Sebastian Striegel (GRÜNE):
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 13 Jahren leben Syrerinnen und Syrer unter Krieg und Folter. Bereits in den Jahren davor hat das mörderische Assad-Regime unter Hafiz al-Assad und ab 2000 unter Baschar al-Assad tausende Menschen in Schauprozessen verurteilt und in Folterkellern verschwinden lassen. Lassen Sie diese Realität einmal auf sich wirken. Eine ganze Generation kennt in Syrien nichts als Krieg. Millionen Menschen haben die Verheerung einer Diktatur erfahren. Der Bürgerkrieg hat unzählige Leben gekostet, staatliche Strukturen zerstört und zur Destabilisierung der gesamten Region beigetragen.
Mittendrin befindet sich im Übrigen der russische Diktator Wladimir Putin, der für furchtbare Menschenrechtsverletzungen auch in dieser Weltgegend verantwortlich ist. Josep Borrell, der Hohe Vertreter und Vizepräsident der Europäischen Kommission, hob kürzlich noch einmal hervor, dass die Situation heute schlimmer als je zuvor ist. Rund 70 % der Bevölkerung seien abhängig von humanitärer Hilfe, die Wirtschaft befinde sich im freien Fall und die Sicherheitslage sei besorgniserregend. Das Assad-Regime, der IS oder vom Iran unterstützte Truppen töten immer noch Zivilisten, lassen Oppositionelle verschwinden und verhaften wahllos Menschen.
Das Auswärtige Amt hat seinen Asyllagebericht für Syrien jüngst aktualisiert und darin heißt es - ich zitiere -: Eine sichere Rückkehr Geflüchteter kann derzeit für keine Region Syriens und für keine Personengruppe gewährleistet, vorhergesagt oder gar überprüft werden.
(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)
Rückkehrende würden vonseiten des Regimes als Verräter deklariert und seien daher oft mit weitreichender systematischer Willkür bis hin zu vollständiger Rechtslosigkeit konfrontiert. Bisherige Sicherheitsversprechen des Assad-Regimes wurden nicht eingelöst.
Unter diesen Voraussetzungen bleibt die Abschiebung nach Syrien und ihr Vollzug keine praktikable Lösung und das, Frau Zieschang, sowohl in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht. Ihre Forderungen und die der Koalition werden hierbei ins Leere laufen. Denn am Ende bestehen für unseren Staat die Pflicht, für das Völkerrecht und die Menschenrechtskonventionen einzustehen und, auch wenn es unbequem ist, eine Pflicht, dem Grundsatz, nicht zurückzuweisen, zu folgen sowie Abschiebeverbote, wenn die Personen Gefahr und menschenrechtswidrige Situationen im Land der Rückführung erwarten, und eben die Pflicht, subsidiären Schutz vor Folter, Todesstrafe, Lebensgefahr in Konfliktlagen und vor unmenschlicher Behandlung zu gewähren.
Hinter diese Verpflichtung können wir nicht zurückstehen. Wir wollen genau wie Sie von der CDU im Nachbarland Irak die aktuelle Situation im Land anhand des Lageberichtes des Auswärtigen Amtes bewerten. Die Entscheidung des OVG Münster hat hierzu ausdrücklich keine Kehrtwende eingeläutet; denn auch in diesem Fall hat die betroffene Person ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes inne.
Insoweit müssen wir uns in der Debatte ehrlich machen und rechtliche wie tatsächlich umsetzbare Möglichkeiten nutzen, wenn Menschen denn abgeschoben werden sollen, statt den Menschen hier im Land etwas vorzugaukeln, was gar nicht möglich ist. - Vielen herzlichen Dank.