Wulf Gallert (Die Linke):

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man muss vielleicht resümierend feststellen: Einer Lösung sind wir nicht wirklich nähergekommen. Die Lösung wird sich aber auch nicht hier im Landtag von Sachsen-Anhalt finden. Es ist eines der Themen, das die Menschen in Sachsen-Anhalt mit am meisten beschäftigt und berührt. Deswegen gehört diese Debatte hierher. Überwiegend bedanke ich mich für die Rationalität und die Sachlichkeit in der Diskussion.

Ich will dann aber doch noch kurz auf einige Dinge eingehen. Schön, dass ich dafür 15 Minuten zur Verfügung habe. - Danke.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Das liegt nur am Computer. Sie haben drei Minuten.


Wulf Gallert (Die Linke):

Wir haben gesehen, dass bei fast allen Parteien - bei meiner kann ich das zurzeit eigentlich nicht so sehr feststellen, aber bei den Koalitionsparteien - doch ein erheblicher Unterschied in der Tonalität zwischen Berlin und Magdeburg existiert. Die Rede, die der Kollege Kurze gerade gehalten hat, würde ihn zu einem absoluten Außenseiter in der CDU-Bundestagsfraktion machen.

Aber ich glaube, das wiederspiegelt auch ein Stück weit die unterschiedlichen Sichtweisen in Ost und West auf dieses Thema.

(Zuruf von der AfD - Weitere Zurufe)

Unterschiedliche Perspektiven sind das eine, aber völlig wirre Debatten und ständig gegensätzliche Positionen, die hier nacheinander vorgetragen werden, das findet man bei der AfD.

(Oh! bei der AfD)

Ich komme ein paar Fakten zu sprechen.

(Zurufe von der Linken - Oh! bei der AfD)

Wir haben bei der AfD die Situation, dass sie im Grunde genommen so gut wie nie etwas zur russischen Aggression gesagt hat, auch wenig zur russischen Situation und zu dem, was dahintersteckt,

(Zuruf von der AfD: Nee!)

außer dass der Westen und die NATO schuld sind und dass Herr Tillschneider die russische Aggression in russischen Zeitungen ausdrücklich lobt. - Das ist der Punkt 1. Die Zitate können Sie bitte alle selbst nachlesen.

(Zustimmung bei der Linken)

Auf der anderen Seite haben wir im Bundestag die Situation, dass der Kollege Schlund für die AfD weiterhin ausdrücklich für die Stationierung amerikanischer Atomwaffen ist. Man bräuchte sie zur Verteidigung.

Gegen wen bräuchte man denn amerikanische Atomwaffen zur Verteidigung, 

(Zurufe von Oliver Kirchner, AfD, und von Ulrich Siegmund, AfD)

wenn nicht gegen Russland? Wer sollte nach der Position der AfD, die die amerikanischen Atomwaffen auf deutschem Boden unbedingt haben möchte, 

(Zurufe von der AfD: Ja! - Jawohl!)

sonst die Bundesrepublik Deutschland bedrohen?

(Beifall bei der Linken - Zurufe von der AfD)

Wir haben eine AfD, die vor Kurzem „Spielplätze statt Waffen“ plakatierte, 

(Zuruf von der AfD)

aber die erste war, die gefordert hat, 2 % des BIP für den Bundeswehretat auszugeben, und gesagt hat, 

(Lachen bei den GRÜNEN - Oliver Kirchner, AfD: Weil man 20 Jahre nichts gemacht hat! Na klar!)

wir brauchen noch viel mehr, 

(Unruhe bei der AfD - Zuruf von der AfD: Ach! Das habe ich doch gar nicht gesagt!)

wir brauchen noch viel, viel mehr. Dann plakatieren Sie „Spielplätze statt Waffen“. Spielplätze für die Bundeswehr, Herr Kirchner, oder was?

(Zuruf von der AfD: Ach! - Machen Sie nicht weiter so!)

Dann erzählt tatsächlich der Fraktionsvorsitzende Herr Kirchner hier vorn, die AfD sei gegen Waffenlieferungen in Krisengebiete. Das ist falsch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es gab im Juni dieses Jahres einen Antrag im Deutschen Bundestag. Er hat sich dezidiert gegen Waffenlieferungen an Israel im Gazakrieg aus. Niemand von uns dürfte bezweifeln, dass das ein Krisengebiet ist. Was sagt die AfD? Sie sagt: Nein, wir sind weiterhin für deutsche Waffenexporte nach Israel in diesem Gazakrieg.

