Linke: Und auf den zweiten und dritten Blick?)

Umso problematischer ist es, diese Regelung nicht über ein ordentliches Verfahren zur Änderung des Schulgesetzes mit der dafür vorgeschriebenen Kabinettsanhörung durchzuführen, sondern als Teil des Haushaltsbegleitgesetzes außerhalb der üblichen Beteiligungsverfahren einzubringen. Wir müssen uns gut überlegen - wir sind für Diskussionen offen  , wie wir als Landtag mit diesem Gesetzentwurf und der parallel stattfindenden Novellierung des Schulgesetzes umgehen wollen. Aber das Problem liegt nicht nur im Verfahren. Es kann nicht unser Interesse sein, dauerhaft den Unmut der Kirchen und anderer freier Träger auf uns zu ziehen und auf Jahre hinaus weitere Klagen und Niederlagen vor Gericht zu riskieren.

Ebenfalls in die Zuständigkeit des Bildungsressorts fällt das Startchancen-Programm des Bundes. Daran hängen ambitionierte eigene Pläne für Schulen in Sachsen-Anhalt, die an Standorten mit großen Herausforderungen besondere Unterstützung bekommen sollen; das ist uns allen wichtig.

(Zustimmung bei der FDP)

Wir sollten alle gemeinsam darauf achten, dass das Land seinen Mitteleinsatz über die gesamte Laufzeit des Programms so plant, dass alle Programmmittel des Bundes kofinanziert sind und damit im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler nutzbar gemacht werden können.

Meine Damen und Herren! Zu den Problemen, die uns besonders aufgefallen sind, gehört die Streichung der Mittel für die Landesverkehrswacht. Dass einem Verband, in dem zahlreiche Ehrenamtliche eine ganz wichtige öffentliche Aufgabe wahrnehmen, so rabiate Mittelkürzungen ins Haus stehen, dass er Insolvenz anmelden muss, ist für uns nicht nachvollziehbar.

(Zustimmung bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN) 

Die hierbei eingesparten Mittel stehen in keinem Verhältnis zu dem damit angerichteten Flurschaden. Ich denke, es ist einer gemeinsamen Kraftanstrengung wert, dies zu heilen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den Haushaltsberatungen für das laufende Jahr haben wir uns darauf verständigt, für kommunale Straßenbaumaßnahmen, die im Zusammenhang mit landesbedeutsamen Großvorhaben stehen, den drei kreisfreien Städten von 2025 an über sechs Jahre insgesamt knapp 67,6 Millionen € zur Verfügung zu stellen. Aus diesen Verpflichtungsermächtigungen müssen jetzt Barmittel ab 2025 werden, aber der Haushaltsplanentwurf sieht hier noch eine Fehlstelle vor. Damit sind Projekte in Gefahr, die im Zusammenhang mit dem Zukunftszentrum in Halle, mit der Intel-Ansiedlung in Magdeburg und mit der geplanten Bundesgartenschau in Dessau-Roßlau benötigt werden. Auch damit werden wir uns in den Haushaltsberatungen intensiv befassen müssen, genauso übrigens wie mit der Ertüchtigung des Wasserwerks in Beesen, für die in diesem Jahr bereits Barmittel für die Planung ausgereicht wurden. Auch für Beesen fehlen jetzt die Mittel zur Fortführung des Vorhabens.

Aber wenn wir mit den Folgen des Klimawandels umgehen wollen, dann brauchen wir nicht nur Schutz vor Hochwasser, sondern auch Vorsorge für Trockenperioden, damit Trinkwasser und Wasser für unsere Industrie auch in diesen Zeiten ausreichend zur Verfügung stehen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN) 

Es drängt sich in diesem Zusammenhang die Frage auf, warum kreditfinanzierte Mittel für IPS und HTP nur für ausgewählte Einzelprojekte zur Verfügung stehen sollen. 

(Marco Tullner, CDU: Gute Frage!)

Was ist eigentlich mit maroden Landesstraßen und Brücken? Was ist mit dem Schulbauprogramm, das, kaum war die Richtlinie veröffentlicht, wieder eingestampft werden musste? 

Was ist mit Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft? Warum können nicht auch dafür Landesgesellschaften tätig werden? 

(Zustimmung bei der SPD)

Ich wünsche mir eine offene Debatte darüber, mit welchen Instrumenten wir den Investitionsstau in der öffentlichen Infrastruktur wirksam anpacken können.

Abschließend, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, möchte ich noch etwas zur Stellenbesetzungssperre sagen. Ich verstehe, dass das Finanzministerium hofft, mit dieser Maßnahme viel Geld einzusparen. Der Haushalt ist eng. Wir alle kennen aber Dienststellen in diesem Land, die schon jetzt überlastet sind, die Schwierigkeiten bei der Nachwuchsgewinnung haben und bei denen fast das gesamte Team in nächster Zukunft in Rente geht. Wir dürfen weder zulassen, dass öffentliche Aufgaben nicht mehr erfüllt werden können, noch, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Arbeitsverdichtung völlig überlastet werden. Daran müssen sich die Bewilligungen der Ausnahme von der Stellenbesetzungssperre - diese ist vorgesehen - orientieren. Über diese Ausnahmen muss transparent entschieden werden. Eine Verteilung nach eigenem Gutdünken darf es nicht geben. 

Generell gilt es festzustellen: Der Personalbestand des Landes ist nicht aufgebläht. Wenn man Lehrerinnen und Polizisten herausrechnet, ist der Besatz in der Landesverwaltung gesunken; er geht im Gegenteil seit Jahren zurück. Wenn Personalkosten anwachsen, dann liegt das an Tarifsteigerungen, die recht und billig sind, und an den Aufwendungen für den Pensionsfonds des Landes. Das Land muss aufpassen, dass es ein attraktiver Arbeitgeber bleibt. Der Landesdienst ist vor Fachkräftemangel nicht gefeit. Dienststellen, die ihre Aufgaben nicht mehr bewältigen können, sind keine attraktiven Arbeitsorte. Das Instrument der Stellenbesetzungssperre darf keineswegs überdehnt werden.

Ich bitte um Überweisung der vorliegenden Haushaltspläne und des Haushaltsbegleitgesetzes in alle beschließenden Ausschlüsse außer an den Petitionsausschuss. Zum Antrag zur Feststellung der Notlage habe ich bereits vorhin etwas erwähnt. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.