Dr. Falko Grube (SPD): 

Herr Präsident! Hohes Haus! Als wir nach der Entscheidung von Intel, nach Sachsen-Anhalt zu kommen, im Landtag zusammengekommen sind, habe ich gesagt: Die Ansiedlung von Intel ist unsere Mondlandung. Das ist so. Aber jetzt, hier und heute, wissen wir nicht, wann die Rakete abheben wird. Das ist schon ein bitteres Gefühl in der Magengegend.

Als Intel vor zweieinhalb Jahren hier aufgeschlagen ist, haben sie uns eine Partnerschaft mit einem Versprechen angeboten: Wir bauen gemeinsam eine Zukunft, mit der Stadt Magdeburg, mit dem Landkreis Börde, mit dem Land Sachsen-Anhalt als Partner. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich würde es noch immer gut finden, wenn das gelänge. Wenn Intel sagt: Wir kommen, aber eben erst in zwei Jahren, dann würde ich das begrüßen. Diese Zukunft ist auch in zwei Jahren noch gut.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Zu einer Partnerschaft gehört, dass man Verständnis zeigen muss, wenn es einem Partner schlecht geht. Intel geht es seit ein paar Monaten nicht nur schlecht, sondern hundsmiserabel: 

(Ulrich Siegmund, AfD: Was?)

Absatzschwierigkeiten, erheblicher Technologierückstand zur Konkurrenz, zeitweise Drittelung des Börsenwerts. Angesichts dessen muss man nun einmal Entscheidungen treffen.

Zu einer Partnerschaft gehören aber immer zwei, dazu gehört auch das Verständnis für unsere Seite. Wir, die Stadt Magdeburg, die Gemeinde Sülzetal, die Stadt Wanzleben, der Bördekreis, das Land Sachsen-Anhalt, der Bund und die EU haben Intel den roten Teppich ausgerollt. Das, was hier geleistet wurde   verschiedene Vorrednerinnen und Vorredner haben es bereits gesagt  , hätte vorher niemand von uns für möglich gehalten. Deshalb auch von mir ein großer Dank an all jene, die diese Arbeit bisher geleistet haben. 

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Gerade weil wir so stark in Vorleistung gegangen sind, weil wir die Partnerschaft so verlässlich gelebt haben, ist die Forderung an Intel: Wir brauchen Gewissheit. Wir brauchen Planungssicherheit. Denn die zwei Jahre stehen nach derzeitigen Äußerungen im Konjunktiv. Das kann nicht ewig so bleiben. Wir wollen wissen, woran wir sind. Wir wollen wissen, was wir planen und bauen müssen. Das, meine Damen und Herren, ist das Mindeste, was gute Partner sich gegenseitig schulden. 

Denn der Unterschied zwischen einer Zukunft mit und einer Zukunft ohne Intel ist erheblich. Wahrscheinlich brauchen wir ohne Intel kein neues Wasserwerk. Wahrscheinlich müssen wir kein Wasser aus dem Mittellandkanal in die Colbitz-Letzlinger Heide pumpen. Wahrscheinlich brauchen wir kein großes Klärwerk. Wahrscheinlich ist der Strombedarf ohne Intel erheblich geringer. Vielleicht brauchen wir weniger neue Schulen und Kitas oder Feuerwehren in der Region. Vielleicht brauchen wir auch weniger neuen Wohnraum.

Meine Damen und Herren! Bevor wir weiteres Geld in die Hand nehmen, brauchen wir Gewissheit. Wir können alle diese Sachen nicht ins Blaue hinein bauen. So dicke haben wir es in Sachsen-Anhalt nicht.

So dicke haben wir es auch nicht mit den Flächen. Der Hightech-Park   als Hightech-Park, nicht als Intel-Park   ist für die Zukunft des Landes da - mit oder ohne Intel. Wenn Intel nicht wollte, fänden wir auch andere. Meine Horrorvorstellung ist die, dass wir in zehn Jahren auf eine Zeit mit Intel zurückblicken und am Eulenberg steht noch immer nichts. So eine Hängepartie haben wir hier in Sachsen-Anhalt, in der Region nicht verdient.

