Sebastian Striegel (GRÜNE): 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst die Gelegenheit nutzen, der Kollegin Heide Richter-Airijoki für ihren sehr differenzierenden Redebeitrag zu danken. Ich glaube, so lohnt es sich, über ein solches Gesetz zu sprechen und zu streiten.

(Zustimmung bei der Linken und bei der SPD)

Der AfD will ich sehr deutlich sagen - ich weiß nicht, ob Sie von Karl Popper und dem Paradoxon der Toleranz gehört haben  : Es ist sowohl empirisch als auch politisch völlig klar, dass es keine Toleranz für die Intoleranten geben kann. Gegen Intoleranz muss man sich wehren. 

(Beifall bei den GRÜNEN, bei den Linken und bei der SPD)

Deswegen wehren sich Demokratinnen und Demokraten immer wieder gegen die Intoleranz der AfD, gegen den Rassismus, gegen den Sexismus, gegen all das, was Sie an Menschenfeindlichkeit verbreiten. 

(Daniel Rausch, AfD: Wer sind denn die pädophilen Parteien? Das seid ihr doch! - Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Ich hätte mir gewünscht, Frau Ministerin Grimm-Benne, dass die Landesregierung nicht nur Diskriminierung eine Absage erteilt, Beratungsstellen fördert, sondern dass sie auch ihre Möglichkeiten, die sie selbst hat, nutzt, an der Stelle gesetzgeberisch tätig zu werden. Das kann der Bund nicht für uns tun, sondern wir müssen selbst ran. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich glaube, dass auf der Grundlage unseres Gesetzentwurfs eine vernünftige Debatte möglich ist. Ich wünsche mir, dass wir über diesen Gesetzentwurf in den Ausschüssen beraten und ihn im Plenum, dann vermutlich in geänderter Fassung, nach der zweiten Lesung verabschieden können. 

Zu den Punkten, die von der CDU aufgeworfen worden sind. Angriff auf alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Entschuldigung, das ist wirklich ein infamer Vorwurf an der Stelle und nach meiner Rede umso mehr. Das Gesetz hat sich in Berlin nicht als Bürokratiemonster erwiesen. Ich kann mich noch an die Debatten im Landtag von Sachsen-Anhalt erinnern. Der damalige Innenminister hat gedroht, keine Beamtinnen und Beamten mehr nach Berlin zu entsenden. Wir haben sie trotzdem geschickt, und zwar richtigerweise - Gott sei Dank. 

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf)

Dieses Land ist gesetzestreu. Ich kenne keinen einzigen Fall, bei dem Beamte aus Sachsen-Anhalt angezählt worden sind. 

Gegen die Berliner Polizeibeamten richteten sich 187 Beschwerden. Im Übrigen erwiesen sich 162 Beschwerden als unbegründet. Es ist also nicht so, dass an dieser Stelle Missbrauch betrieben werden könnte. 

(Guido Kosmehl, FDP: Hauptsache wir haben eine solche Regelung!)

15 Beschwerden, also 8 %, waren begründet und es haben sich sogar Schadensersatzansprüche ergeben. Richtigerweise an einer Stelle, an der jemand gefragt worden ist, woher er denn eigentlich kommt. Der Geburtsort Bochum soll als Antwort nicht ausgereicht haben. Die Polizistin hat darauf bestanden, irgendwie seine Migrationsgeschichte zu hören, die es nicht gab, weil er in Bochum geboren ist. 

(Zuruf: Geschichten aus dem Paulaner Garten!)

Ich finde das wichtig. Das Zentrale bei diesem Gesetzentwurf ist nicht, dass am Ende staatliche Behörden gegängelt werden, Beamtinnen und Beamte und Angestellte in den Fokus kommen, sondern es ist die Sensibilisierung, es ist die Prävention. Dort liegt der eigentliche Hase im Pfeffer. 

(Beifall bei den GRÜNEN, bei den Linken und bei der SPD)

Wenn wir uns ansehen     Jetzt will ich auf Zahlen rekurrieren, die uns Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte selbst gegeben haben. Es gibt eine Studie, die hat - Achtung! Aufgepasst hier vorn! - Horst Seehofer in Auftrag gegeben. Der steht nun wirklich nicht im Verdacht, in irgendeiner Form eine grüne Agenda zu haben. 

(Ulrich Siegmund, AfD: Doch!)

- Nein, überhaupt nicht. - Er hat eine Studie in Auftrag gegeben, und zwar die MEGAVO-Studie, in deren Rahmen Beamtinnen und Beamte über einen längeren Zeitraum zu ihren Erfahrungen befragt wurden. Ich will kurz über die Ergebnisse dieser Studie referieren. Jeder dritte Polizeibeamte hat im Dienst binnen eines Jahres rassistische Äußerungen von Kolleginnen und Kollegen erlebt. Beamtinnen und Beamte berichten, dass sie rassistische Äußerungen von Kolleginnen und Kollegen erleben. Bei zwei zeitlich versetzten Online-Befragungen waren es einmal 33 % und einmal 32 %.

Sexistische Äußerungen fielen im vergangenen Jahr laut der Studie etwas mehr als 40 % der teilnehmenden Polizisten und Polizisten auf. 10 % von ihnen gaben an, dies sei in ihrem Arbeitsumfeld binnen eines Jahres in mehr als zehn Fällen vorgekommen. Es gibt so etwas und es findet auch bei der Polizei statt, weil bei der Polizei Menschen arbeiten. 

Wir stellen diese Menschen nicht unter Generalverdacht, sondern wir wollen ihnen helfen, weniger diskriminierend zu wirken. Das ist eine Aufgabe für uns alle, und zwar egal, ob wir Fraktionsvorsitzender, einfache Abgeordnete oder Beamtinnen und Beamte sind. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der Linken und bei der SPD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke, Herr Striegel. - Damit sind wir am Ende der Debatte.