Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich denke, uns alle eint der Einsatz für gut ausgestattete Kitas, für gute Zukunftschancen unserer Kinder und für gute Arbeitsbedingungen der Fachkräfte. Ich denke, uns eint auch, dass wir die schwierige Situation für die Erzieherinnen und Erzieher erkennen. Wir sehen die Arbeitsbelastung und den hohen Krankenstand. Wir müssen daher daran arbeiten, ihre Situation tatsächlich und nicht nur auf dem Papier zu verbessern.
(Beifall bei der SPD)
Dazu ist es wichtig, die Rahmenbedingungen stetig zu verbessern. Lassen Sie mich deshalb kurz Rückschau betreiben, was wir alles für die Kinderförderung im Land erreicht haben.
Erstens. Beginnend mit dem Jahr 2016 - also erst 2016! - haben wir die tatsächlichen Tarifsteigerungen in die Landespauschalen eingepreist und die Finanzierung auf neue Füße gestellt. Das war ein deutliches Plus für die Kommunen dieses Landes und ein starker Impuls für alle Träger, gute Arbeit auch gut zu bezahlen.
Zweitens. Wir haben die Mehrkindentlastung geschaffen, damit wir den Eltern, die arbeiten gehen, auch die Möglichkeit geben, einen Kita-Platz bezahlen zu können.
(Beifall bei der SPD)
Insbesondere wollten wir damit erreichen, dass Familien mit mehreren Kindern damit wir eben nicht den Geburtenknick so erwarten, wie wir ihn jetzt erwarten müssen, haben wir das nach 2019 noch einmal 2020 angepasst nur noch für das älteste Kind im Hort zahlen müssen. Das war ein deutliches Plus für die Eltern.
Drittens. Vor zehn Jahren - das ist noch nicht so lange her - gab es den gespaltenen Betreuungsanspruch, der von der Berufstätigkeit der Eltern abhing. Jetzt haben wir einen Bildungs- und Betreuungsanspruch für alle Kinder unabhängig vom Erwerbstatus der Eltern, und das bis zu zehn Stunden lang.
(Beifall bei der SPD)
Das sorgt für mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung.
Viertens. Wir haben als Land mit der letzten Reform des Kinderförderungsgesetzes unter anderem zehn Ausfalltage pro Erzieherin bzw. Erzieher und Jahr zusätzlich finanziert und den Personalschlüssel einbezogen. Das hat uns 37 Millionen € gekostet.
Wir setzen gezielt mehr Personal dort ein, wo der Schuh besonders drückt. Das möchte ich noch einmal sagen: Wir gehen dorthin, wo es besonders notwendig ist. Wir setzen die 150 Fachkräfte nicht einfach willkürlich ein, sondern haben sie in den Kitas mit besonderen Bedarfen und lassen die Jugendämter darüber entscheiden, wo sie eingesetzt werden. Wir haben 240 Sprachfachkräfte in den Sprach-Kitas. Auch dafür wollen wir zusätzlich etwas machen.
Das Land hilft auch im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Wir haben daher das Schulgeld für die Erzieher-, Kinderpflege- und Sozialassistentenausbildung abgeschafft und diese Ausbildung zum Teil mit einer Ausbildungsvergütung versehen,
(Beifall bei der SPD)
ein deutliches Plus für Fachkräfte.
Lassen Sie es mich in einem Satz zusammenfassen: Wir haben viel für die Kinder, Eltern und Erzieherinnen und Erzieher in diesem Land erreicht, viel mehr als andere Landesregierungen getan haben.
(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Siegfried Borgwardt, CDU - Siegfried Borgwardt, CDU: Genau so ist das!)
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es ist erfreulich, dass Sachsen-Anhalt im bundesweiten Vergleich eine der besten Betreuungsquoten hat. Auch die überdurchschnittliche Dichte an Fachkräften, die es hier im Vergleich zu anderen Bundesländern gibt, sei hervorgehoben. Wir streiten uns schon lange mit der Bertelsmann Stiftung darüber, dass sie immer von einem Personalschlüssel redet. Wir haben einen Fachkräfteschlüssel, und den erhalten wir im Augenblick aufrecht. Wir könnten es uns auch ganz einfach machen, diesem Personalschlüssel folgen und das mit vielen Quereinsteigern und Hilfskräften untersetzen. Das wollten wir bislang nicht. Es ist auch nicht so, dass wir die Demografie und damit die Zukunft nicht im Blick hätten.
