Tobias Rausch (AfD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage die Innenministerin. Wir haben alle in der Zeitung gelesen, dass ein Afghane in Wolmirstedt Amok gelaufen ist, erst einen Landsmann tötete und dann Amok lief im Garten bei Zuschauern eines EM-Spiels. Daraufhin rückten Polizeibeamte aus und es fiel ein Schuss. 

Meine Frage an die Innenministerin: Ist es üblich, dass interne Ermittler den betreffenden Beamten oder die betreffende Beamtin 20 Stunden lang verhören, dass so viel Druck ausgeübt wird, dass sich die Beamten nicht mehr trauen, in den Dienst zu gehen? Haben Sie dafür Verständnis, dass es immense Kritik gibt an dem Vorgehen dieser Beamtin, obwohl ich der Meinung bin, dass man dieser Beamtin nach einer 20-Stunden-Schicht einen Orden hätte geben müssen, anstatt sie so unter Druck zu setzen? Wie sehen Sie das?

(Beifall bei der AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Zieschang, bitte.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Herr Abgeordneter, wir haben im Innenausschuss schon über die Messerattacke und über den Fall in Wolmirstedt kurz berichten können. Auch dort wurde deutlich, dass es um ein laufendes Ermittlungsverfahren geht. Da ich ein laufendes Ermittlungsverfahren nicht gefährden will, werden Sie auch verstehen, dass eine abschließende Bewertung dessen, wie Zeugenvernehmungen und Ähnliches stattgefunden haben, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich ist. 

(Zustimmung von Anne-Marie Keding, CDU)

Aber eine Bewertung wird in jedem Fall nach Abschluss der Ermittlungen erfolgen. 

Ich kann an dieser Stelle aber eines ganz klar sagen: Es ist gute Praxis - und die werden wir auch innerhalb der Landespolizei aufgrund von langjährigen Erfahrungen fortsetzen  , dass, wenn Kolleginnen oder Kollegen von der Schusswaffe Gebrauch machen mussten und es demzufolge immer automatisch ein Ermittlungsverfahren gibt, dieses Ermittlungsverfahren von einer anderen Polizeibehörde geführt wird, um eben zu verhindern, dass sich die unmittelbaren Kolleginnen und Kollegen womöglich aus falsch verstandener Solidarität mit denen, gegen die ermittelt werden muss, solidarisieren.

Deswegen ist es gut geübte Praxis in der Landespolizei - und das werden wir auch fortsetzen  , dass die Ermittlungen, auch um jeden Zweifel an den Ermittlungen im Keim zu ersticken, auf eine andere Polizeiinspektion übertragen werden. Das heißt, diese Grundsatzentscheidung, die bei mir im Ministerium getroffen worden ist, dass die Ermittlungen an die Polizeiinspektion Stendal gingen, ist voll und ganz richtig, um eben diese Trennung zu vollziehen.

Ansonsten gibt es bei uns klare Regeln, auch dafür, wie die Verpflegung, Versorgung und Ähnliches geregelt werden muss. Das werden wir uns im Einzelnen angucken, ob all das, was an Vorwürfen im Augenblick im Raum steht, überhaupt so zutrifft. Darüber werden wir an anderer Stelle noch einmal berichten. Das werden wir ganz in Ruhe tun nach Abschluss der Ermittlungen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Rausch, eine Nachfrage? 


Tobias Rausch (AfD): 

Ja, eine Nachfrage. - Ich halte fest, dass es so, wie in dem Fall verfahren wurde - das besagen ja Ihre Ausführungen  , nicht üblich ist.

Ich frage Sie jetzt ganz persönlich: Werden Sie rigorose Aufklärung betreiben und auch in Erfahrung bringen, wer genau im Ministerium oder in der Dienststelle Stendal veranlasst hat, dass die Kollegin angeblich 20 Stunden lang verhört wurde ohne großartige Versorgung, sodass sie zitterte, in Tränen ausbrach und der Meinung war, dass sie komplett unter Druck gesetzt wurde. Es gibt viele in der Polizei, die an uns herangetreten sind und gesagt haben, dass dieses Vorgehen eigentlich skandalös ist. Das muss rigoros aufgeklärt werden.

Ich frage Sie einfach nur, wie Sie das menschlich betrachten - das betrifft nicht das laufende Verfahren  , ob es generell üblich ist, jemanden nach einer solchen Schicht und einer solchen Tat so zu behandeln. Das finde ich sehr fragwürdig. Das zeigt ganz klar, dass anscheinend die handelnden Beamten nicht auf der Seite der Einsatzkräfte der Polizei stehen.

(Zustimmung bei der AfD - Ulrich Siegmund, AfD: Ja!)


