Konstantin Pott (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einer kurzen Vorbemerkung starten, weil soeben die privaten Pflegeeinrichtungen verteufelt wurden. Ich bin froh, dass wir sie in Sachsen-Anhalt haben. Sie leisten einen ganz wichtigen Beitrag für die Versorgung von vielen, vielen Menschen. Wenn wir sie nicht hätten, dann würde es im Bereich der Versorgung hier deutlich schlechter aussehen.
(Zustimmung bei der CDU - Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)
Ich möchte aber vor allen Dingen über das Thema sprechen und nicht irgendwie in einen Klassenkampf treten. Denn dafür ist das Ganze viel zu wichtig.
(Ulrich Siegmund, AfD: Richtig, sehr gut!)
Gesunde Menschen zahlen für die Kranken. Die gesetzliche Krankenversicherung ist eine der zentralen Säulen im deutschen Gesundheitssystem. Sie ist der älteste Teil der Sozialversicherung. Kernaufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder den Gesundheitszustand zu verbessern.
Ich möchte als erstes einmal kurz auf die Geschichte der gesetzlichen Krankenversicherung eingehen. Sie ist eine der wenigen Institutionen, die ihre Grundsätze und ihren Kern seit dem Kaiserreich bis heute erhalten konnte. Ins Leben gerufen wurde diese Versicherung im Juni 1883 als „Gesetz, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter“.
Deutschland war das erste Land, das eine Sozialversicherung eingeführt hat. Seitdem hat sich dieses System zu einem umfassenden sozialen Sicherungssystem entwickelt. Es wurde den Herausforderungen entsprechend angepasst und ausgebaut.
Zu Beginn der GKV waren etwa fünf Millionen Menschen pflichtversichert. Heutzutage sind ca. 74 Millionen Menschen in Deutschland gesetzlich krankenversichert. Davon sind um die 58 Millionen Menschen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler und 16 Millionen beitragsfrei Versicherte, wie bspw. Familienangehörige. Die Versicherten sind damit geschützt und erfahren eine entsprechende medizinische Versorgung.
Die GKV beruht auf dem Solidarprinzip. Durch die Solidarität aller Beitragszahlerinnen und Beitragszahler sind die Menschen nicht auf sich alleine gestellt, sondern die Gesamtheit der Versicherten gewährt gegenseitig Unterstützung und Hilfe.
Hierbei greift außerdem das Leistungsfähigkeitsprinzip; nach diesem richtet sich die Höhe der Beiträge. Zusätzlich greift das Bedarfsprinzip. Dies sichert den Leistungsanspruch allein danach, welche Behandlung zur Heilung der Krankheiten notwendig ist.
Doch genau dadurch kommt es derzeit zu Problemen in unserer Gesellschaft. Ein zentraler Grund dafür ist der demografische Wandel. Wir haben schlicht viel zu wenig junge Menschen, die eher weniger Behandlungen in Anspruch nehmen, aber Beiträge einzahlen, als ältere Menschen, die mehr Leistungen und Behandlungen benötigen. Außerdem werden die Menschen heutzutage glücklicherweise deutlich älter als früher, aber damit steigt auch die Krankheitslast, was logischerweise einen Einfluss auf das System hat.
Es gibt aber auch auf der Ausgabenseite Möglichkeiten, Mittel einzusparen; dazu gehören Leistungen, die nicht nachweislich gesundheitsfördernd sind, z. B. einige homöopathische Mittel. Grundsätzlich sind aber auch Behandlungen teurer geworden. Immer weiter spezialisierte Eingriffe, die ein immer weiter spezialisiertes Personal benötigen, sind ein Fortschritt; aber sie gibt es eben nicht kostenlos.
Diese Kombination aus den Faktoren in der aktuellen Situation sorgt am Ende dafür, dass die Krankenkassen in den letzten Jahren insgesamt in Schieflage geraten sind. Nach den Schätzungen der GKV ergibt sich daraus eine Beitragssteigerung um rund 0,8 Prozentpunkte. Das bedeutet eine erhebliche Mehrbelastung für die Menschen.
Nun kommen wir aber zu den Vorschlägen der Freien Demokraten, wie man mit dieser Situation umgehen kann. Es ist notwendig, die sozialen Sicherungssysteme und damit auch die gesetzliche Krankenversicherung strukturell zu reformieren. Nur damit können wir weiteren Beitragssteigerungen entgegenwirken.
Umso wichtiger ist es, die Menschen zu entlasten, bspw. bei der Einkommensteuer. Denn Deutschland steht dort im internationalen Vergleich sehr weit oben. Wenn die Sozialleistungen und damit auch die gesetzliche Krankenversicherung an die Preisentwicklung angepasst werden, dann muss das genauso bei der Steuer für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten. Oder einfacher gesagt, wenn die Preise der Sozialversicherungen steigen, dann ist es nur fair, die Beitragszahlerinnen und zahler durch Steuersenkungen zu entlasten.
