Andreas Henke (Die Linke):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Was in vielen Teilen der Welt, in Asien, in Amerika, in Südeuropa, zur Normalität gehört, wird auch bei uns zunehmend Normalität: Klimaanlagen. Klimatechniker haben hierzulande gut zu tun, weil die Sommer immer heißer und trockener werden. Sie haben mit der Installation von Klimaanlagen und auch mit der Wartung vorhandener Klimaanlagen zu tun. Aber wie gehen wir mit der größten natürlichen Klimaanlage um? Wie warten wir den Wald? Wie pflegen wir den Wald? Kollegin Pasbrig hat es umschrieben mit: Den Wald besser ins Auge nehmen. 

Sie alle kennen aus ihrer Schulzeit, aus der Studienzeit und aus den eigenen Erfahrungen die Multifunktionalität des Waldes: seine Schutzfunktion, seine Nutzfunktion, seine Erholungsfunktion, seine Funktion für das Klima, für die Umwelt etc. Ich erspare mir weitere Erläuterungen. Aber gerade weil diese Multifunktionalität gegeben ist, sollten wir sehr sorgsam, nachhaltig pflegend und schützend mit dem Wald umgehen. 

(Zustimmung bei der Linken)

Wälder sind heute zahlreichen Gefahren ausgesetzt: Stürme, Insekten, Borkenkäferbefall, Trockenheit und Brände. Eine der größten Bedrohungen für das Ökosystem Wald sind die großflächigen Brände, die die Lebensräume unzähliger Pflanzen, Tiere, Bäume, Pilze zerstören, vielfach witterungsbedingt, vielfach biologisch bedingt, aber nicht selten auch von Menschenhand gemacht. 

Waldbrände sind natürlich immer auch ein sehr emotionales Thema, weil neben den wirtschaftlichen und den ökologischen Schäden oftmals auch Menschenleben in Gefahr sind. Sie sind ein großes Sicherheitsrisiko für die Menschen. Sie zerstören die Multifunktionalität des Waldes und verursachen durch die Vernichtung von über Jahrzehnte hinweg gewachsenen Beständen einen großen wirtschaftlichen Schaden innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen. 

Bei extremen Wetterlagen wie lang anhaltenden Hitze- und Trockenperioden ist das Gefahrenpotenzial ganz besonders groß. Dabei braucht es in der Tat nur wenig, um aus einem Funken einen großen Brand zu machen. Die Ursachen sind vielfältig. Es kann auch die weggeworfene Zigarette sein, die der Kollege Feuerborn ansprach. Trockene Pflanzenreste, trockene Nadeln, Gräser, kleine Zweige sind das erste Brennmaterial. Wenn das Feuer erst eine gewisse Größe erreicht hat, dann geht es natürlich auf das Totholz über. Wenn es richtig in Fahrt kommt, dann werden alle Pflanzenteile ergriffen; selbst die Wurzeln im Boden werden nicht verschont. 

In großen Nadelwaldbeständen, wie es sie im Harz noch gibt, sind die Übergriffe auf die Baumkronen besonders heimtückisch; denn Baumkronenbrände lassen sich im Gegensatz zu Bodenfeuern nur schwer unter Kontrolle bringen und sorgen bei dichtem Baumbestand für eine schnelle Ausbreitung. Sie sind bei herabstürzenden Ast- und Stammsegmenten auch eine große Gefahr für die Sicherheit der Einsatzkräfte in der Brandbekämpfung am Boden. Bei harzhaltigen Nadelbäumen, allen voran Kiefer und Fichte, ist das Risiko natürlich besonders groß. 

In Sachsen-Anhalt gab es in der jüngsten Vergangenheit eine Vielzahl von Einsatzlagen, die dieses Szenario untermauern. Insbesondere in meiner Heimatregion, dem Landkreis Harz, haben wir das mehrfach leidvoll erfahren müssen. Nach den Bränden in den Jahren 2022 und 2023 gab es nun wieder einen großen Waldbrand im Oberharz. 

