Kathrin Tarricone (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Feuer aus! - Diese Meldung konnte die für die Brandbekämpfung am Brocken zuständige Stadt Wernigerode am 11. September verkünden. Erleichterung und Dankbarkeit fluteten den Raum, der vorher von konzentrierter Anstrengung und Anspannung erfüllt war. 

Die Nationalparkverwaltung übernahm danach, gemäß den Absprachen mit der Einsatzleitung der Feuerwehr, über mehrere Tage rund um die Uhr die Brandwachen und damit die Verantwortung für die Brandflächen. Mitarbeiter im Schichtdienst kontrollierten mit Wärmebildkameras und Löschrucksäcken verbliebene Glutnester und löschten diese. Die Gefahr war endgültig gebannt. 

Allen, die entschlossen und mutig mitgeholfen haben, das zu ermöglichen, sage ich im Namen meiner Fraktion danke. Auch wenn es alle anderen bereits gemacht haben, wir können es, glaube ich, nicht oft genug machen. Danke schön. 

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU, bei der Linken und bei der SPD)

Nun ist Gelegenheit, Rückschau zu halten auf das, was gut gelungen ist, und auf das, was wir alle zusammen lernen können, um es beim nächsten Mal noch besser zu machen. Denn ein nächstes Mal wird es sicherlich geben, auch wenn meine Fraktion sicherlich nicht im Verdacht steht, ständig Gefahren heraufzubeschwören und mit dem Ausrufen der Apokalypse Menschen zu verunsichern. Die Zahlen sprechen für sich. 

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Lachen)

Seit dem Jahr 1994   der flinke Rechner erkennt bereits die Zahl 30   gab es nur sieben Jahre, in denen es im Nationalpark überhaupt nicht gebrannt hat. In den anderen 23 Jahren brannte es insgesamt 158-mal. Im Jahr 2022 gab es im Schutzgebiet 16 Brände, davon vier im niedersächsischen und zwölf im sachsen-anhaltinischen Teil. Im Jahr 2023 waren es elf Brände, drei auf niedersächsischer und acht auf sachsen-anhaltinischer Seite. 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Anhaltischer!)

Die vier Brände in diesem Jahr betrafen allesamt Sachsen-Anhalt. Dabei beträgt der Anteil Sachsen-Anhalts am Nationalpark gerade einmal ein Drittel. 

Was heißt das? - Wir müssen uns dem Thema Brandschutz und Waldbrandbewältigung leider weiterhin widmen. Wir sind uns im Plenum sicherlich weitgehend einig über die Brandschutzziele und darüber, dass wir Anwohner und Besucher des Gebiets sowie die Einsatzkräfte und Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung vor Schaden bewahren wollen. 

Gleiches gilt für die Infrastruktur innerhalb des Schutzgebietes wie auch in den angrenzenden Bereichen, aber auch für die naturschutzfachlich besonders hochwertigen Bereiche wie Moore und die Moorwälder im Gebiet mit der international höchsten Schutzkategorie.

Was haben also die Verantwortlichen bei 158 Brandeinsätzen gelernt? Was hat diesmal besser geklappt als in den anderen Jahren? Zu hören ist, dass diesmal die Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren ausnahmslos konstruktiv, vertrauensvoll und partnerschaftlich verlief. Das war nicht immer so. Hierbei wurde ein großer Schritt geschafft. 

Kritik gab es früher immer wieder in Richtung der Nationalparkverwaltung: Man schotte sich ab und der Naturschutz würde über die Schutzbedürfnisse der umliegenden Gemeinden gestellt. Deshalb gab es einen intensiven Abstimmungsprozess zu der Frage, wie die Zusammenarbeit besser gelingen kann und was passieren muss, um im Brandfall schneller und effektiver agieren zu können.

Die heute schon mehrfach zitierte Wernigeröder Erklärung wurde verfasst. Die Nationalparkverwaltung hat mittlerweile in Abstimmung mit den drei betroffenen Landkreisen Göttingen, Goslar und Harz alle Verpflichtungen, die sich daraus ergeben haben, erfüllt.

Die Einsatzwege werden nun nach Starkregen, Schneeschmelze und Stürmen zeitnah instandgesetzt. Die Löschwasserentnahmestellen wurden ertüchtigt. Zwei Löschwasserbehälter mit einem Fassungsvermögen von 20 000 l sowie ein Löschwasserkissen mit einem Fassungsvermögen von 100 000 l wurden installiert. Weitere Standorte werden eruiert.

Wir als Haushaltsgesetzgeber haben bei den Beratungen über den Haushalt 2023 dem Nationalpark zusätzliche Mittel für den Bau von zwei Brücken auf dem Glashüttenweg im Bereich der Schierker Spinne bereitgestellt. Diese Brücken wurden mittlerweile gebaut. Die Belastbarkeit der Einsatzwege wurde damit deutlich verbessert. 

An den Brücken wurden auch Vorrichtungen installiert, sodass schnell Löschwasser aufgestaut werden kann. Wir haben jetzt im Nationalpark drei solche Möglichkeiten. Zusätzlich wurde die Brockenbahn mit einem Mannschafts- und Rüstwagen für Feuerwehren ausgestattet. 

