Michael Richter (Minister der Finanzen):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit den hier vorgeschlagenen Gesetzgebungsvorhaben wird von der im Grundgesetz vorgesehenen Länderöffnungsklausel in Artikel 72 Abs. 3 Satz 1 Nummer 7 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht. Nur darüber ist es möglich, dass ein Land selbst mit seiner Gesetzgebungskompetenz Veränderungen herbeiführen kann, um unterschiedliche Hebesätze für Wohngrundstücke einerseits und Nichtwohngrundstücke andererseits für die Grundsteuer B festzulegen. Das ist optional und heißt: Die Kommune kann, muss aber nicht. 

Für Sie folgender Hintergrund, damit Sie das einordnen können: In unserem Land hat sich aufgrund der Echtdaten das gezeigt, was sich in Nordrhein-Westfalen schon früher in einer Region gezeigt hat, nämlich dass es hier Auswirkungen gibt, die dazu führen, dass es zu erheblichen Unterschieden bezüglich der Wohngrundstücke bzw. der betrieblich genutzten Grundstücke kommt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat damals innerhalb der Regierung eine sehr differenzierte Betrachtung und Auseinandersetzung gehabt. Man hatte überlegt, ob man selbst davon Gebrauch macht oder ob der Bundesgesetzgeber, das Bundesfinanzministerium, seinerseits möglicherweise die Öffnung herbeiführt. 

Hintergrund war damals allerdings die Diskussion, ob dann die Länder, die nicht das Bundesmodell anwenden, noch einmal an ihre Gesetze herangehen müssen. Das, was in Aussicht gestellt wurde, dass der Bund das, wie gesagt, von sich aus noch einmal ändert und die Öffnung herbeiführt, ist dann nicht so umgesetzt bzw. vorgenommen worden, und zwar mit der Begründung, dass dann die anderen Länder auch noch einmal ihre Gesetze aufgreifen und ändern müssen. Das hatte zur Folge, dass Nordrhein-Westfalen nach einer längeren Diskussion in der Regierung das Gesetzgebungsverfahren durchgeführt hat. Man hat übrigens ein 80-seitiges Gutachten erstellt, um sicherzustellen, dass auch die verfassungsrechtliche Seite hierbei gewahrt bleibt, wie viele andere Themen. 

Das Land Schleswig-Holstein hat sich dann dem angeschlossen. Hier hat sich aufgrund der Echtdaten, die wir ab Mitte August den Kommunen übergeben haben, gezeigt, dass auch wir in den Regionen zum Teil sehr unterschiedliche Werte aufgrund der Festlegung gleichmäßiger Hebesätze bekommen. 

Es ist auch schon gesagt worden, dass die Messzahl hierbei nicht hilft. Das haben wir uns auch angeschaut, weil das regional doch sehr unterschiedlich ist, und zwar mit der Folge, dass hierbei über das Thema der differenzierten Hebesätze tatsächlich die Möglichkeit besteht, entsprechend auszugleichen. 

Vielleicht noch ein Hinweis. Der Städte- und Gemeindebund war erst davon nicht überzeugt, dann war er überzeugt, jetzt ist er wieder nicht überzeugt bezüglich der Änderungen. Diesbezüglich müssen wir schauen, wie sich das nach der Anhörung darstellen wird. Ich kann nur dafür plädieren, dass man diesem Gesetz im weiteren Verfahren zustimmt, da hiermit die Möglichkeit für die Kommunen besteht, entsprechende Ungerechtigkeiten auszugleichen. - Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Dann haben wir eine Möglichkeit für die AfD-Fraktion: Wer von euch beiden möchte? - Schaut euch an, dann entscheidet euch. - Herr Rausch, bitte. 


Tobias Rausch (AfD):

Sehr geehrter Herr Finanzminister, die Neubewertung ist im letzten Jahr erfolgt. Es gibt natürlich viele Einsprüche. Folgende Fragen: Wie wird damit umgegangen bei der Bewertung der Grundsteuer? Wann erhalten die Leute endlich eine Antwort auf ihren Einspruch, den sie erhoben haben? Ich selbst habe mehrere Einsprüche erhoben, habe aber nur auf einen Einspruch eine Antwort bekommen. Wie läuft das jetzt eigentlich ab?


Michael Richter (Minister der Finanzen):

Wir haben nach meiner Kenntnis ca. 150 000 Einsprüche in der Größenordnung. Wir differenzieren zwischen den Einsprüchen. Diejenigen, bei denen die Verfassungsmäßigkeit aufgegriffen wird, werden erst einmal beiseite gepackt. Sie wissen, dass die entsprechenden Verfahren vor den Gerichten laufen. Die inhaltlichen Einsprüche werden nach und nach abgearbeitet; das ist klar. Im Augenblick hatte Vorrang, dass die Daten ermittelt werden, damit die Echtdaten relativ zügig zu den Kommunen kommen, damit sie ihrerseits dann letztlich die Voraussetzung schaffen können, dass noch in diesem Jahr die Grundsteuerbescheide hinausgehen. Im nächsten Schritt werden wir dann verstärkt die Einsprüche bearbeiten. 

Was wir auch noch machen, ist, dass über verschiedene Prüfungen den Kommunen zur Hand gehen wollen, wo offensichtlich - aufgrund falscher Antragstellung, auch durch andere Fehler - die Bescheide noch einmal aufgegriffen werden müssen, um diese sich anzuschauen: Was ist denn da wirklich der Hintergrund, warum sich hier mittlerweile solche großen Unterschiede zeigen. 

Wie gesagt, das ist der nächste Schritt. Den können wir nach und nach abarbeiten. Wichtig war bisher, dass wir die Kommunen in die Lage versetzen, jetzt die Grundsteuerbescheide entsprechend festzusetzen. Wenn das Gesetz durchgeht, hat die Kommune auch noch die Möglichkeit, bis November - diese Zeitschiene wird sich so darstellen - entsprechende Korrekturen vorzunehmen, um Ungerechtigkeiten so weit wie möglich zu vermeiden.