Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Artikel 7 unserer Verfassung garantiert die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz. Er verbietet die Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der sexuellen Identität, der Abstammung oder wegen der Sprache, der Heimat und Herkunft, des Glaubens oder der religiösen oder politischen Anschauungen oder aus rassistischen Gründen.
Die Fallzahlen der Antidiskriminierungsstellen von Bund und Land zeigen hingegen, dass Ungleichbehandlung, Diskriminierung und Ausgrenzung immer noch ein alltägliches und strukturelles Problem darstellen, z. B. am Arbeitsplatz oder bei der Wohnungssuche. Eine wachsende Zahl an Menschen erfährt Diskriminierung, insbesondere Migrantinnen und Migranten, Menschen mit Behinderungen, Frauen oder queere Menschen.
Zum Schutz vor Diskriminierung ist auf der Bundesebene im Jahr 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG, in Kraft getreten. Der Sinn und der Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen vor Benachteiligungen aufgrund bestimmter personengezogener Merkmale zu schützen.
In den zurückliegenden 16 Jahren Praxiserfahrung sind die Schwächen des AGG deutlich geworden. Das Gesetz schützt nicht alle von Diskriminierung Betroffenen. Es ist nicht anwendbar auf alle Lebensbereiche und die Durchsetzung des Rechts ist in vielen Fällen schwer möglich. Hierfür bedarf es, wie gerade gesagt worden ist und wie im Bundeskoalitionsvertrag verankert, einer umfassenden Reform, die Schutzlücken schließt, den Rechtsschutz für Betroffene verbessert und den Anwendungsbereich ausweitet.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, wir stehen in Sachsen-Anhalt beim Thema Antidiskriminierung definitiv nicht vor dem Nichts - ganz im Gegenteil. Sachsen-Anhalts Antidiskriminierungsarbeit ist im deutschlandweiten Vergleich auf einem guten Niveau. Wir haben in der Koalition vereinbart, uns entschieden gegen jede Form von Diskriminierung zu stellen und wirksame Maßnahmen für ein diskriminierungsfreies Zusammenleben zu ergreifen.
Seit 2017 fördern wir im Rahmen des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit Beratungsstellen gegen Diskriminierung. Die Beraterinnen und Berater helfen Betroffenen, zu ihrem Recht zu kommen. Es braucht viel Kraft und Mut, sich gegen Diskriminierung zu wehren. Beratungsstellen geben Ermutigung und rechtliche Orientierung, sie informieren und klären auf. Sie stehen Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite. Allein im Jahr 2023 haben sich mehr als 200 Personen an die Antidiskriminierungsstellen im Land gewandt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Lassen Sie uns gemeinsam auch weiterhin und mit aller Entschlossenheit für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft eintreten. Dieses Engagement ist für ein gutes Zusammenleben in Sachsen-Anhalt unverzichtbar.
Wir setzen darauf, dass Menschen, die Diskriminierungserfahrungen machen, durch niedrigschwellige, kostenlose Beratung auf dem Weg zur Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt werden. Aber vor allem setzen wir darauf, dass der Bund die länderübergreifend monierten Regelungslücken im AGG zeitnah schließt. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Herr Striegel, bitte.
Sebastian Striegel (GRÜNE):
Ich habe eine Frage. - Vielen herzlichen Dank erst einmal, Frau Ministerin. Ich glaube, es ist wichtig, dass das Land Sachsen-Anhalt Beratungsstellen fördert. Mitarbeiter genau dieser Beratungsstellen sagen uns - das ist der Hintergrund, warum wir diesen Gesetzentwurf eingebracht haben : Wir brauchen eine gesetzliche Grundlage, und zwar ausdrücklich für die Dinge, die auch der Bund nicht regeln kann, weil sie in der Gesetzgebungskompetenz der Länder liegen.
Meine Frage ist: Warum will das Land Sachsen-Anhalt auf die Wahrnehmung dieser Gesetzgebungskompetenz verzichten und sich auf bloße Worte beschränken, indem man sagt: Ja, Diskriminierung ist schlimm und dagegen tun wir etwas, wir beraten.
Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Wir sehen eher die Regelungslücken im AGG für eine weitere umfassende Beratung und das, was Sie sozusagen heute
(Zurufe von Sebastian Striegel, GRÜNE, und von Henriette Quade, Die Linke)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Einfach nur antworten auf die Frage. Wir machen hier keine Zwiegespräche.
(Eva von Angern, Die Linke: Wir sind doch aber im Parlament! So geht es doch nicht!)
Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Es geht doch aber darum: Sie sind der Gesetzgeber. Dann müssten wir - wir haben das in der Koalitionsvereinbarung nicht geregelt - mit den Regierungsfraktionen dazu beraten, ob die Regierungsfraktionen es möchten, dass wir so einen Gesetzentwurf einbringen.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Diese Gelegenheit wollen wir Ihnen geben!)
- Ja.
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke, Frau Grimm-Benne.