Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wohnraum für alle ist ein Menschenrecht. In Deutschland haben mindestens 372 000 Menschen gar keine Wohnung. Dabei ist eine eigene Wohnung Grundlage für ein menschenwürdiges Leben. Sie bietet Schutz vor Wind und Wetter, ist ein Rückzugsraum und ist Voraussetzung für das Teilhaben an unserer Gesellschaft. Wir Grüne stehen für mehr soziale Wohnräume, klimagerechtes Bauen und Sanieren ein. 

Mit dem Gebäudetyp E wird nun ein weiteres Puzzlestück für diese Ziele gesetzt; denn damit können, wie bereits erklärt wurde, Prozesse vereinfacht werden. Es gibt mehr Flexibilität bei der Anwendung von Normen. Den Bauherren und Bauherrinnen werden mehr Freiheiten gegeben, wenn sie neue Wege beim Bauen beschreiten wollen. Dies fördert Kreativität und Innovation. Nachhaltige Materialien wie Holz oder Lehm können über die Experimentierklausel wieder einfacher in den Wohnungsbau integriert werden. Auch innovative Materialien, wie bspw. Textilfasern oder Karbonbeton können erprobt werden. 

Vielfältige Wohnformen können sich somit im ländlichen und im urbanen Raum schneller etablieren. Dem Ziel von 400 000 Wohnungen im Jahr kommen wir damit hoffentlich mit großen Schritten näher. 

Allein der Neubau von Wohnungen kann aber unser aktuelles Problem im Wohnungsmarkt nicht lösen. Es zeigt sich vielmehr, dass die Krise sich aktuell weiter verschärft. In diesem Halbjahr wurden 21 % weniger Wohnungen genehmigt als noch im vergangenen Jahr. Obwohl insgesamt ca. 43 Millionen Wohnungen zur Verfügung stehen, haben wir ein Problem; denn diese sind sozialräumlich nicht immer an den Stellen, an denen sie tatsächlich gebraucht werden. In Ballungsräumen findet sich oft nichts - das betrifft bei uns ganz konkret Halle oder Magdeburg  , im ländlichen Raum haben wir an manchen Stellen sogar deutlich zu viel. Über Leerstand haben wir bereits mehrfach gesprochen. 

Auch das Mietrecht muss reformiert werden. Die Krise des Wohnungsmarktes zeigt sich so deutlich, dass in Ballungsräumen oft nicht umgezogen wird, obwohl man die große Wohnung, die man hat, das Haus, das man hat, gar nicht weiter nutzen kann; denn ein Neubezug, ein Umzug ist viel zu teuer. Neue Mieten sind höher als Bestandsmieten. Das muss sich ändern. 

Um den Klimaschutz im Gebäudesektor zu stärken, müssen wir bestehenden ungenutzten Wohnraum ebenso in den Blick nehmen wie neu zu bauenden Wohnraum. Daher darf die neue Klausel nicht nur Anreize für den Neubau bieten, sondern soll auch die Potenziale des Umbaus heben. Das wäre ganz wichtig. 

Gerade bei der Sanierung von Bestandsgebäuden müssen Standards des Neubaus angewendet werden, welche oft zu sehr hohen Kosten und einem deutlichen Planungsmehraufwand führen. Mit der Experimentierklausel - ich erwähnte es bereits - könnten zukünftig Sanierungen einfacher, schneller und kostengünstiger ohne größere abweichende Bauausführungen umgesetzt werden. Altbauten könnten somit schneller wieder dem Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt werden. 

Der Gebäudetyp E bietet uns somit neue Wege, um den Wohnungsbau effizienter, nachhaltiger und innovativer zu gestalten. Aufgrund eines geringeren Bedarfs an Baumaterialien kann nachhaltiger und klimaschonender gebaut werden. Es können neue Erkenntnisse gewonnen werden, um das dann auch in großflächigem Maßstab umzusetzen und die Normen grundsätzlich weiterzuentwickeln. 

Der Typ E sollte sich auch für Verbraucherinnen und Verbraucher lohnen; denn er ermöglicht es - auch das ist meine Hoffnung  , kostengünstiger zu bauen. Das sollte sich dann auch in den Mietzahlungen widerspiegeln. Deswegen müssen Verträge transparent gestaltet werden und zugleich muss die Sicherheit gewährleistet werden. Qualitätseinbußen auf Kosten der Mieterinnen sind nicht zu akzeptieren; denn bei all diesen Vorteilen, über die wir hier diskutiert haben, dürfen die möglichen Risiken und Grenzen nicht übersehen werden. Deswegen ist das zunächst für erfahrene Bauherrinnen und Bauherren vorgesehen. Die eingeschränkte Zielgruppe sollte nach einer gewissen Erprobungsphase erweitert werden. 

Es ist zu befürworten, dass Normen flexibler werden - dazu stehen wir ganz klar  , aber eben nur in einem gewissen Rahmen. Wenn Standards gelockert werden, muss sorgfältig geplant werden, um die Qualität der Gebäude sicherzustellen. Der Verbraucherschutz ist ein hohes Gut in unserem Land. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mindestens eine Beratungsleistung sollte rechtlich verpflichtend geregelt werden. Ob die gewünschte Akzeptanz in der Baubranche und bei den Genehmigungsbehörden eintritt, ist dann noch abzuwarten. 

Eine Evaluierung der Gesetzesänderung sollte nach spätestens drei Jahren erfolgen; denn eine Änderung lohnt sich nur, wenn die Gebäudeklasse E tatsächlich angewandt wird. Auch das ist bereits diskutiert worden. Die Einführung einer neuen Gebäudeklasse wird die Herausforderungen in Summe nicht lösen, aber durch die Kombination des innovativen Gebäudetyps E mit nachhaltigen Maßnahmen können wir einen großen Schritt in Richtung einer besseren Wohnzukunft in Deutschland schaffen. Deswegen sind wir sehr für diesen Antrag und für den Gebäudetyp E. 

(Beifall bei den GRÜNEN)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Danke. Es gibt keine Nachfragen hierzu. - Herr Grube, noch einmal? - Nein. Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, gibt es auch keinen Antrag auf Überweisung, sondern es ist eine Direktabstimmung gewünscht. - Okay, dann machen wir das.