Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Danke. - Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Zukunft braucht Herkunft“ ist einer der zentralen Sätze des Philosophen Odo Marquard. Der Satz bedeutet, dass zur Identität ganz wesentlich das Bewusstsein von der eigenen Geschichte gehört. 

Es ist unbestritten, dass der Aufbau von Identität eine Aufgabe ist, an der auch insbesondere Schule mitzuwirken hat. Hierzu habe ich insbesondere den Sachkunde , den Geschichtsunterricht, aber auch die kulturelle Bildung im Blick. 

Daran, dass die Umbenennung von Sachunterricht in Heimatkunde zur Stärkung des Identitätsbewusstseins unserer Schülerinnen und Schüler beiträgt, habe ich gewisse Zweifel. 

Der Sachunterricht ist ein Unterrichtsfach in der Grundschule, das sich mit naturwissenschaftlichen und technischen Erscheinungen sowie mit sozialen, wirtschaftlichen und geschichtlichen Gegebenheiten des heimatlichen Raumes vertraut machen soll. Die räumlichen, natürlichen, historischen sowie gesellschaftlichen Aspekte des Wohn- und Heimatortes, also des Landkreises, der kreisfreien Stadt und des Landes, werden im Sachunterricht umfänglich thematisiert. Für das Weltwissen der Kinder engt eine Bezeichnung wie Heimatkunde dieses Fach sogar eher ein. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP) 

Eine solche Fachbezeichnung wird auch dem Ziel der Kompetenzentwicklung bei den Lernenden zur Behandlung von naturwissenschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Inhalten nicht umfassend gerecht.

Um vielleicht einen weiteren Punkt Ihres Antrages zu berücksichtigen, sage ich Folgendes: Der bis in die 90er-Jahre bestehende Heimatkunde-Unterricht, dessen Existenz auf den Übergang aus der ehemaligen DDR zurückzuführen war, war kein Ankerpunkt gegen Abwanderung. Gerade aus dieser Generation siedelten Menschen in bisher nicht gekanntem Maße in die alten Länder über.

(Zuruf von der AfD: Warum? - Weitere Zurufe von der AfD) 

Auch die im Antrag geforderte konzeptionelle Neuausrichtung des gegenwärtigen Sachunterrichtes ist nicht erforderlich. Die vorgeschlagenen Schwerpunkte sind bereits ein Bestandteil des gegenwärtigen Sachunterrichts. 

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU - Lothar Waehler, AfD: Das ist wohl nicht so!)

Der Lehrplan eröffnet den Schulen und Lehrkräften Freiräume, damit unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten und räumlichen Bedingungen diese Schwerpunkte umgesetzt werden. Auch findet an den Schulen teilweise Schulgartenunterricht oder urbanes Gärtnern statt. Die Pausenhöfe oder die Umgebungen der Grundschulen werden zunehmend ökologischer und nachhaltiger gestaltet, damit sich die Kinder wohlfühlen. Dadurch wird auch ein Beitrag zur Gesundheitsförderung geleistet.

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich dadurch mit Themen des Naturschutz- und Umweltschutzes in ihrer Heimat, aber auch mit örtlicher und landwirtschaftlicher Nutzung auseinander. Viele Schule haben Patenschaften mit regionalen Erzeugern abgeschlossen oder nutzen auch den Besuch z. B. von Wochenmärkten für die Wissensvermittlung über regionale Produkte.

Bei der derzeitigen Überarbeitung der Lehrpläne für die Grundschulen stellt die Bildung für nachhaltige Entwicklung einen der maßgeblichen Überarbeitungsschwerpunkte dar. Daher wird der Umwelt- und der Naturschutz im Zusammenhang mit der regionalen Lebensmittelerzeugung und mit der nachhaltigen Landwirtschaft im neuen Lehrplan sehr umfänglich ausgewiesen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme nun zu den Märchen der Brüder Grimm. Die Märchen der Brüder Grimm sind bereits ein Bestandteil des Fachlehrplanes des Unterrichtsfaches Deutsch in der Grundschule.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Sie werden auf der Grundlage der allgemeingültigen Textausgaben im Unterricht vermittelt, selbst gelesen und vorgelesen sowie zu unterschiedlichen Fragestellungen der Texterschließung und Sprachbetrachtung auch thematisiert. Im Grundwissen des Fachlehrplanes sind dafür die deutschen Volksmärchen der Brüder Grimm ausgewiesen worden. Die altersentsprechende Auswahl und der fachdidaktische Einsatz des konkreten Märchens der Brüder Grimm liegen in der pädagogischen Verantwortung der Lehrkraft.

Auch Märchen unserer europäischen Nachbarn wie von Hans Christian Andersen können Gegenstand des Unterrichts sein. 

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bis zum Ende der Grundschulzeit entwickeln die Kinder gemäß dem Fachlehrplan prozessbezogene Kompetenzen wie das Bilden von eigenen Vorstellungen, besonders auch bei Märchen und Fabeln, wodurch sie sich zunehmend selbstständig mit kulturell überlieferten und tradierten Bildern auseinandersetzen.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Der Musikunterricht in der Grundschule hat gemäß dem Fachlehrplan die Aufgabe, das Bedürfnis der Kinder nach Singen, instrumentalem Musizieren, Tanz und Bewegung sowie Musikhören zu erhalten, weiterzuentwickeln und auch zu kultivieren. Das Singen als musikalische Handlungskompetenz ist ein durchgehender Bestandteil des Unterrichts, auch mit instrumentaler Begleitung durch die Musiklehrkraft.

Dies ist auch ein grundlegender Prüfungsinhalt der auszubildenden Lehrkraft für das Fach Musik. Gemäß den Festlegungen im Fachlehrplan sind bis zum Ende der Grundschulzeit - jetzt hören Sie gut hin, Herr Tillschneider - 20 traditionelle und aktuelle Volks- und Kinderlieder 

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN) 

melodisch, rhythmisch und textlich sicher zu singen. Was das Singen vor allem zu Beginn des Schulalltags betrifft, kann ich Ihnen sagen, dass in den Grundschulen oft gesungen wird. Die konkrete Auswahl obliegt dabei immer der Verantwortung der Lehrkraft bzw. des Kollegiums.

Eine staatliche Festlegung der Schulaufsicht zu der konkreten Auswahl von Liedern und zu deren zeitlichem Einsatz im Schulalltag lehne ich ab. Das entspräche auch nicht der pädagogisch-didaktischen Freiheit der Lehrkräfte, in die ich im Übrigen als Ministerin absolutes Vertrauen habe. - Vielen Dank.