Es wurde eine kartografische Risikoanalyse der Brandlasten durch Totholz im Bereich von Siedlungen im und um das Gebiet des Nationalparks in Abstimmung mit den Verantwortlichen der Landkreise erstellt. Um Schierke herum wurde eine Fläche mit einer Größe von 14 ha von Totholz beräumt. Auch das war ein Teil der Wernigeröder Erklärung. 

Zudem wurden alle Nationalparkkommunen danach befragt, wo sie Gefahrenstellen durch Totholz sehen, um abstimmen zu können, ob eine weitere Beseitigung nötig ist. Rückmeldungen dazu gab es keine.

Digitale Waldbrandeinsatzkarten - das haben wir auch schon gehört - wurden erstellt und werden tagesaktuell gepflegt. Es gab einen Erfahrungsaustausch mit dem Staatsbetrieb Sachsenforst, der als sächsische Nationalpark- und Forstverwaltung fungiert. Sie erinnern sich daran, dass es im Jahr 2022 auch dort einen sehr großen Brand gab. 

Es gab auch Abstimmungen mit dem Inhaber der Professur für Waldschutz an der TU Dresden Herrn Prof. Dr. Müller. Eine Fachtagung zu Bränden in Wildnisgebieten wird geplant, bei der sich die Leitungen der Waldnationalparke Deutschlands zum Erfahrungsaustausch über die Brandprävention und über die Brandbekämpfung austauschen können; denn nur lebenslanges Lernen anstatt ideologischer Vorfestlegungen hilft, wenn es darum geht, sich verändernden Bedingungen erfolgreich stellen zu können.

Die Bedingungen ändern sich ganz besonders eindrucksvoll natürlich in einem Nationalpark, dessen Ziel der Prozessschutz ist. Hier gestaltet Mutter Natur, nicht der Mensch. Und Mutter Natur kennt die Kategorie „schön“ nicht, „wild“ schon. Dort herrschen die Gesetze der Evolution. Dort setzen sich die durch, die im Moment am besten an die Bedingungen angepasst sind.

Wenn wir es also ernst meinen mit dem Nationalpark mit der höchsten internationalen Schutzkategorie, dann sollten wir auch den Mut aufbringen, einmal geduldige Beobachter zu sein, um zu lernen, um zu staunen und um weniger einzugreifen. Dass die Nationalparkverwaltung sich aber den oben schon erwähnten Notwendigkeiten des Brandschutzgesetzes nicht mehr verweigert, rechne ich ihr hoch an.

Bei meiner diesjährigen Sommertour durfte ich mich einen ganzen Tag lang mit dem Leiter des Nationalparks Dr. P. im Gebiet umsehen. Geduldig beantwortete Dr. P. alle meine Fragen. Mein Eindruck war: Hier wirkt ein besonnener Mann, der bereit ist, Notwendigkeiten anzuerkennen und nach besten Lösungen zu suchen.

Bestätigt hat sich der Eindruck, als ich davon hörte, dass er seine Bedenken in Bezug auf den Einsatz des Brandverzögerers als Löschmittelzusatz zurückstellte. Die Nationalparkverwaltung hat angesichts der Gefahrenlage an den ersten beiden Tagen während des Brandes diesen Retarderer eingesetzt und er hatte Verständnis für diesen Schritt. Er hat sich dagegen ausgesprochen. Warum? - Das will ich noch ganz kurz erklären. Dieses Mittel hat noch keine Zulassung. Das heißt, es ist noch nicht wirklich sicher, welche Inhaltsstoffe darin sind und wie sie wirken.

Dass er es trotzdem hat machen lassen, hat meine Hochachtung. Es war wirklich wichtig, Rückzugswege für die Einsatzkräfte und für noch verbliebene Besucher des Nationalparks freizuhalten.

Jetzt werden im Nachhinein die Auswirkungen untersucht. Auch das ist, denke ich, der richtige Weg. Ich meine, es ist wichtig, dass man einmal mutig eine Entscheidung trifft und dann sagt: Jetzt sehen wir uns die Folgen an.

Im Zusammenspiel von und im Austausch mit Fachleuten liegt der Schlüssel zum Erfolg, immer und überall. Auf die Fachleute zu hören und mit ihnen in den lösungsorientierten Diskurs zu gehen bewahrt uns vor Grabenkämpfen und Misstrauensbeweisen, wie z. B. den immer noch misslungenen Entwurf des Bundeswaldgesetzes.

Gestatten Sie mir noch einen Gedanken zur Vorsorge, und zwar zur finanziellen Vorsorge. Wie schon gesagt: Wir werden vermutlich weitere Waldbrände zu bewältigen haben. Wir Freien Demokraten können es uns vorstellen, Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer in einem Fonds anzusparen, der dann bei der Bewältigung von Einsatzkosten helfen kann. Lassen Sie uns dazu ins Gespräch kommen. - Herzlichen Dank.