Tobias Krull (CDU):

Sehr geehrter Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute erneut über das Thema Renten. Bereits in der vorhergehenden Befassung mit diesem Thema habe ich ausdrücklich auf die Verantwortung des Bundes beim Rentenrecht aufmerksam gemacht. - Rentenrecht ist Bundesrecht. Wenn das Land hierfür finanziell in die Verantwortung genommen werden soll, ist es aus meiner Sicht politisch falsch.

In dem Antrag wird darauf hingewiesen, dass ein Mensch in Rostock die doppelte Sonderzahlung aus dem Härtefallfonds erhält, im Gegensatz zu jemanden aus unserem Bundesland. Ja, das ist richtig. Aber wie das zustande gekommen? - Die vorläufig letzte unionsgeführte Bundesregierung - ab dem nächsten Jahr wird sich das wieder ändern   

(Zustimmung bei der CDU)

hatte nach zähem Ringen einen Härtefallfonds auf den Weg gebracht. Dieser sollte Ostrentnerinnen und Ostrentnern, die im Rahmen der Rentenüberleitung benachteiligt wurden, jüdischen Zuwanderinnen und Zuwanderern sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern zugutekommen. Der Fonds sollte mit 1 Milliarde € ausgestattet sein. 

Die Regierungschefinnen und  chefs der ostdeutschen Bundesländer verabschiedeten bereits im Jahr 2019 eine gemeinsame Erklärung, in der sie deutlich machten, dass hierfür der Bund in der Verantwortung ist   ich zitiere  : Die Regierungschefs der ostdeutschen Länder erwarten, dass ein Härtefallfonds zur Rentenüberleitung allein vom Bund finanziert wird.

Der Bund, derzeit die aktuelle Ampelregierung, hat das offensichtlich anders gesehen und den Fonds auf eine Höhe von 500 Millionen € gekürzt sowie die Beteiligung der Länder eingefordert; das im vollem Bewusstsein, dass die Länder keine Mittel für diese erheblichen finanziellen Lasten haben.

Aber wie kam es überhaupt zu diesen Ungerechtigkeiten im Rentensystem? - Die DDR kannte neben der klassischen Rentenversicherung noch 17 Zusatzrentensysteme. Dabei ging es um größere Personenkreise, wie bei Bahn und Bus, bis hin zu relativ kleinen Personengruppen, z. B. mit Blick auf die sogenannte Ballettrente. 

Nur insgesamt sieben davon wurden nach Gerichtsentscheidungen in das bundesdeutsche Rentensystem überführt. Damit kam es zu objektiven und subjektiven Ungerechtigkeiten bei der Rente. Zusätzlich klagten zu DDR-Zeiten geschiedene Frauen, dass ihnen nach der Wiedervereinigung kein Versorgungsausgleich, wie nach bundesdeutschem Scheidungsrecht, gewährt wurde. 

Insgesamt muss man feststellen, dass die Antragstellung für den Härtefallfonds recht kompliziert war. Dabei hat auch die Verlängerung der Beantragungsfrist nicht wirklich geholfen. Damit blieb die Zahl deutlich unter den Erwartungen. 

Sicherlich lag es auch an den ziemlich harten Kriterien. 

(Eva von Angern, Die Linke: Ja!)

Wenn der Rentenbetrag maximal 830 € betragen darf und die ostdeutsche Durchschnittsrente bei 1 400 € liegt, dann kann man sich vorstellen, warum in dem Fall die Anerkennungsquote so niedrig war. 

(Eva von Angern, Die Linke: Da haut beim Thema Rentengerechtigkeit etwas nicht hin!)

Die Linken plädieren für eine Änderung der Richtlinien. Sie verraten uns aber nicht, was sie ändern wollen. Damit ist auch der Betrag, der im Antrag aufgeführt ist, eher Spekulation. Denn wenn man den Kreis der Berechtigten erweitert, dann wird es im Regelfall automatisch teurer.

Für mich unverständlich ist der Ansatz, dass das Osteinkommen bei der Rentenberechnung höher bewertet werden soll. Die Linke ist sich an dieser Stelle doch bewusst, dass die Anpassung der Rentenwerte jener Aspekt war, um die Angleichung der Rentenhöhe zwischen Ost und West erreichen zu können. 

Dieses politische Ziel wurde mehrfach formuliert. Das wurde nun erreicht. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Das hat automatisch zur Folge, dass aufgrund der im Durchschnitt geringeren Einkommen in Ostdeutschland entsprechend weniger Rentenpunkte angesammelt werden können. 