Wie bekommen wir das nun hin? - Als Freie Demokraten setzen wir uns für eine langfristige Stabilisierung der GKV ein. Weitere Beitragssteigerungen sind für uns keine Lösung. Was wir brauchen, sind konkrete Konzepte, die die Herausforderungen des demografischen Wandels, aber auch die strukturellen Ineffizienzen gezielt in den Blick nehmen. Dazu müssen unnötige Leistungsausweitungen verhindert und die bestehenden Leistungen in Teilen geprüft werden. Leistungen ohne nachgewiesene Wirksamkeit sind dann zu streichen.
Aber ja, das Gesundheitssystem muss auch insgesamt strukturell reformiert werden, denn das bietet erhebliche Einsparpotenziale und Effizienzsteigerungen für die gesetzliche Krankenversicherung. Das Schaffen von Anreizen zu kosten- und gesundheitsbewusstem Verhalten ist eine Möglichkeit. Dafür gibt es bereits viele unterschiedliche Ideen und Konzepte, bspw. eine teilweise Beitragsrückerstattung für Versicherte einzuführen, die keine Gesundheitsleistungen außer der Vorsorge in Anspruch genommen haben, also eine Motivation zu einem gesunden Lebensstil.
Es gibt im Gesundheitssystem insgesamt noch Räume für Effizienzsteigerungen. Dafür braucht es auch eine bessere Patientensteuerung in die individuell am besten passenden Versorgungsstrukturen. Teure und ineffiziente Untersuchungen können damit verhindert werden.
Auch kann es ein Weg sein, den Gesundheitsfonds auf versicherungsfremde Leistungen hin zu prüfen. Mithilfe einer klaren Trennung von familienpolitischen Leistungen und Krankenversicherungsleistungen können die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler entlastet werden. Wir sorgen auch dafür, dass alle Leistungen dort finanziert werden, wo sie hingehören.
(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)
Neben der gesetzlichen Krankenversicherung ist auch die Rentenversicherung ein Teil der sozialen Sicherung, sie wird auch in der Begründung zu dieser Aktuellen Debatte angeführt. Auch hierzu gibt es, aus ähnlichen Gründen wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung, Probleme.
Die demografische Situation sorgt dafür, dass das umlagefinanzierte System schlichtweg nicht mehr funktioniert. Umso wichtiger ist es, auch hierbei strukturelle Veränderungen vorzunehmen. In unseren Augen braucht es dringend eine Aktienrente, damit die Rente enkelfit gemacht werden kann.
Das Generationenkapital ist ein guter Anfang; darf aber am Ende auch nicht der Schluss bleiben. Damit sollen bis Mitte der 2030er-Jahre mindestens 200 Milliarden € zurückgelegt werden. Es stellt einen Kapitalstock dar, der von einer Stiftung verwaltet wird, die jährlich die Zahlungen erhält. Der Beitragssatz kann dadurch stabilisiert werden und die Rente insgesamt fitter für die Zukunft gemacht werden.
Das Generationenkapital hat das Potenzial, langfristig den Bundeshaushalt und die Beitragszahlenden zu entlasten und außerdem die Situation der zukünftigen und aktuellen Rentnerinnen und Rentner zu verbessern, auch wenn es von unserem eigentlichen Konzept der Aktienrente abweicht. Dieses System würde natürlich noch besser entlasten und noch mehr helfen.
(Zustimmung bei der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die aktuelle Situation in den sozialen Sicherungssystemen ist angespannt. Auf die Gründe bin ich recht ausführlich eingegangen. Das Ziel muss es sein, Beitragserhöhungen zu verhindern und die Menschen zu entlasten.
Dafür braucht es ein effektives und zukunftsfähiges Gesundheitssystem. Durch bessere Rahmenbedingungen, mehr Digitalisierung und bessere Überprüfung der Leistungen kann genau das erreicht werden. Beim Rentensystem braucht es ebenfalls strukturelle Reformen. Das Generationenkapital ist ein erster Schritt, darf aber nicht der letzte sein, um die Rente fit für die Zukunft zu machen.
Ein Punkt, auf den ich nicht eingegangen bin, aber der natürlich auch dazu gehört, ist die private Eigenverantwortung und die private Vorsorge. Auch das ist eine Säule im sozialen Sicherungssystem. Damit wir von einer Vollkaskomentalität wegkommen, nach der der Staat alles regelt. Es braucht immer auch eine private Vorsorge, die ergänzend dazu stattfindet.
(Zustimmung bei der FDP)
In diesen Bereichen ist dann aber die Bundesregierung gefordert. Nur mehr Geld im System wird am Ende unsere Probleme nicht lösen. Dafür brauchen wir strukturelle Veränderungen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.