Derzeit führt das Land eine akribische Umfrage unter den Jugendämtern durch, um zu erfahren, wie sich nach der qualifizierten Einschätzung die Personalbedarfe mit Blick auf den demografischen Wandel entwickelt haben. Ich kann aber sagen, dass wir bislang aus der Praxis höchst unterschiedliche Signale erhalten. Es werden Entlassungen und Schließungen aufgrund zurückgehender Kinderzahlen befürchtet. Gleichzeitig werden Personalmangel und ein leer gefegter Arbeitsmarkt beklagt. Diese Diskrepanzen müssen analysiert und ausgewertet werden.
Wir setzen auf einen gezielten Personaleinsatz und auf Unterstützung bei der Gewinnung von mehr Personal. Das sind die gebotenen Wege angesichts des beschriebenen Fachkräftemangels und sinkender Kinderzahlen.
(Beifall bei der SPD)
Statt mit einer Gießkanne viele kleine Tropfen auf heiße Steine regnen zu lassen, möchten wir die Mittel ganz gezielt einsetzen.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir starten auch noch zusätzlich ein ESF-Programm „Empowerment für Eltern“, das voraussichtlich im ersten Quartal 2025 beginnen wird, über das weitere insgesamt 200 zusätzliche Stellen finanziert werden können.
Aber, meine Damen und Herren - das ist mir jetzt ganz wichtig , das Land ist nicht der Arbeitgeber von Erzieherinnen und Erziehern. Das Land hat keinen Einfluss auf Teilzeit. Wir haben keinen Einfluss darauf, dass die Kommunen den Mindestpersonalschlüssel eins zu eins umsetzen. Es ist vorhin schon von Mandy Schumacher angesprochen worden. Ja, es ist ein Mindestpersonalschlüssel, und die Kommunen
(Sandra Hietel-Heuer, CDU: Sie machen mehr!)
- sie machen mehr! , machen mehr, und das machen viele andere Kommunen auch schon. Das ist sozusagen das, wonach man in den Leistungsvereinbarungen, in den Qualitätsvereinbarungen noch einmal gucken muss, damit man tatsächlich vor Ort den Personalschlüssel verbessert.
(Sandra Hietel-Heuer, CDU: Kann sich nicht jede Kommune leisten!)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Frau Grimm-Benne, achten Sie bitte auf die Redezeit.
Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Ja, Frau Präsidentin, aber es ist ein sehr ernsthaftes Thema. Ich bitte Sie einfach darum, mir die Redezeit auch für diese halbe Seite noch zu gönnen
(Ministerin Petra Grimm-Benne zeigt auf ihr Redemanuskript)
das sehen Sie ja , dass ich es hier noch zu Ende bringen kann.
(Unruhe)
Meine Damen und Herren! Das Land ist nicht der Arbeitgeber von Erzieherinnen und Erziehern. Das Land muss vielmehr den Interessenausgleich zwischen Familien, Kommunen, Trägern und Fachkräften im Blick haben.
Deshalb: Ein Drehen am Personalschlüssel, der die Kitas angesichts des Fachkräftemangels vor große Herausforderungen stellt und enorme Haushaltsauswirkungen hat, muss mit Bedacht erfolgen. Das macht nur Sinn, wenn die Millionen Euro, die dafür notwendig sind, tatsächlich vor Ort bei den Erzieherinnen und Erziehern endlich ankommen.
(Beifall bei der SPD)
Daran werden wir gemeinsam mit den Kommunen, den Fachkräften, denke ich, und den Trägern arbeiten.
Wir werden zum Kinderförderungsgesetz in der zweiten Jahreshälfte einen Entwurf in den Landtag einbringen, so hoffe ich, wenn die Ressorts die Mitzeichnung mitgemacht haben. Dann werden wir noch einmal darüber beraten können, wie wir tatsächlich das Kinderförderungsgesetz so gestalten, dass wir auch in den Jahren 2025 und 2026 gute Verhältnisse haben.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Frau Ministerin, Sie haben Ihre Redezeit um mehr als zwei Minuten überzogen. Das stelle ich hiermit fest. Die Folgerungen für die Debattenredner ergeben sich aus der Geschäftsordnung.