Was wir in unserem Land benötigen, sind bessere Löhne. Das bekommen wir aber nachhaltig nicht durch einen künstlich vom Staat angehobenen Mindestlohn hin. Wir brauchen Beschäftigungsverhältnisse, in denen die Beschäftigten gut entlohnt werden. 

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Dafür wird eine gute Wirtschafts- und Ansiedlungspolitik benötigt, für die unser Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und unser Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten Sven Schulze stehen. 

Bereits jetzt werden aus Bundesmitteln rund 100 Milliarden € in die Rentenversicherung eingezahlt, vor allen Dingen, um die versicherungsfremden Leistungen auszugleichen, die durch die Rentenkasse bezahlt werden. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir benötigen, ist eine Rentenreform, die die Interessen aller Generationen in den Blick nimmt. Dazu gehört auch die Frage, wer alles rentenversichert ist und dadurch Ansprüche erwirbt. 

Neben der gesetzlichen Rentenversicherung wird es dabei auch um die betriebliche Altersvorsorge und die private Vorsorge für die Sicherung des Lebensstandards nach dem Austritt aus dem aktiven Berufsleben gehen. 

In Zeiten des aktiven Fachkräftemangels geht es aber genauso darum, wie wir Menschen möglichst lange dazu motivieren können, ihre Fertig- und Fähigkeiten in die Arbeitswelt einzubringen. An Vorschlägen mangelt es wahrlich nicht. 

(Guido Kosmehl, FDP: Von der CDU habe ich noch keinen gehört! - Lachen) 

Zur weiteren Beratung bitten wir Ihnen     Herr Kollege, Sie haben Vorschläge gehört.

(Tobias Rausch, AfD: Das war überraschend!)

Sie haben auch gehört, dass wir z. B. dafür sind, dass jemand, wenn er länger freiwillig arbeitet, dann bei Steuern und Sozialabgaben entlastet wird. 

(Guido Kosmehl, FDP: Oh!)

Bevor die Debatte gleich wieder auf die Rente mit 70 geht - wie sie ja irrtümlich angefasst worden ist  ,

(Guido Kosmehl, FDP: Die ist sicher!)

ist von unserem Bundesvorsitzenden noch einmal klargestellt worden, dass die Aussage so nicht stehen bleibt.

(Guido Kosmehl, FDP: 80!)

Wir können über alles diskutieren. Wir hatten vor kurzem einen Landestag der Jungen Union Sachsen-Anhalt und auch dort war es natürlich ein Thema. 


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Krull! Wir können an sich über alle Dinge diskutieren, aber nur innerhalb der Redezeit. Die ist jetzt abgelaufen.


Tobias Krull (CDU):

Gut.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Also noch ein kurzer Satz. 


Tobias Krull (CDU):

Ich bitte um eine Überweisung zur federführenden Beratung in den Sozialausschuss und mitberatend in den Ausschuss für Finanzen. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Danke. Es gibt eine Frage von Frau Hohmann, die könnte Sie retten, Herr Krull. Wollen Sie sie zulassen? 


Tobias Krull (CDU):

Ich lasse mich gerne retten, ja. 


Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann bitte, Frau Hohmann.


Monika Hohmann (Die Linke):

Herr Krull, ich habe ganz kurz aufgehorcht, als Sie über die Genese des Härtefallfonds gesprochen haben und dabei so beiläufig erwähnten, dass sich das im nächsten Jahr ändern würde. Meine Frage ist: Meinen Sie, dass Sie ggf. dann, wenn es zu einem Wechsel in der Bundesregierung kommen würde, den Härtefallfonds noch einmal auflegen würden, damit wir dann ggf. davon profitieren könnten?

(Zustimmung bei der Linken - Lachen - Dr. Katja Pähle, SPD: Jetzt bin ich aber gespannt! - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Weitere Zurufe - Unruhe)


Tobias Krull (CDU):

Das ist jetzt eine spekulative Aussage. 

(Zuruf: Ja! - Guido Kosmehl, FDP: Ja, das stimmt! - Unruhe)

Ich glaube, man kann mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass es auf der Ebene des Bundes zu einer Änderung kommen wird. Was die Vertreterinnen und Vertreter, die dann verhandeln müssen, an dieser Stelle durchsetzen oder nicht durchsetzen, das sind spannende Themen. Ich werde das aber im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten als Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt gerne mit anregen. 

(Lachen - Eva von Angern, Die Linke: Wir geben Dir einen Wunschzettel mit!)