Rüdiger Erben (SPD): 

Herr Präsident, vielen herzlichen Dank. - Meine Frage richtet sich an die Justizministerin. Es geht um den Justizwachtmeisterdienst. Der Justizwachtmeisterdienst ist eine der wenigen Laufbahnen, die noch im einfachen Dienst angeboten wird und ausschließlich dort stattfindet. Das hat natürlich zur Folge, dass das Einkommensniveau für den Justizwachtmeisterdienst sehr niedrig ist und entsprechend groß die Probleme bei der Nachwuchsgewinnung sind.

Deswegen frage ich die Landesregierung: Welche Pläne hat die Landesregierung zur Reform des Justizwachtmeisterdienstes hinsichtlich verbesserter Beförderungsmöglichkeiten, zur Neugestaltung der Ausbildung und damit auch der Laufbahn und der Überführung in den mittleren Dienst und wann soll das Ganze umgesetzt werden? 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Frau Weidinger.


Franziska Weidinger (Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz): 

Danke sehr für die Frage, zumal damit eine ganz wichtige Laufbahn in der Justiz angesprochen wird. Im Land Sachsen-Anhalt arbeiten gegenwärtig 286 Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister, die eine große Aufgabe übernehmen, nämlich für die Sicherheit in den Justizzentren, Justizgebäuden und Staatsanwaltschaften zu sorgen, die organisatorische Aufgaben haben im Zusammenhang mit dem Postverkehr und auch in Zukunft womöglich Digitalisierungsaufgaben übernehmen werden. 

Sie nehmen mit Ihrer Frage Bezug auf einen Auftrag im Koalitionsvertrag zur Reform des Justizwachtmeisterdienstes, den wir auch abarbeiten. Deswegen bin ich dankbar, dass wir in einem ersten Schritt - das habe ich mir noch einmal angeschaut - mit dem Vierten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften in diesem Haus im September beschlossen haben, dass das Einstiegsamt der Justizwachtmeister und Justizwachtmeisterinnen mit der Besoldungsgruppe A 5 beginnt. Das bedeutet, dass die Justizwachtmeister, die sich im Einstiegsamt bisher noch in der Besoldungsgruppe A 4 befunden haben, zum 1. Januar 2025 übergeleitet werden können und ihre Besoldung automatisch nach der neuen Einstiegsbesoldungsgruppe erhalten können. 

Die darüber hinausgehende Fragestellung, wann und ob wir den Justizwachtmeisterdienst laufbahnrechtlich, also dienstrechtlich, überführen, ist sehr umfassend; diese werden wir auch umfassend prüfen. Für uns ist es allerdings wichtiger, zu schauen, ob sich das Berufsbild gewandelt hat und deswegen die Anforderungen andere sind. Nicht unbedingt im Mittelpunkt steht dabei, dass es attraktiver wird. Das ist ein Nebeneffekt, aber unsere Aufgabe ist die Prüfung der Frage, ob unsere Justizwachtmeister mit der bisherigen Ausbildung und dem bisherigen Berufsbild den Anforderungen aktuell und künftig gerecht werden. 

Das wird man auch in Relation zu anderen Laufbahnen im dienstrechtlichen Laufbahngefüge sehen müssen. Hierzu stehen wir im engen Kontakt mit dem Finanzministerium. Der Finanzminister plant eine Reform des Laufbahnrechtes und wird dazu auch einen gesetzlichen Vorschlag machen. Hierbei werden wir uns einbringen, wenn es Änderungsbedarf gibt. 

Eine Rolle spielen werden dabei die Anforderungen an die Sicherheit in den Justizgebäuden, die Anforderungen, die die Digitalisierung stellt, und vielleicht auch die Organisationsformen in größeren Justizzentren, bei denen die Wachtmeister anders gefordert sind. Dazu erfolgt noch eine abschließende Bewertung. 

Zu den Verbänden, zum OLG und zum Justizwachtmeisterdienst gibt es dazu seit einiger Zeit einen intensiven, konstruktiven und offenen Austausch; diesen werden wir fortsetzen, damit wir Erkenntnisse aus der Praxis gewinnen und gleichzeitig unsere Erkenntnisse in die Ausbildung einbezogen werden können. 