(Beifall bei der Linken - Unruhe bei der AfD - Zurufe von Oliver Kirchner, AfD, und von Ulrich Siegmund, AfD)

Sie haben gelogen oder, Herr Kirchner, Sie haben keine Ahnung von dem, wovon Sie reden.

(Beifall bei der Linken - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Ich will noch kurz auf die Frage der GRÜNEN eingehen, Frieden mit Russland    


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Aber kurz!


Wulf Gallert (Die Linke): 

Habe ich nicht noch elf Minuten Redezeit?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Nein.

(Zurufe von der AfD)


Wulf Gallert (Die Linke): 

Nein. Oh, schade. Geben Sie mir bitte noch 30 Sekunden.

(Zurufe von der AfD: Oh! - Was soll denn das? - Widerspruch bei der AfD)

Frieden mit Russland ist unmöglich, haben Sie, Frau Lüddemann, gesagt. Dann sagen Sie, Frieden ist unmöglich. 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja!)

Denn Russland wird weiter existieren.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ich habe „Putin“ gesagt! - Zurufe: Hören Sie auf! - Genau!)

Genau das ist die Kalamität, in der wir uns befinden.

(Beifall bei der Linken - Zuruf: Ach!)

Der letzte Satz. Militärische Zusammenarbeit und Kooperation mit den USA,

(Zuruf von der CDU)

Kollege Kurze, in den Mittelpunkt zu stellen,

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

bedeutet auf der anderen Seite aber auch, zu ignorieren, dass gerade die Auseinandersetzung zwischen den USA und China dazu führt, dass Russland in diesem Krieg von China unterstützt wird. Das ist einer der Schlüssel im globalen Kontext, ohne den dieser Krieg nicht aufhören wird. Wenn die Amerikaner im Südchinesischen Meer so weitermachen,


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gallert, kommen Sie jetzt zum Schluss!


Wulf Gallert (Die Linke): 

dann bleibt dieser russische Krieg in der Ukraine ein Stellvertreterkrieg.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gallert, hören Sie bitte auf. - Fertig! 

(Zurufe von der AfD: Frau Präsidentin, mit dem nächsten Redner weitermachen! - Fertig - gut! - Weitere Zurufe von der AfD)

Es gibt eine Frage von Frau Lüddemann,

(Zurufe von der AfD: Oh, nein! - Ich will nicht mehr! - Unruhe bei der AfD)

eine Frage von Herrn Heuer 

(Zuruf von der AfD: Frau Präsidentin, hallo! Huhu!)

- Huhu!   und eine Frage von Herrn Mertens von der AfD-Fraktion.

(Zuruf von der AfD: Ja, gut!)


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Herr Kollege, stimmen Sie mir zu, dass ich in meiner Rede immer wieder Formulierungen wie „mit Putin kann man nicht reden“ oder „mit Russland gegenwärtigen Zustand kann man nicht reden“ verwendet habe, um deutlich zu machen, dass wir erst einmal in einen Zustand kommen müssen und dass wir erst einmal Verhältnisse in Russland haben müssen, die es uns ermöglichen, dort einen Partner zu haben, mit dem man tatsächlich reden und auch verhandeln kann? Sie haben in Ihrer Replik eine unzulässige Verkürzung meiner Rede vorgenommen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gallert, bitte.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Das mag Ihnen so vorkommen. Ich habe mir den Satz aufgeschrieben.

(Zurufe)

Das können wir uns gerne noch einmal anhören. Aber auch wenn ich mich täusche, Frau Lüddemann - es kann sein, dass ich den Satz so nicht gehört habe; ich weiß es nicht genau; aber wir können uns die Stelle gerne noch einmal anhören -, halte ich diese Position für grundfalsch.

(Zuruf: Warum?)

Ich halte diese Position für grundfalsch, weil man mit dem Frieden nicht so lange warten kann, bis Putin oder der Nächste kommt. Ich meine, die Alternative muss ja nicht unbedingt besser sein.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Das ist keine Perspektive!)

Dass man dann mit solchen Leuten nicht verhandelt - wir müssen diese Verhandlungen führen. Verhandlungen führt man unter Feinden.

