Guido Kosmehl (FDP):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie leider zu erwarten, artet eine solche Debatte immer aus. Ich werde versuchen, wieder zum Thema zu sprechen, und mich an Fakten entlangzuhangeln, über die wir im Zusammenhang mit der Aktuellen Debatte der Linken reden sollten. 

Zunächst, werte Kolleginnen und Kollegen von der Linken: Auf Ihre Debattenüberschrift kann man reagieren mit: Wir bewahren die europäische Idee; wir verteidigen den Rechtsstaat und schützen die Menschenrechte, und zwar insbesondere auch durch das Sicherheitspaket der Bundesregierung. Ihre Versuche, quasi ein Ende der europäischen Idee herbeizureden, gehen völlig fehl. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sowohl in den europäischen Verträgen und insbesondere mit Blick auf den Schengen-Grenzkodex sind für die Mitgliedstaaten Möglichkeiten zu Grenzkontrollen angelegt. Wir haben dafür auch abgestufte Verfahren. Grenzkontrollen können nicht unbefristet eingeführt werden, sondern sie müssen jedes Mal neu begründet werden. Aber sie können selbstverständlich auch für einen gewissen Zeitraum immer wieder verlängert werden. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig, in der Situation, in der sich Deutschland, aber auch andere Staaten in Europa momentan befinden, auf das Instrument von Grenzkontrollen zurückzugreifen. 

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, und von Kerstin Godenrath, CDU)

Die ersten Zahlen aus dem Frühsommer während der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland, aber auch während der Olympischen und der Paralympischen Spiele in Paris zeigen, dass Grenzkontrollen sehr wohl wirksam gegen unerlaubte Einreisen sein können, meine sehr geehrten Damen und Herren. 

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Deshalb sollten wir dieses Instrument nutzen. Deshalb bin ich der Bundesinnenministerin auch sehr dankbar dafür, dass sie für die nächsten sechs Monate - das ist der übliche Zeitraum, für den man das auf der europäischen Ebene anmeldet   diese verstärkten Grenzkontrollen durchführt. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns aber auch keinen Zweifel in anderer Richtung aufkommen; denn das heißt nicht, dass wir plötzlich einen Grenzzaun um Deutschland herum ziehen und an jedem Quadratmeter der Grenze Kontrollen durchführen können. Das sollten wir auch nicht suggerieren. Aber Grenzkontrollen helfen, illegale Zuwanderung zu verringern. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nicht, wie der Kollege Erben, der Versuchung erliegen, mich bei der Frage, welche Maßnahmen wir neben dem Sicherheitspaket noch umgesetzt haben, zu verzetteln. Vielmehr würde ich gern auf die Frage der Zuwanderung, die Frage der Abschiebung, aber auch auf die Frage, wie wir zukünftig mit den rechtlichen Rahmenbedingungen umgehen, eingehen. 

Sehr geehrte Frau Kollegin Quade, ich würde Ihnen gern Artikel 33 Nr. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorhalten. Dort heißt es:

„Auf die Vergünstigung dieser Vorschrift kann sich jedoch ein Flüchtling nicht berufen, der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.“ 

Das ist das in der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 niedergelegte Recht eines Staates, einen Flüchtling zurückzuweisen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Davon werden wir jetzt verstärkt Gebrauch machen. 

(Zustimmung bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer nach Deutschland kommt oder auch in die Europäische Union - denn wir befinden uns im Dublin-Verfahren  , der sucht Schutz. Und wenn er Verfolgung erleidet, wenn ihm individuell Verfolgung droht, dann sind wir verpflichtet, ihm Schutz zu gewähren. Aber wer sich nicht an die Regeln hält, wer Straftaten begeht oder wer stets und ständig wieder in sein Heimatland zurückreist, aus dem er eigentlich geflohen ist, der kann diesen Schutz nicht mehr genießen 

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

und der hat auch keinen Anspruch darauf, diesen Schutz in Deutschland auch noch vergütet zu bekommen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb bin ich der Bundesregierung sehr dankbar dafür, dass sie einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, durch den die Möglichkeit besteht, die Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz zu kürzen, um den Druck hin zu einer Ausreise zu erhöhen. Denn wer hier kein Schutzrecht hat, der kann auch nicht damit rechnen, dass er hier alimentiert wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. 