Da Sie Schwierigkeiten bei der Nachwuchsgewinnung ansprechen, ist mir wichtig, zu sagen, dass wir in starken Gruppen für den Justizwachtmeisterdienst ausbilden. Wir haben in diesem Jahr wieder eine große Klasse in die Ausbildung schicken können. Wir teilen uns die Ausbildung mit Bayern. Unsere Wachtmeister werden in Pegnitz ausgebildet. Bis auf einen medizinischen Ausnahmefall sind alle Schulplätze besetzt worden, was uns zuversichtlich stimmt, dass wir die Nachwuchsgewinnung sicherstellen können. 

Ich möchte noch einen weiteren Punkt, der interessieren könnte, ansprechen. Mit dem jetzigen Stand und der Ausbildung, die sich über die Jahre vollzogen hat, sind auch alle Dienststellen bedarfsgerecht ausgestattet. Ich weiß, dass hier und da auch einmal Krankheitsfälle eine Rolle spielen können. Nichtsdestotrotz funktioniert das jetzt auch nach unserem Bedarfsbemessungssystem. 

Hinsichtlich des Aspekts der Attraktivität war es uns in den letzten Jahren sehr wichtig, immer wieder die Gerichtspräsidenten dahin gehend zu sensibilisieren, dass Beförderungsentscheidungen auch für den Justizwachtmeisterdienst stärker getroffen werden. Sofern es Leistung und Befähigung zulassen, sollten sie an Beförderungsmaßnahmen teilhaben. So sind in den letzten fünf Jahren mehr als 50 Beförderungen auch für den Justizwachtmeisterdienst realisiert worden.

Ich danke sehr für das Interesse an dieser Laufbahn. Wenn es Änderungsbedarf im parlamentarischen Verfahren bei einer Änderung des Laufbahn- und Dienstrechts, sofern dies nötig ist, gibt, oder auch hinsichtlich der Personalausstattung im laufenden Haushalt, bitte ich um Unterstützung. 


Rüdiger Erben (SPD): 

Es sei mir noch eine Nachfrage gestattet. 


Franziska Weidinger (Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz): 

Na klar. 


Rüdiger Erben (SPD): 

Frau Ministerin, teilen wir die Auffassung, dass der Kern der Frage ist, ob wir den Justizwachtmeisterdienst letztlich in den mittleren Dienst überführen? Für das Auditorium muss einmal kurz erwähnt werden, dass die Erhöhung des Eingangsamts im einfachen Dienst auf die Besoldungsgruppe A 5 zugleich eine Ernennung im Endamt bedeutet. Das ist die Problematik, die dahintersteckt. Ich glaube, wenn sich jemand für eine Laufbahn eines Beamten entscheidet, ist es auch Motivation für die Arbeit, in seinem Leben zumindest einmal befördert zu werden. Insofern ist doch der Wechsel der Laufbahn der entscheidende Punkt, den es zu beantworten gilt. 


Franziska Weidinger (Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz): 

Sie haben recht. Aber es gibt für den Justizwachtmeisterdienst auch weiterhin ein Beförderungsamt; das bleibt nach wie vor erhalten. Dass das vielleicht eine Änderung erfahren muss, ist zuzugestehen. Aber die Prüfung ist eben noch nicht abgeschlossen. Zu bedenken ist, dass dann die Ausbildung länger dauert, dass Anforderungen höher werden, dass das Auswahlverfahren strenger wird und es müssen genügend Kollegen gefunden werden. Das ist sehr komplex. Daher ist es mir sehr wichtig, dass wir mit unseren Justizwachtmeistern konkret vor Ort über die Anforderungen, die Gerichte und Staatsanwaltschaften haben, gut sprechen. Aber eine Beförderung ist nach wie vor möglich. 

Ein Aspekt, der vielleicht interessant ist - deswegen hatte ich die Organisation in den Justizzentren angesprochen  , ist schon lange ein Thema und könnte sich auch verdichten, dass man nämlich in größeren Justizzentren mit einer stärkeren Koordinierungsfunktion für den Wachtmeisterdienst vielleicht über eine Besoldungsgruppe A 7 nachdenkt. Aber das ist noch nicht abgeschlossen und das würde ich gern in den Reformprozess insgesamt einbringen. Sie müssen auch immer den Abstand zu den anderen Laufbahnen allein nur in der Justizfamilie wahren. Denken Sie an den Justizvollzug - dort fragen sich die Kollegen dann auch. Sie haben strengere Anforderungen an die Einstellung zu erfüllen, haben eine längere Ausbildung absolviert und erhalten letztlich dieselbe Besoldung. Diese Fragen müssen wir irgendwie in das Verfassungsgefüge einbringen und insofern muss das Ganze gut überlegt sein.