Tagesordnungspunkt 26
Beratung
Pragmatische Maßnahmen zur Fachkräftebindung: Bleibe-Prämie für erfahrene Lehrkräfte auch in Sachsen-Anhalt!
Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/4457
Herr Tillschneider steht schon vorn zur Einbringung. - Bitte, Herr Tillschneider.
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Herr Präsident! Werte Kollegen! Konrad Adenauer soll einmal den Satz gesagt haben: Wir können uns die Menschen nicht backen, wir müssen mit denen arbeiten, die wir haben. - Das soll damals auf das Führungspersonal der CDU bezogen gewesen sein. Angesichts des Führungspersonals der CDU nimmt eine solch resignative Grundstimmung auch nicht wunder. Aber eine solche Einstellung ist natürlich darüber hinaus überall dort recht am Platz, wo überhöhte Ansprüche an Menschen angesichts der Realität scheitern.
Wie wir alle wissen, fehlen Lehrer. Der Arbeitsmarkt ist leergefegt, hundertmal abgegrast, bis auf den letzten Seiteneinsteiger ausgequetscht. Durch Werbemaßnahmen, Anzeigenkampagnen, Headhunter-Projekte und weiteren Schnickschnack dieser Art wird sich kurzfristig also nicht viel machen lassen.
Eine verstärkte Ausbildung von Lehrern kann auch nicht helfen; denn die Ausbildung eines Lehrers dauert an die sechs Jahre. Selbst wenn heute so viele Lehrer, wie wir bräuchten, ihre Ausbildung beginnen würden, kämen sie erst in sechs Jahren an die Schule.
Dabei wollen bei weitem nicht so viele junge Menschen Lehrer werden, wie wir brauchen, weil die Altparteien die Schule systematisch zugrunde gerichtet haben und weil dank ihrer ungebildeten Bildungspolitik Lehrer zu einem der unattraktivsten Berufsziele geworden ist, das nur noch knapp über Kanalarbeiter und Landwirt rangiert.
(Jörg Bernstein, FDP: Oh! Was soll denn das!)
- Isso.
(Jörg Bernstein, FDP: Ist so!)
Wenn wir uns also frei nach Adenauer neue Lehrer nicht backen können, dann müssen wir mit denen arbeiten, die wir haben. Das heißt: pensionierte Lehrer neu einstellen, wie schon von der AfD-Fraktion gefordert, oder, und darum soll es heute gehen, Lehrer mit einer Bleibeprämie im Schuldienst halten.
Wir wollen Lehrern, die beabsichtigen, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, einen Gehaltszuschlag gewähren, wenn sie von ihrem Vorhaben Abstand nehmen und weiter im Schuldienst bleiben. Außerdem soll auch Lehrer, die nicht vorzeitig, sondern regulär in den Ruhestand gehen wollen, die Fortsetzung ihres Dienstes angeboten werden.
Sicherlich werden jetzt die Kollegen von der Linken einwenden, dass die Lehrer, die vorzeitig in den Ruhestand gehen wollen, am Ende sind, erschöpft, zu keiner Fortsetzung ihres Dienstes mehr fähig, und dass deshalb eine solche Bleibeprämie nichts bringt. Aber, ich denke, sie irren sich; denn die Zulagen, die wir zahlen wollen, sind ordentlich, nämlich 700 € für das erste und zweite Schulhalbjahr, 800 € für das dritte und vierte Schulhalbjahr und 900 € ab dem fünften Schulhalbjahr in Vollzeitbeschäftigung.
Eine Herauszögerung des regulären Eintritts in Rente oder Pension soll mit zusätzlich 900 € monatlich für das weitere Unterrichten honoriert werden. Das alles dann natürlich auch rentenwirksam. Die Lehrer verdienen in ihren letzten Jahren nicht nur mehr, sondern bessern auch ihre Pension auf. Ich denke, das ist gerade auch auf den letzten Metern vor der Rente eine starke Motivation.
Die Erfahrung lehrt, wenn Arbeit nicht nur gering, sondern deutlich stärker honoriert wird, dass das natürlich auch die Motivation zu steigern vermag, und zwar gerade dann, wenn intrinsisch motivierte Personen meinen, eigentlich erschöpft zu sein. Die Aussicht auf einen substanziellen Mehrverdienst weckt ungeahnte Kräfte.
Verschiedene Bundesstaaten in den USA haben vor einigen Jahren Programme eingeführt, die finanzielle Anreize für Lehrer bieten, ihre Pensionierung hinauszuzögern. Diese sogenannten Retire-Rehire-Programme in Texas und Kalifornien sind einhellig als Erfolg bewertet worden. Eine Studie aus dem Jahr 2004 unter dem Titel „Relative pay and teacher retention“ zeigt, dass finanzielle Anreize signifikante Effekte auf die Entscheidung von Lehrern haben, länger im Dienst zu bleiben. Eine weitere Studie aus dem Jahr 1999 unter dem Titel „The turnover of teachers“ belegt, dass Prämienzahlungen Lehrer bewegen, länger zu arbeiten.
Natürlich gilt nach wie vor, dass die Bildungskrise, in der wir uns befinden, keine Krise des Geldes, sondern eine Krise des Geistes ist. Mit diesem Antrag wollen und werden wir die Bildungskrise nicht lösen. Das ist uns bewusst. Wir wollen mit diesem Antrag nur die Auswirkungen abmildern, soweit es eben geht.
Das Besondere der Weiterbeschäftigung von Altlehrern ist, dass sie dazu beträgt, nicht nur den quantitativen Mangel abzumildern, fast wichtiger noch helfen uns Altlehrer auch, den Niveauverfall abzubremsen. Denn während Junglehrer oft selbst Opfer der Bildungskrise sind und in vielen Fällen als Deutschlehrer nicht mehr richtig schreiben können oder als Geschichtslehrer keine umfassenden Geschichtskenntnisse mehr vorweisen oder als Mathematiklehrer sich in der Welt der Zahlen nicht so sicher bewegen, wie sie sollten, sind die alten Lehrer im Schnitt auch kompetenter.
Außerdem sind die alten Lehrer noch unbeeinflusst von den falschen pädagogischen Vorstellungen, die den Niedergang unseres Bildungssystems mit antreiben. Die Altlehrer sind noch nicht von der grassierenden pädagogischen Verzärtelung befallen, sind nicht angekränkelt von der Kuschelpädagogik, sondern arbeiten nach bewährten Methoden, die uns zu der hochgebildeten Wissenschaftsnation gemacht haben, die wir leider kaum noch sind.
Schließlich verfügen Altlehrer über das, was für gutes Unterrichten unerlässlich ist und was auch der beste Junglehrer nicht haben kann, nämlich jahrzehntelange Erfahrung. Deshalb ist es doppelt und dreifach geboten, Altlehrer so lange wie möglich an der Schule zu halten.
Das, was wir fordern, ist in der Bundesrepublik Deutschland kein Novum, sondern wird in Brandenburg schon praktiziert. Nichts spricht dagegen, dieses Modell auch auf Sachsen-Anhalt zu übertragen.
Die Ministerin hat in der Sitzung des Bildungsausschusses am 30. Mai unter dem Tagesordnungspunkt, der dem gescheiterten Headhunter-Projekt gewidmet war, erklärt, wir als Ministerium lassen nichts unversucht. Frau Ministerin, Sie haben heute die Chance zu beweisen, dass das nicht nur leeres Geschwätz, sondern ernst gemeint war, indem Sie der CDU-Fraktion die Zustimmung zu unserem Antrag empfehlen. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.