Wir haben bereits gehört, wie viele Hundert Einsatzkräfte dabei waren, das Feuer zu löschen. Feuerwehren aus dem Harzkreis, aus den Nachbarlandkreisen, unterstützt von der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Nationalparkverwaltung, von Hilfeleistungsorganisationen und natürlich von vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern, die vor Ort waren. 

So gelang es im Zusammenwirken, im Zusammenspiel aller Kräfte, das Feuer, das am 6. September ausbrach, bereits am 8. September unter Kontrolle zu bringen und am 11. September endgültig zu löschen. Nach den einschätzenden Worten des Kreisbrandmeisters Harz im Kreistag des Landkreises wurde das kontrollierte Eindämmen bereits nach drei Tagen erreicht, wofür man in den Jahren 2022 und 2023 noch mehr als eine Woche gebraucht hat. An dieser Stelle darf auch ich namens meiner Fraktion allen beteiligten Einsatzkräften meinen größten Respekt und herzlichen Dank aussprechen. 

(Zustimmung bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

An dieser Stelle hat sich gezeigt, dass die Begründung zu der von der Koalition beantragten Aktuellen Debatte mit Blick auf die erwähnte Wernigeröder Erklärung auf umgesetzte Maßnahmen zur Prävention und zur Zusammenarbeit in der Tat zutreffend ist. 

Bereits im Jahr 2022 hatte der Kreisfeuerwehrverband einen 16 Punkte umfassenden Forderungskatalog vorgelegt. Dieser reichte von 

•    sensorgestützten Kamerasystemen in besonders gefährdeten Gebieten über die 

•    Sicherstellung technischer Prävention durch die Harzer Schmalspurbahn, 

•    die Löschwasserbevorratung, die sich unter anderem am Bahnhof Schierke, am Goethebahnhof und am Scharfenstein bestens bewährt hat, 

•    die Organisation von Luftunterstützungsmitteln durch Kooperationen mit angrenzenden Bundesländern   es waren Flugzeuge aus Braunschweig dabei  , 

•    die Aufnahme von kleineren geländegängigen Tanklöschfahrzeugen, von Pickups, ATV, also All Terrain Vehicles, oder das Tanklöschfahrzeug 4000 St in die Landesförderung bis hin zum 

•    Schlagen betret- und befahrbarer Schneisen und Zuwegungen außerhalb des vorhandenen Wegesystems. 

Jedoch, so die Einschätzung unseres Kreisbrandmeisters, sind längst nicht alle Forderungen umgesetzt worden. Im Bereich des Brockens haben weder die Satellitenüberwachung noch die Waldbranddetektoren bisher zuverlässig Brände erkannt. Deshalb sollte nach den Vorstellungen des Kreisfeuerwehrverbandes ein Waldbrandfrüherkennungssystem, ein automatisiertes System, installiert werden, das eine direkte Aufschaltung auf die integrierte Rettungsleitstelle des Landkreises hat. 

Notwendig sei künftig, auch wenn Kräfte der Nationalparkverwaltung vor Ort waren, eine verbindliche Bereitschaft von Mitarbeitenden der Nationalparkverwaltung. Zudem braucht es Ausweich- und Aufstellflächen für Fahrzeuge und Technik in bestimmten Risikobereichen. Des Weiteren sollte künftig eine regelmäßige Großübung unter Beteiligung aller Stabsstrukturen im Bereich des Brockens geben. 

Das Totholz   das wurde bereits angesprochen   ist nach wie vor ein großes Problem im Harz. Auch beim letzten Einsatz Anfang dieses Monats hatten das THW und der Nationalpark erst mit viel Aufwand Schneisen schlagen müssen, um Bodentrupps den Weg zu den Brandherden zu ermöglichen, was natürlich der Ausbreitung des Feuers einen entsprechenden zeitlichen Vorschub leistete. 

