Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Vielen Dank. - Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich spare mir eingangs die Hinweise auf fragile Männlichkeit und Größenwahn, man weiß ja sonst gar nicht, wo man bei diesem absurden Antrag anfangen soll.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Um zunächst den Titel nach vorn zu stellen: Ja, Olympia verbindet. Das haben wir in den vergangenen Wochen eindrucksvoll erlebt. Spaltung fand nur auf Social Media statt. Denn das Einzige, was spaltet, sind diejenigen, die wirklich jede Gelegenheit dafür nutzen, die Empörungsmaschine anzuschmeißen, um in diesem Fall mit ihrem queerfeindlichen - und wie wir in Ihrer Rede gehört haben  , auch misogynen Propagandamist die Welt zu fluten.

Hierzu also die empörte Behauptung, eine Performance bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele habe mit der Darstellung von da Vincis Abendmahl unter anderem mit ein paar Drag Queens und dicken Menschen, wie wir gehört haben, die religiösen Gefühle von Christen verhöhnt und der Landtag von Sachsen-Anhalt solle das nun also beim IOC rügen. - Himmel hilf!

(Oliver Kirchner, AfD: Und heraushängenden Geschlechtsteilen! Das ist super!)

Zunächst spricht einmal sehr viel dafür, dass schon Ihre Grundannahme falsch ist. Für die Performance stand nicht da Vincis Abendmahl, sondern das „Fest der Götter“ des niederländischen Künstlers Jan van Bijlert Pate.

(Ulrich Siegmund, AfD: Das hat er doch gesagt!)

Das wurde, neben den Einlassungen der Regisseure, die genau das erklärt haben, auch durch das offensichtliche Vorhandensein des Dionysos - der dicke Typ  , den Bezug zu Speisen und Getränken, Weintrauben auf dem Kopf, das Fehlen einer Jesusfigur - Sie wissen schon, der jüdische Typ aus dem multikulturellen Melting Pot Galiläa,

(Beifall bei den GRÜNEN)

gelegen zwischen Asien und Afrika, Sandalen usw. - und nicht zuletzt durch den Kontext eines Gelages im Olymp rund um den Gott Dionysos deutlich. Das passt nämlich ganz perfekt zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele, die, wie der griechische Mythos besagt, der Halbgott Herakles zu Ehren seines Vaters Zeus begründete.

Doch selbst wenn man sich auf Ihre Deutung einlassen wollte: Demnächst beschweren wir uns dann bei Matt Groening für die Szene in Moe‘s Taverne in Springfield, in der die Protagonisten irgendwie rund um die Bar angeordnet sind, wie in da Vincis Gemälde. Oder wir rufen bei den Produzenten von Harry Potter an, weil die Lehrkräfte in Hogwarts genauso in jedem Film an ihrem Lehreresstisch sitzen,

(Zuruf von der AfD: Quatsch!)

und das alles im Namen von Religionen, denen Sie sonst bei jeder Gelegenheit ihre Bedeutung absprechen? Versuchen Sie doch nicht, uns hier hinter die Fichte zu führen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der Linken und bei der SPD - Christian Hecht, AfD: Das ist eine deutsche Eiche!)

Worum es Ihnen geht, und das haben Sie in Ihrer Rede eindrucksvoll bewiesen, sind nicht die Gefühle der Christinnen und Christen in unserem Land. Worum es Ihnen geht, ist queerfeindliche Propaganda, ist der Versuch der Spaltung der Gesellschaft, indem Sie Fake News verbreiten und Empörung schüren, wo immer es geht.

Sie machen sich damit lächerlich. Versuchen Sie nicht, den Landtag von Sachsen-Anhalt in Ihren Weird-People-Kram hineinzuziehen. Selbstverständlich werden wir diesen Antrag ablehnen. - Vielen Dank.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Scharfenort hat eine Intervention. - Herr Scharfenort, bitte.


Jan Scharfenort (AfD):

Worum es uns doch am Ende geht, ist letztendlich die Überhöhung des Ganzen,

(Olaf Meister, GRÜNE: Das machen Sie!)

diese dargestellte Perversion als das Normale darzustellen. 

Ich möchte einmal aus der „Welt“ vom 13. August zitieren:

„Die UN-Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen Frauen und Mädchen […] übt Kritik am Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung übt. Sie warnt in einem Schreiben an Bundesaußenminister Annalena Baerbock […] vor Menschenrechtsverletzungen bei Frauen und Mädchen mit Inkrafttreten des Gesetzes im November 2024.“

Sie geht dann weiter darauf ein, dass es natürlich sehr wohl geschlechtsspezifische Unterschiede gibt, die man berücksichtigen sollte. Das möchte ich hier einfach einmal zu bedenken geben. Uns als AfD geht es einfach um das Normale.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Dann sollten Sie aber nicht Herr Tillschneider vorschicken! - Zurufe: Ja! - Lachen)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Bitte, Frau Sziborra-Seidlitz.


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Vielen Dank. - Meistens lohnen die Interventionen eine Antwort nicht, aber an dieser Stelle schon. Normalität ist das, wie unser Land nun einmal aussieht. Wenn Sie hinausgehen und die Augen aufmachen, nicht nur in Ihre Social-Media-Kanäle gucken und vielleicht auch einmal aus Ihrer rechtsextremen Bubble herauskommen, dann werden Sie sehen: Dieses Land ist sehr, sehr vielfältig. In unserem Land gibt es viele Facetten von Normalität, ob Ihnen das passt oder nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der Linken)