Tobias Krull (CDU):

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich mit meinen Ausführungen zu den Inhalten des Antrags beginne, will ich einige Vorbemerkungen machen. 

Die Antragsteller benennen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als andauernden Konflikt. Sagen Sie doch endlich, um was es sich handelt, nämlich um einen völkerrechtswidrigen Angriff Russlands. 

(Beifall bei der CDU, bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Was machen Sie stattdessen? In der parlamentarischen Sommerpause reisen die AfD-Landtagsabgeordneten Dr. Tillschneider und Herr Lizureck nach Kaliningrad und leisten Putins Propaganda ihren Dienst, indem sie Flaggen schwenken und entsprechende Aussagen treffen. 

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn sich auf Ihrem Parteitag in Magdeburg ein Redner als Freund Putins bezeichnet und es dann für diese Person laut Medienberichten donnernden Applaus gibt,

(Zuruf von der AfD: Ja!)

dann lässt das tief blicken. 

(Zustimmung)

Wenn Ihre Kontakte zu der russischen Regierung so gut sind, dann nutzen Sie sie doch und fordern Sie sie zum Rückzug aus der Ukraine auf. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Oh!)

Wenn nämlich in der Ukraine wieder Frieden herrscht, dann werden viele Menschen, die hier Schutz vor diesem verbrecherischen Krieg gesucht haben, wieder in ihre Heimat zurückkehren. 

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von Felix Zietmann, AfD, und von Florian Schröder, AfD)

Eine weitere Bemerkung. Wir als CDU-Landtagsfraktion sind gegen jede Form des Missbrauchs von sozialen Leistungen, egal ob von inländischen oder von ausländischen Personen verübt. 

(Beifall bei der CDU)

In diesem Sinne müssen auch die Behörden handlungsfähig sein. Woran es hierbei teilweise mangelt, darauf werde ich gleich eingehen. 

Als Union wollen wir den Menschen helfen, die Hilfe tatsächlich brauchen. Das entbindet diese Menschen aber nicht von der Verantwortung, alles Mögliche dafür zu tun, dass sie aus ihrem eigenen Erwerbseinkommen ihren Lebensunterhalt bestreiten können. In diesem Sinne plädieren wir auch für die Ablösung eines Bürgergeldes durch eine neue Grundsicherung. 

Die AfD-Fraktion spricht von Faktencheck. Offensichtlich scheint es bei Ihnen nicht einmal einen Faktencheck dafür zu geben, ob bei Ihren Kandidaten die Biografien stimmen oder dafür, wer welche Filme dreht. 

(Sandra Hietel-Heuer, CDU, lacht)

Wenn hier Stammtischparolen vorgetragen werden, dann finde ich das immer sehr schön. Ich bin mir sicher, die AfD-Abgeordneten fragen nachher jede Fahrerin, jeden Fahrer eines SUV-Fahrzeugs aus der G-Klasse mit ukrainischem Kennzeichen, wie sie ihren Lebensunterhalt gestalten. Respekt davor! Ich hoffe, Sie erklären auch Ihre Haltung zu diesem Angriffskrieg entsprechend. 

(Unruhe - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Die Rede ist so schwach!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch die EU wurde die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie für ukrainische Kriegsflüchtlinge in Kraft gesetzt. In Deutschland wechselte damit dieser Personenkreis vom Asylbewerberleistungsgesetz in das Bürgergeld. Dabei unterliegt dieser Personenkreis beim Bezug den gleichen Regelungen wie alle anderen Menschen mit entsprechenden Ansprüchen auch. Dazu zählt ausdrücklich auch die Vermögensprüfung. Hierbei ist die Überprüfung der Angaben ungleich schwerer. Darauf wurde schon eingegangen. Schon unter deutschen Behörden ist der Datenaustausch eine echte Herausforderung und kann teilweise nur unter der Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger erfolgen, siehe Grundsteuerreform. Ungleich schwerer ist es, wenn die Landes- und Sprachgrenzen überwunden werden müssen. 