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Sie haben ja selbst das interessante Wörtchen „angeblich“ gesagt. Sie behaupten hier Dinge, von denen Sie überhaupt nicht wissen, ob sie zutreffen.


Tobias Rausch (AfD): 

Nein, nein. 


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Es stand noch nicht einmal in der Zeitung, dass es eine 20-stündige Vernehmung gab. Es war von einer 20-stündigen oder 19-stündigen Schicht die Rede. Ob auch das alles zutrifft, wissen Sie gar nicht. Wie gesagt, kann ich mich dazu im Augenblick nicht äußern.

(Florian Schröder, AfD: Deswegen fragen wir ja und können Sie antworten!)

Es gibt interne Regeln, die auch die Frage der Verpflegung von Zeugen oder eben auch von Beschuldigten im Einzelnen regeln. Insofern ist das gar keine Abweichung von der bisherigen Praxis. - Das ist das eine.

Das andere ist - auch das völlig losgelöst von dem Verfahren  : Es ist bei jedem Ermittlungsverfahren so, dass natürlich Betroffene, ob sie Zeugen oder Beschuldigte sind, so schnell und so umfassend wie möglich vernommen werden. Das ist am Ende eine Entscheidung nicht nur der Polizei, sondern gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft.

Wir wissen einfach, dass sozusagen der unmittelbare Eindruck für die weitere Aufklärung von immenser Bedeutung sein kann. Wenn Vernehmungen unterbrochen werden, wenn man am nächsten Tag womöglich in den Medien hört oder liest, wie es sich angeblich alles zugetragen hat, dann kann sich eben auch bei Zeugen die Wahrnehmung verändern. Deswegen kann es immer wieder entscheidend darauf ankommen, was auch in den ersten Stunden gesagt worden ist.

Aber um noch einmal zum konkreten Fall zurückzukommen: Sie haben selbst „angeblich“ gesagt. Ob das, was Sie behaupten und was in der Zeitung behauptet wird, überhaupt stimmt, das werden wir uns sehr genau angucken.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Rausch hat noch eine Nachfrage?


Tobias Rausch (AfD): 

Ja, genau. - Ich sage deswegen „angeblich“, weil es Sachverhalte sind, die mir zugetragen wurden. Ich kann es ja nicht behaupten. Ich möchte aber, dass Sie dafür Sorge tragen, dass das aufgeklärt wird. Ich hatte Sie deswegen auch gefragt, ob das eine übliche Verfahrensweise ist. Sie hatten im Eingangsstatement schon darauf hingewiesen, dass es eben nicht üblich ist.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Nein. 


Tobias Rausch (AfD): 

Ich habe eindeutig die Frage zu stellen, ob es rigorose und lückenlose Aufklärung gibt. Wir wollen auch die Frage beantwortet wissen, ob das ein üblicher Verfahrensweg ist. Mir ist zugetragen worden, dass es so, wie dort verfahren worden ist, eben nicht üblich ist in vergleichbaren Fällen.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Genau. Sie haben irgendwelche Gerüchte, Behauptungen aufgeschnappt. Diese machen Sie jetzt hier zum Gegenstand einer Debatte.


Tobias Rausch (AfD): 

Das ist keine Debatte, es ist eine Frage.


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Trotzdem - das sage ich Ihnen auch  : Gerüchte, Behauptungen nehmen auch wir ernst. Deswegen haben wir von Anfang an gesagt, dass wir nach Abschluss der Ermittlungen diesen zum Teil auch uns zugetragenen Vorwürfen nachgehen werden.

Ich habe gesagt, dass nach den Kenntnissen, die ich bislang habe, so vorgegangen worden ist, wie es üblich ist. Das ist für mich erst einmal das Entscheidende. Wenn Kolleginnen und Kollegen involviert sind, dann werden die Ermittlungen, die von Amtswegen geführt werden müssen, von einer anderen Polizeiinspektion übernommen. Das ist das übliche Verfahren, das auch hier angewendet worden ist. Das ist auch genau richtig.

Des Weiteren habe ich darauf hingewiesen, dass es bei uns auch Regeln dafür gibt, ab wann Verpflegung oder Ähnliches zu erfolgen hat. Wir gucken uns nach Abschluss der Ermittlungen an, ob die eingehalten worden sind. Im Augenblick spricht sehr viel dafür, dass sie eingehalten wurden. Nach Abschluss der Ermittlungen werden wir uns ganz genau angucken, ob vorgegangen worden ist wie immer.

Ansonsten: Kein Ermittlungsverfahren ähnelt dem anderen. Insofern haben natürlich die Staatsanwaltschaft und auch die Polizei immer die Möglichkeit, aufgrund einer konkreten Situation auch einmal anders zu agieren. Aber ob dem hier überhaupt so war, gucken wir uns ganz in Ruhe an.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Frau Zieschang.