(Zuruf: Nein! - Weitere Zurufe)

Ich sage ausdrücklich: Zu warten, bis das System Putin zusammenbricht,

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Nein! - Unruhe bei den GRÜNEN - Zuruf von der Linken: Ach was!)

mag eine verführerische Option sein, 

(Zuruf: Nee! Wieso?)

aber - das mag dem einen oder anderen ein bisschen komisch vorkommen - ein Zusammenbruch des politischen Systems Putins muss am Ende nicht unbedingt eine bessere Lösung bringen.

(Zuruf: Wieso?)

Russland ist die größte Atommacht der Welt. Wir wissen nicht, was dann kommt.

(Dr. Jan Moldenhauer, AfD: Das kommt auch noch hinzu!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Es folgt die Nachfrage von Herrn Heuer.


Guido Heuer (CDU): 

Sehr geehrter Herr Kollege Gallert, Sie haben den Namen Schlund genannt. Mich interessiert der Vorname. Der müsste Robby lauten. 

(Zuruf von der AfD: Jawohl!)

- Jawohl.

(Zuruf von der FDP: Stimmt! - Zuruf von der AfD: Robby, so ist es!)

Mit dem habe ich zum Schluss in der Kaserne in Clausewitz-Kaserne in Burg zusammen gedient.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Jeder hat einen dunklen Fleck in seiner Biografie.

(Lachen und Zurufe - Unruhe bei der AfD)


Guido Heuer (CDU): 

Ja. - Aber ich muss sagen, er ist nicht mehr im Bundestag.


Wulf Gallert (Die Linke): 

Aber das war er damals. 

(Unruhe - Ulrich Siegmund, AfD: Der ist aber nicht bei der AfD! - Nadine Koppehel, AfD: Der ist bei der CDU! - Weitere Zurufe)


Guido Heuer (CDU): 

2021? Wann hat er das gesagt? Wann brauchen wir das? - Er war nur bis zum Jahr 2021 im Bundestag, Herr Gallert.

(Ulrich Siegmund, AfD: So ist es! - Florian Schröder, AfD: Faktenchecker!)


Wulf Gallert (Die Linke): 

Ja. 

(Unruhe und Zurufe)


Guido Heuer (CDU): 

Ich sage es nur noch einmal, weil Sie ihn aktuell zitierten, wir bräuchten Raketen, Atomwaffen auf deutschem Boden.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)


Wulf Gallert (Die Linke): 

Im Übrigen gibt es eine ganze Reihe von Äußerungen von AfD-Funktionären, 

(Zurufe von der AfD)

Bundestagsabgeordneten, Parteifunktionären, die ausdrücklich darauf bestehen, dass die US-amerikanischen Atomwaffen auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland bleiben sollen. 

(Zurufe von der AfD)

Sie können die Zitate nachlesen. Das ist bis heute nicht dementiert worden.

(Zurufe von der AfD)

Jetzt gibt es eine kritische Situation mit der geplanten Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland ab 2026. Das ist wohl so, aber das betrifft nicht die amerikanischen Atomwaffen auf deutschem Boden. - Gut.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gallert, es gibt noch eine Frage von Herrn Mertens, wenn Sie die zulassen. 


Wulf Gallert (Die Linke): 

Ja. 


Christian Mertens (AfD): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Frage wäre auch gewesen, ob Sie damit Robby Schlund meinen. Ich glaube, der ehemalige Kollege ist seit dem Jahr 2021 nicht mehr in der AfD.

(Zuruf von der AfD:)

Das wäre meine Frage gewesen. 

(Zuruf)

- Genau. - Ich glaube, der ist jetzt sogar wieder in der CDU.

(Ulrich Siegmund, AfD: So ist es!)

Aber das hat sich schon geklärt.

(Unruhe - Ulrich Siegmund, AfD: Der ist bei euch! - Guido Kosmehl, FDP: Ihr könnt Spitzenleute haben! - Weitere Zurufe)


Wulf Gallert (Die Linke): 

Vielleicht ganz kurz. Sie können mir den Beschluss der AfD aus dem Bundestagswahlprogramm - wie auch immer - zeigen,

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Zurufe von der AfD)

in dem Sie sich dezidiert für den Abzug der amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland aussprechen.

(Beifall bei der Linken - Zurufe von der AfD: Dazu haben wir keinen Grund! - Ach! - Das machen wir nicht! - Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Gallert. - Das war eine aktuelle Debatte. Jede Fraktion ist Wort gekommen. Auch die Regierung hat sich positioniert. Der Tagesordnungspunkt 8 ist damit erledigt.