Wir müssen auch über die Beschäftigungsquote bei den ukrainischen Flüchtlingen reden. Sie muss deutlich erhöht werden. Sie liegt in anderen europäischen Ländern unverkennbar höher als in Deutschland. 

(Zuruf)

Auch wenn an dieser Stelle erste kleine Fortschritte erzielt worden sind, sind weitere Anstrengungen erforderlich, selbstverständlich vor allem von den Flüchtlingen selbst. Wir wollen helfen, aber es bleibt beim Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe. 

Glauben die Vertreterinnen und Vertreter der AfD tatsächlich, dass es finanziell und organisatorisch sinnvoll ist, alle ukrainischen Flüchtlinge, die sogenanntes Bürgergeld erhalten haben, aus diesem Leistungsbereich in das Asylbewerberleistungsgesetz zu überführen? 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Nein, in Arbeit!)

Ich darf an die Überforderung der Behörden erinnern, als der umgekehrte Rechtskreiswechsel im Jahr 2022 kam. Aufgrund der damit notwendigen Maßnahmen würden die Ausländerbehörden bei den Kommunen erhebliche Mehrbelastungen erfahren, die faktisch nicht zu leisten sind. Die Kommunen würden also nicht von Arbeit entlastet, ganz im Gegenteil. Das heißt, ohne Unterstützung des Bundes wird es einfach nicht gehen. Hierbei wird Bundesrecht umgesetzt und die Kommunen leider nicht entlastet. 

Aus den Reihen der Union gibt es Stimmen, dass neue ukrainische Kriegsflüchtlinge Zahlungen nach Asylbewerberleistungsgesetz erhalten sollen. Das sind bisher Einzelvorschläge und soll ausdrücklich nur für diejenigen gelten, die neu nach Deutschland kommen. Wir diskutieren als Union sehr intensiv darüber, wie der Sozialstaat ausgestaltet werden muss, um zukunftsfest und dauerhaft finanzierbar zu sein - aber offensichtlich nicht nur wir. Es gibt Vorschläge aus der FDP, die das Bürgergeld um 20 € kürzen will, oder vom ehemaligen Magdeburger Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper, SPD, der den Bezug von Bürgergeld bei nachgewiesener Arbeitsfähigkeit auf ein Jahr beschränken will. 

Noch ein Hinweis zum Kinderförderungsgesetz: Wir müssen doch diskutieren, was in diesem Land möglich ist. Wir müssen uns überlegen, wo wir den Menschen tatsächlich auch finanzierbare Sozialleistungen gewähren können. Immer alles nur zu versprechen und nicht konkret zu sagen, wie man es auch finanziert, ist nicht nur Vorgaukelei, meine Damen und Herren, sondern auch ein Verbrechen hinsichtlich der Generationengerechtigkeit; denn Generationengerechtigkeit ist auch eine Haushaltsfrage. 

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Krull. Es gibt zwei Interventionen, einmal von Herrn Dr. Tillschneider und dann von Herrn Rausch. - Herr Dr. Tillschneider, bitte. 


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Herr Krull, Sie haben behauptet, in der Sommerpause seien Frank-Otto Lizureck und ich nach Kaliningrad, Königsberg, gefahren. Das ist doppelt falsch. Das war nicht während der Sommerpause, sondern in der letzten Plenarwoche. Und: Es waren nicht nur Frank-Otto Lizureck und ich, sondern auch Matthias Lieschke, Daniel Wald und Florian Schröder dabei. Sie legen Wert auf die Feststellung, dass sie mit dabei waren. Wir haben dort überhaupt nicht über den Ukrainekrieg gesprochen; denn dieser Krieg ist nicht unser Krieg. Der liegt nicht in unserem Interesse. Es ging nur um die Pflege deutsch-russischer Freundschaft; denn die liegt in unserem Interesse. 

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Krull, wollen Sie reagieren? 