(Zustimmung bei der SPD) 

Für die weitere Strategie bedeutet das: In Bezug auf den Hightech-Park und alle Beteiligten hier in Sachsen-Anhalt muss es eine zweigleisige Strategie geben. Der Hightech-Park muss mit den Dingen erschlossen werden, die für ein Industriegebiet ohnehin unerlässlich sind. Ich nenne zwei Beispiele: den Ausbau der L 50 und die Anbindung an die Bundesstraße. Bei allem anderen muss man auf Sicht fahren, es auf Sparflamme halten. Wir dürfen das Feuer nie ausmachen   wenn Intel kommt, muss alles bereit sein  , aber wie viel Holz wir nachlegen, das müssen wir tatsächlich mit Augenmaß entscheiden.

Jetzt richte ich noch ein paar Worte an diejenigen, die das von Anfang an gewusst haben, die das Agieren der Landesregierung blauäugig finden oder die jetzt unsinnige Untersuchungsausschüsse fordern. Ich will daran erinnern, dass mit Intel hier nicht irgendeine Hinterhofklitsche aus dem Nirgendwo angeklopft hat, sondern ein absoluter Weltkonzern. Ich sage Ihnen eines: Wenn eine solche Chance an die Tür klopft, dann muss man zugreifen, ohne Wenn und Aber. Wir als Koalition werden das immer wieder tun, das verspreche ich Ihnen. 

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Sie uns dafür an den Karren fahren wollen, dann machen Sie das. Das sehen wir gelassen. Diese Bedenkenträgerei ist die Bürokratie der Politik. Sie sind die Bürokraten der Politik.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Sandra Hietel-Heuer, CDU, lacht)

Deshalb sage ich Ihnen eines: Wer alles versucht, wird manchmal scheitern; wer nichts versucht, wird immer verlieren. Wir schauen Ihnen gern beim Verlieren zu. Unser Spirit wird das niemals sein. 

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)



Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Grube. - Einen Augenblick, Herr Grube. Es gibt eine Nachfrage von Herrn Gallert, wenn Sie die beantworten wollen. - Bitte.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Herr Grube, die Frage bezieht sich jetzt nicht auf die Bewertung eines Lächelns und eines Handschlages von Pat Gelsinger und das, was man sich daraus sozusagen zusammenreimt, sondern auf eine Aussage, bei der es wirklich um Detailfragen geht. 

Sie sagen: Wenn Intel nicht kommt, müssen wir z. B. nicht darüber nachdenken, ein neues Wasserwerk zu bauen oder Wasser über den Mittellandkanal in die Colbitz-Letzlinger Heide zu pumpen. Nun werden Sie möglicherweise die Berichte aus dem Bereich der Colbitz-Letzlinger Heide gesehen haben, in denen darüber geklagt wird, dass es dort bereits in den letzten Jahrzehnten ein massives Absinken des Grundwasserspiegels gegeben hat, dass es in diesem Bereich eine Versteppung gibt, sodass jedes Mal, wenn die Bundeswehr anfängt zu üben, Waldbrände entstehen - das ist natürlich ein bisschen abhängig vom Wetter. Müssen wir nicht ehrlicherweise darüber nachdenken, solche Infrastrukturprojekte auch dann anzufassen, wenn Intel nicht kommt?


Dr. Falko Grube (SPD): 

Wenn wir eine Problemlage vor Ort haben, die man anfassen muss, und wenn dazu das Pumpen dienen kann, dann wird man darüber reden müssen. Ich habe ausdrücklich gesagt: wahrscheinlich. Das bezog sich auf das, was der Investor Intel an Bedarf nach sich zieht. Wenn die Probleme in der Region ohnehin bestehen, wird man darüber reden müssen. Aber das hat dann mit der Ansiedlung von Intel nichts zu tun. Wir sprechen darüber: Was machen wir für den Fall, dass Intel kommt? Was brauchen wir dann? 

Was wir für den Fall, dass Intel nicht kommt, brauchen, das wäre ein Thema komplett ohne Intel. Darüber wird man dann reden müssen. Sehen Sie es mir nach, aber ich bin nicht der Umweltexperte meiner Fraktion.