Lassen Sie mich zum Abschluss auf einen Punkt eingehen, der mir in der Diskussion sehr wichtig ist. Wir haben, wie ich finde, mit Mannheim, mit Wolmirstedt, aber auch mit Solingen Taten erleben müssen, die alle   ich habe das beim Thema Mannheim bereits erläutert, auch an diesem Pult   zum Nachdenken über die Frage bringen müssen, wie wir die Sicherheit der Bevölkerung verbessern können, wie wir vor allen Dingen diejenigen, die sich nicht an das Gesetz und an die Regeln halten wollen, stärker in den Fokus nehmen und auch aus dem Land entfernen können. 

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, das heißt auch, dass man verurteilte Straftäter abschiebt, 

(Zustimmung)

wissend, dass sie ihre Strafe nicht hier absitzen und in ihrem Land vielleicht freikommen. Ich sehe aber keinen Grund, aus dem wir diese Straftäter in Deutschland behalten sollten. Sie sollen aus Deutschland abgeschoben werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)

Ich möchte, dass wir über die sehr sachlich fundierten Hinweise der Innenministerin des Landes   das nehme ich sehr wohlwollend zur Kenntnis   und den ja nicht abgelehnten Hinweisen der Bundesregierung im Hinblick auf die Gesetzgebungsverfahren in eine Diskussion einsteigen. Vielleicht, sehr geehrte Ministerin Frau Zieschang, ist das noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Parlamentsberatungen sind durchaus dafür da, sich vielleicht weiter zu verständigen. 

Was aber, glaube ich, nicht geht   das geht jetzt nicht an Sie, sondern eher an meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen von der CDU gerichtet  , das ist: erst monatelang darüber jammern, dass man nicht mitmachen darf, obwohl man gern mitmachen will, und wenn man dann eingeladen wird mitzumachen, gar nicht mitmachen will, sondern gleich wieder geht und sagt, das reicht nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht)

So können wir keine Debatten in der Sache führen. 

(Ulrich Thomas, CDU: Du kriegst gleich einen Herzinfarkt! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Sie können keine Sachdebatte führen! - Zuruf von Guido Heuer, CDU) 

- Herr Kollege Heuer, 

(Guido Heuer, CDU: Ja, ja!)

das ist genau der Punkt. Wenn Sie doch regieren wollen, dann machen Sie doch mit, dann wirken Sie doch an den Regelungen mit. 

(Zuruf von der CDU)

Doch da schlägt sich der frisch gewählte Kanzlerkandidat Merz natürlich als Erstes wieder in die Büsche, weil er dann mit Vorschlägen kommen müsste, die rechtsstaatlich einwandfrei sind. Ich glaube, das, was wir an Zurückweisungen an den Grenzen im Rahmen des europäischen Rechts haben, ist das, was möglich ist. Darüber Hinausgehendes wird schwierig. 

So, wie es der Bundeskanzler in der Debatte im Bundestag gesagt hat, kann ich es sicherlich auch sagen: Die Tür ist nicht zu. Wir können über den Bundesrat, wir können über den Bundestag und wir können als Parteien und Fraktionen sehr gern über weitere Maßnahmen diskutieren. Denn am Ende wollen wir doch erfolgreiche Maßnahmen auf den Weg bringen, die dabei helfen, dieses Land sicherer zu machen, dieses Land ein Stück weit gerechter zu machen und dieses Land zukunftsfähig zu machen, wofür wir einen Teil der ausländischen Zuwanderung dringend brauchen, aber den Teil, der sich in unserem Land an Recht und Gesetz hält. -Vielen Dank.