Tobias Krull (CDU):

Es tut mir leid, dass ich nicht die gesamte Reisegruppe der AfD erwähnt habe, die offensichtlich nichts Besseres zu tun hat, als dort Diktatoren den Bauch zu pinseln. Das tut mir furchtbar leid. Ich werde zukünftig versuchen, alle Putin-Versteher Ihrer Partei entsprechend zu erwähnen. 

(Beifall bei der AfD - Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD, und von Florian Schröder, AfD: Danke! - Zurufe von der AfD: Jawohl! - Endlich einmal eine vernünftige Aussage!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Als Nächster Herr Rausch. - Bitte.


Tobias Rausch (AfD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Kollege Krull, Sie sagten gerade, dass das an den Haaren herbeigezogen sei, dass Ukrainer mit Luxusautos Sozialleistungen beziehen, und dass sie strikt gegen den Missbrauch sind. 

In Staßfurt, genau gegenüber von meinem Büro, parken immer zwei Fahrzeuge - einmal ein grüner Porsche 911 und ein weißes BMW M6 Cabrio mit ukrainischem Kennzeichen. Die Fahrer leben alle vom Sozialstaat und bekommenen Leistungen vom Landkreis. Wir haben das im Landkreis schon besprochen. Die Auskunft des Landrates Bauer, SPD, war, dass die Bundesgesetzgebung nicht den Rahmen dafür schafft, dass man das ändern kann. Und Sie stellen sich hier hin und tun so, als ob das gar nicht so ist. 

Ich habe ganz klar den Eindruck, dass Sie mit Ihrem Kollegen Kiesewetter nämlich dem Herrn Selenskyj gern den Bauch pinseln, der kriegsbesoffen ist, und dass Sie die Interessen der Deutschen nicht berücksichtigen wollen. Deswegen schlägt Ihr Kollege Ruland nämlich vor, die Mehrkindregelung beim KiFöG abzuschaffen, weil Sie immer Steuergelder für Krieg und Ausländer haben, aber nie für die Deutschen. 

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD: Jawohl! - Pfui, Teufel!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Rausch, dazu haben Sie keine Möglichkeit in der parlamentarischen Auseinandersetzung, zumal Sie mit diesen Zuschreibungen auch Leute adressiert haben, die nicht im Raum sind. 

(Tobias Rausch, AfD: Das kann man in Zeitungen nachlesen!)

Ich möchte Sie bitten, so etwas zu unterlassen. - Herr Krull. 


Tobias Krull (CDU):

Sie haben behauptet, dass alle ukrainischen Flüchtlinge 

(Zuruf von der AfD: Fast alle!)

oder viele davon große Fahrzeuge fahren und dass die alle Sozialhilfe beziehen. 

(Unruhe - Zuruf von der AfD: Das hat doch gar niemand gesagt!)

Ich habe gesagt, dass Sie offensichtlich hellseherische Fähigkeiten haben 

(Tobias Rausch, AfD: Herr Krull, schon wieder gelogen! Schon wieder gelogen! Sie hören nicht richtig zu!)

oder dass sie mit jedem SUV-Fahrer mit ukrainischem Kennzeichen in Kontakt treten und dessen Leistungsbescheid kennen. 

(Tobias Rausch, AfD: Sie lügen ohne Unterbrechung die ganze Zeit! Sie müssen einmal zuhören!)

Das sind meine Aussagen. Dazu stehe ich auch. Wir sind hier in einem Parlament. Wir vertreten des Volkes Stimme. 

(Christian Hecht, AfD: Wir vertreten Volkes Stimme! - Zuruf von der AfD: Was? - Weitere Zurufe)

Aber das, was wir an dieser Stelle nicht tun dürfen, ist, einfach unreflektiert Stammtischparolen zu wiederholen, ohne Faktenlage, ohne Berücksichtigung der Komplexität. Sie versuchen, hochkomplexe Probleme zu reduzieren und damit auf eine Personengruppe abzuzielen. Das ist Ihr Problem. 

(Beifall bei den GRÜNEN)