Das präventive Schlagen von Schneisen bot in der Vergangenheit ebenso wie die Forderung nach einer großflächigen Entnahme von Totholz immer wieder Anlass für strittige Auseinandersetzungen   Herr Minister Schulze hat darauf hingewiesen  , teils in gerichtlichen Verfahren. 

In der Tat geht es einerseits um den Erhalt einer unter besonderen Schutz gestellten Biodiversität im Nationalpark, die eben nur minimale Eingriffe zulässt. Andererseits darf stringenter Naturschutz nicht dazu führen, dass das schutzwürdige Gut anderweitigen Gefahren der Vernichtung ausgesetzt ist oder sogar Menschenleben größeren Gefahren ausgesetzt werden. Hierbei ist mit größter Sorgfaltspflicht zwischen schutzwürdigen Gütern und präventiven Maßnahmen für den Brandschutz abzuwägen. 

(Zustimmung bei der Linken, von Elrid Pasbrig, SPD, und von Wolfgang Aldag, GRÜNE)

Bei der Frage, wie viel Brandschutz braucht und wie viel Brandschutz verträgt der Naturschutz, müssen die Antworten in der Auslegung und Anwendung von Brand- und Katastrophenschutz sowie Nationalparkgesetz gemeinsam gefunden werden. 

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Henke, warten Sie einmal ganz kurz. - Ich erwarte ein stärkeres Interesse an der Debatte der Fraktionen, insbesondere aufseiten des zuständigen Ministers und auf der Ministerbank. Das Gequatsche hier stört inzwischen wirklich sehr. Danke. - Sie haben das Wort, Herr Henke. 


Andreas Henke (Die Linke):

Vielen Dank. - Inzwischen haben sowohl der Landkreis Harz als auch das Land Niedersachsen Löschflugzeuge unter Vertrag genommen. Der Kreistag des Landkreises Harz hat in seiner letzten Sitzung eine neue Vertragsperiode beschlossen. An ausgewählten Brandschwerpunkten entlang der Bahnstrecken wurden Rauchsensoren installiert. Die Nationalparkverwaltung hat viel Geld für den Wege- und Brückenneubau an möglichen Einsatzwegen in die Hand genommen sowie Löschwasserentnahmestellen ertüchtigt und zudem zwei große Löschwasserbehälter mit jeweils 20 000 l in der Nähe des Scharfensteins aufgestellt. 

Die Harzer Schmalspurbahn hat reagiert. Sie setzt ab der Waldbrandstufe 4 nur noch Dieselloks zur Fahrt auf den Brocken ein. Das Führen digitaler Waldbrandeinsatzkarten erleichtert künftig auch die Einsatzleitung und die Koordinierung aller Kräfte im Ernstfall. 

Unsere Aufgabe, werte Kolleginnen und Kollegen, muss es sein, über den Landeshaushalt sicherzustellen, dass diejenigen, die im Brand- und Katastrophenschutz im Einsatz an vorderster Linie kämpfen, auch mit dem ausgestattet sind, was sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben brauchen. Das muss sich künftig im Haushalt des Landes abbilden, genauso wie niedrigschwellige Fördermittelprogramme und Vergaben. 

(Zustimmung bei der Linken)

Insofern war es am Rande des Landesfeuerwehrtages in Quedlinburg zumindest eine erfreuliche Nachricht der Frau Ministerin, dass der Katastrophenschutz im Haushaltsplanentwurf für die Jahre 2025 und 2026 aufgewertet wird. Somit bieten die anstehenden Beratungen zum Haushalt als auch das noch offene Fachgespräch zum Katastrophenschutz, das voraussichtlich im November im Innenausschuss stattfinden wird, eine gute Gelegenheit, die Bedarfe aller Einsatzkräfte noch einmal in den Blick zu nehmen. - Vielen Dank.