Tobias Krull (CDU):

Vor Kurzem hat die Ampelkoalition im Bund die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken gestattet. Über die Qualität des Gesetzgebungsvorhabens kann man sicherlich streiten. Die Tatsache, dass jetzt noch einmal nachgearbeitet werden musste bezüglich der Vorgabe, bis zu welchem THC-Gehaltes im Blut es erlaubt ist, ein Kraftfahrzeug zu führen, macht deutlich, dass nicht immer die entsprechende Qualität geliefert wurde. Deshalb frage ich die Landesregierung, an der Stelle das Ministerium für Inneres und Sport: Wie werden die Kontrollen zur Einhaltung des Grenzwertes von 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blut beurteilt, und zwar gerade auch angesichts der Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage, ob medizinisches Cannabis oder Genusscannabis verwendet wurde?

(Guido Kosmehl, FDP: Genau wie bisher!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Frau Zieschang, bitte. 


Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport): 

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Herr Abg. Krull, Sie haben zutreffend darauf hingewiesen, dass im Deutschen Bundestag eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen wurde. Danach gilt in Bezug auf Cannabis im Straßenverkehr die Grenze von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Bislang galt der Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC je Milliliter Blut. 

Zu der Sicht der Innenminister insgesamt: Wir haben auch vor der Beschlussfassung im Deutschen Bundestag einen Umlaufbeschluss in der Innenministerkonferenz gefasst. Diesen werden wir auf der Innenministerkonferenz in der nächsten Woche bekräftigen. Wir sehen diesen höheren THC-Grenzwert im Straßenverkehr kritisch,

(Zustimmung von Anne-Marie Keding, CDU) 

weil wir auch meinen, dass er die Vision Zero konterkariert. 

Was ist die besondere Schwierigkeit? - Die besondere Schwierigkeit, gerade wenn wir den Straßenverkehr in den Blick nehmen, ist, dass sich THC im Unterschied zu Alkohol nicht linear abbaut, sodass auch der Konsument von Cannabis gar nicht einschätzen kann, welchen THC-Gehalt sein Blut aufweist und ob er fahrtüchtig ist.

Wie haben die Tests bislang stattgefunden? - Bislang stellte sich erst einmal die Frage, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, sodass ein Drogenvortest vorgenommen werden muss. Das können erweiterte Pupillen sein. Das kann eine Unruhe sein. Bei Vorliegen dieser Anhaltspunkte wurde ein Drogenvortest vorgenommen. Hierbei handelt es sich um einen Speichel- oder auch Urintest. Wenn dieser Vortest anschlug, musste eine Blutprobe entnommen werden, um dies ggf. gerichtsfest festzustellen.

Jetzt ist es so, dass der höhere Grenzwert wahrscheinlich gelten wird, auch wenn der Gesetzentwurf noch im Bundesrat ist. Es handelt sich jedoch um ein Einspruchsgesetz. 

Nunmehr stellt sich die Frage: Wie kann der Gehalt von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut festgestellt werden? Es gibt im Augenblick keine geeigneten Testsysteme auf dem Markt, die ab einem Wert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut anschlagen würden. Im Augenblick können die Tests nur Aussagen dazu treffen, ob ein THC-Gehalt im Blut vorhanden ist oder nicht. Deswegen gehe ich im Augenblick davon aus, dass wir bei jedem Drogenvortest, der anschlägt, eine Blutprobe entnehmen müssen, auch wenn sich dabei dann lediglich ein Wert von 0,9 Nanogramm oder 1,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut herausstellt.

(Guido Kosmehl, FDP: Das ist bei Alkohol nicht anders! Der kann schlechter sein!)

- Natürlich kann der schlechter sein. Aber man kann durch das Feststellen des Atemalkohols, das sogenannte Blasen, eine bessere Einschätzung darüber vornehmen, ob ich eine Blutprobe entnehmen muss oder nicht.

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Da es im Augenblick keine geeigneten Testsysteme auf dem Markt gibt - es kann sein, dass diese noch entwickelt werden  , kann nicht zwischen einem THC-Gehalt von 0,1 Nanogramm oder 3,5 Nanogramm je Milliliter Blut differenziert werden. Das heißt, in jedem Fall muss auch bei jemanden, dessen Blut nur einen THC-Gehalt von 2,0 Nanogramm pro Milliliter aufweist, eine Blutprobenentnahme durchgeführt werden. 

Sie haben gefragt: Wie stellt man fest, ob es medizinisch verordnet worden ist oder nicht? Das kann man natürlich nicht anhand der Blutprobe feststellen, geschweige denn durch den Drogenvortest, der sicherlich unverändert stattfinden wird. Aber derjenige, der im Rahmen einer Kontrolle angehalten wird, kann darauf hinweisen und durch einen ärztlichen Befund entsprechend nachweisen, dass es ihm ärztlich verschrieben worden ist. Gleichwohl bleibt er dafür verantwortlich, dass er fahrtüchtig ist. Der Arzt wird ihn sicherlich darüber informieren, dass seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sein kann, auch wenn es medizinisch verordnet ist. Das muss er einfach wissen. 

Demzufolge hat selbst dann, wenn er einen medizinischen Nachweis dafür vorlegen kann, dass er medizinisch bedingt Cannabis geraucht hat, eine Blutprobenentnahme zu erfolgen, weil auch er den Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter im Blutserum nicht überschreiten darf. 

(Zustimmung von Marco Tullner, CDU) 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke.