Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Jede Diskussion über politische Gewalt in unserem Land krankt so sehr an Irrationalität, an Doppelstandards und zweierlei Maß, dass wir, wenn wir über politische Gewalt diskutieren wollen, eigentlich darüber diskutieren müssen, wie wir über politische Gewalt diskutieren.

Seit der Gründung der AfD sind wir AfD-Mitglieder ständig Ziel von Angriffen. Ich selbst hatte meine erste Berührung mit politischer Gewalt im Winter 2014. Damals wurde durch eine skandalisierende Berichterstattung in der „Bild“-Zeitung öffentlich bekannt, dass ich mich im Rahmen der Pegida-/Legida-Bewegung engagiere. 

Die Leipziger Antifa hat mir deshalb einen sogenannten Hausbesuch abgestattet. Eine Gruppe von ca. 20 Mann ist in den späten Abendstunden vor meiner Privatwohnung in Leipzig aufmarschiert, hat Bengalos gezündet, „Alerta, alerta, antifascista!“ und „Tillschneider, wir kriegen dich!“ gebrüllt, die Haustür eingetreten, ist ins Treppenhaus eingedrungen und hat meinen Briefkasten mit einem Polenböller gesprengt. Nur der Umstand, dass meine Wohnungstür damals nicht beschriftet war und versteckt im Haus lag, hat wohl Schlimmeres verhindert. Ein achtjähriger Bub, der sich zur Zeit des Anschlags in meiner Wohnung aufhielt, war außer sich vor Angst und musste ärztlich behandelt werden.

Dieser Terrorakt wurde von der „Bild“-Zeitung in einem zweiten, nunmehr aber auffallend kurzen und gar nicht mehr skandalisierenden Artikel aufgegriffen. Kein Politiker, kein Leipziger Stadtrat, nicht der Bürgermeister, kein Landtagsabgeordneter und kein Bundestagsabgeordneter hat auch nur das leiseste Wörtchen der Verurteilung verlautbaren lassen. Ich will gar nicht wissen, was in der Republik los gewesen wäre, wenn Anhänger einer rechten Kameradschaft in ähnlicher Weise die Wohnung z. B. eines grünen Stadtrats attackiert hätten.

Ich musste jedenfalls wieder an dieses Erlebnis zurückdenken, als ich jetzt im Frühjahr, knapp zehn Jahre nach dem Hausbesuch der Antifa bei mir, in Bad Bibra eine Demonstration angemeldet habe, deren Route am Haus des Landrats vorbeiführte,

(Olaf Meister, GRÜNE: Warum?)

was sich in diesem kleinen Nest auch kaum vermeiden ließ.

(Lachen bei der SPD - Holger Hövelmann, SPD: Unglaublich!)

Weder wussten wir, dass der Landrat an der Route wohnte,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Sie ziehen sich doch die Hose mit der Kneifzange an! - Zurufe von der SPD)

noch war der Landrat unser Demonstrationsziel oder irgendwie Thema, 

(Tobias Krull, CDU: Das soll Ihnen einer glauben? - Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE - Zurufe von der SPD)

noch führten wir sonst etwas Unrechtes im Schilde, schließlich hatten wir die Demonstration ordnungsgemäß angemeldet.

(Zuruf: Unglaublich!)

Der Landrat Götz Ulrich aber hat diese harmlose Demonstrationsanmeldung zum Anlass genommen, im Kreistag des Burgenlandkreises eine lächerlich überzogene Hetzrede gegen die AfD zu halten, in der er uns Nazimethoden vorwarf 

(Holger Hövelmann, SPD: Mit Recht! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Mit Recht!)

und davon sprach, wir würden ihm einen Hausbesuch abstatten wollen. Diese Rede hat eine Empörungswelle ausgelöst, die gemessen an der Nichtigkeit des Anlasses geradezu groteske Ausmaße angenommen hat.

(Beifall bei der AfD)

Alle großen Medien haben darüber berichtet und sogar die olle Kriegstante Strack-Zimmermann hat sich per Twitter eingeschaltet und dem Landrat Mut zugesprochen: Bleiben Sie standhaft. Dabei ist nichts passiert und es sollte auch nichts passieren.

(Zuruf von Eva von Angern, Die Linke - Zurufe von der SPD)

Verstehen Sie, dass man, wenn man diese beiden Erfahrungen - den Antifa-Überfall auf meine Wohnung und den Hausbesuch bei Götz Ulrich, der keiner war - und die politisch-medialen Reaktionen vergleicht, das politisch-mediale Establishment dieser Republik zwangsläufig für einen großen Haufen elender Heuchler halten muss?

(Beifall bei der AfD - Lothar Waehler, AfD: Jawohl!)

Die Beispiele für diese Doppelstandards sind Legion.

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Eine linksextreme Bande, deren Angehörige hemmungslos und entmenschlicht mit schweren Hämmern auf Schädel und Sprunggelenke ihrer Opfer eingeschlagen haben, war den Altparteien und ihren Medien alles in allem weniger Aufmerksamkeit und Empörung wert, als der Umstand, dass brave Bürger auf Sylt auf ein Partylied „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gesungen haben. Was soll man dazu sagen?

Wenn ein illegaler Einwanderer mit islamistischer und deutschenfeindlicher Gesinnung versucht, einen Islamkritiker zu ermorden und ihm das schließlich bei einem Polizisten gelingt, dann hat nichts mit nichts zu tun. Das Ganze wird zum Einzelfall erklärt, und niemand kommt auf die Idee, wegen dieser Tat die Einwanderungspolitik oder das Konzept der multikulturellen Gesellschaft auch nur ansatzweise infrage zu stellen. 

Wenn aber ein isoliert lebender geisteskranker Deutscher mit antisemitischer Gesinnung einen Anschlag auf eine Synagoge verübt und dabei willkürlich zwei Menschen erschießt, dann ist das Indiz für einen in der Breite der Gesellschaft verwurzelten Antisemitismus, für eine extremistische Mitte. Und am Ende werden Konsequenzen bis hin zu einem AfD-Verbot gefordert, obwohl der Täter nichts, aber auch rein gar nichts mit uns zu tun hatte. 

Werte Kollegen! Wir haben ein Problem mit politischer Gewalt. Noch viel mehr aber haben wir ein Problem mit der selektiven Wahrnehmung und Deutung politischer Gewalt.

(Beifall bei der AfD - Lothar Waehler, AfD: Jawohl!)

Alles, was sich irgendwie gegen den Regenbogenkonsens der Altparteien richtet, wird, sei es auch noch so nichtig, aufgebauscht, groß gemacht, wird als politisches Argument gegen die AfD und andere Parteien gerichtet und zum Anlass genommen, um noch mehr Geld für Projekte zu fordern, die linke Nichtsnutze in Lohn und Brot bringen sollen. Alles, was aber gegen die patriotische Opposition gerichtet ist, wird mehr oder weniger achselzuckend hingenommen,

(Zuruf von Anne-Marie Keding, CDU)

allenfalls unterkühlt und dünnlippig verurteilt, aber wohl klammheimlich gebilligt.

Genau diese Wahrnehmungsverzerrung führt auch zu dem völlig falschen Eindruck, wir hätten vor allem ein Problem mit Gewalt von rechts.

(Dr. Falko Grube, SPD: Wahrnehmungsverzerrung trifft es! - Lothar Waehler, AfD: Und führt genau zu dem Wahlergebnis, das wir haben!)

Wenn wir die Kriminalstatistik richtig lesen und die Meinungs- und Propagandadelikte abziehen, die fast nur von rechts begangen werden können und zumindest nur verfolgt werden, wenn sie von rechts kommen, dann zeigt sich deutlich: Die eigentlich brutale und verabscheuungswürdige Gewalt, nämlich die vielfältigen Formen der Sachbeschädigung und Körperverletzung, geht vor allem von links aus, 

(Beifall bei der AfD - Lothar Waehler, AfD: Genau so ist es!)

wobei das eine verkürzte Aussage ist. Ich meine das jetzt ernst: Ich unterstelle den Linken insgesamt kein größeres Gewaltpotenzial als den Rechten. Der Zusammenhang ist ein anderer. Es ist eher so, dass durch die Hetze der Altparteien und ihrer Medien gegen die AfD und andere Patrioten, durch die Diskriminierung und politische Verfolgung, der wir ausgesetzt sind, der Eindruck entsteht, Gewalt gegen die AfD und andere Patrioten sei irgendwie legitim oder zumindest weniger schändlich, eben eine Art Kavaliersdelikt.

(Anne-Marie Keding, CDU: Patrioten lassen sich nicht von China bezahlen!)

Wenn, wie im Fall der Antifa-Terroristin Lina E., der Richter sich gar dazu versteigt, im Urteil der Täterin eine edle Motivation zuzubilligen, dann wird dieser Eindruck sogar noch durch die Judikative verstärkt. 

Wir alle wissen: Wer linke Straftaten gegen Patrioten begeht, der kann juristisch, gesellschaftlich und in jeder anderen Hinsicht auf Gnade und mildernde Umstände hoffen. 

(Anne Marie Keding, CDU: Nein! - Oliver Kirchner, AfD: Doch!)

Das wiederum führt dazu, dass kriminelle Naturen, im Kern unpolitisch, die sich möglichst folgenlos austoben wollen, die Dinge zerstören und Menschen verletzen wollen, ihre kriminellen Triebe unter dem Deckmantel antifaschistischen Engagements ausleben. Insofern ist dann der hinkende Vergleich mit der SA doch auch wieder angebracht. Es ist damals wie heute einfach nur ordinärer krimineller Pöbel, der Lust auf Gewalt hat und sich politisch tarnt. 

(Beifall bei der AfD)

Die Altparteien in ihrer Hetze wiederum schaffen den Raum dafür, in dem so etwas entsteht. Sie liefern die Legitimation für Gewalttaten gegen die AfD und halten das Niveau der Gewalt gegen die AfD hoch. Der Gipfel der Perversion daran ist, dass wir als Alternative für Deutschland nur deshalb so stark angegriffen werden, weil wir uns für Deutschland einsetzen. 

(Zurufe von Anne Marie Keding, CDU und von Olaf Meister, GRÜNE)

Hätten wir uns Alternative gegen Deutschland genannt und würden wir uns für noch mehr Migration einsetzen und für die schnellstmögliche Aufhebung Deutschlands in einen EU-Superstaat, dann hätten wir nichts zu befürchten gehabt und dann hätten wir uns in aller Ruhe ungestört entfalten können. Das ist pervers. Denn ohne politische Gewalt zu billigen, kann ich doch feststellen, dass es andersherum normal wäre, dass nämlich derjenige, der sich für sein Land einsetzt, sich nicht verstecken müssen sollte, sondern von allen hochgeachtet und respektiert einhergehen können sollte. Während derjenige, der sein eigenes Land verachtet und „Deutschland verrecke!“ skandiert 

(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

von jedermann schief angeschaut und übel gelitten sein sollte. So ist es auch im Rest der Welt. Nur in Deutschland ist es andersherum. Das, werte Kollegen, ist vielleicht unser Hauptproblem. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Tillschneider, Frau Simon-Kuch hat eine Frage. Wollen Sie diese beantworten? 


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Gern.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann bitte, Frau Simon-Kuch, können Sie sie stellen. 


Elke Simon-Kuch (CDU):

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Kollege, Sie haben gerade auf die Demo in Bad Bibra abgezielt. Aus meinem Empfinden heraus haben Sie sehr abfällig über den Burgenlandkreis gesprochen. Das kann ich so nicht stehen lassen. - Das ist der erste Punkt. 

Der zweite ist: Wenn ich mich recht entsinne, dann ist die Anmeldung dieser Demo unter anderem auch von Ihrer Person vorgenommen worden. Sie haben gerade gesagt, dass Bad Bibra ein kleiner Ort ist - Ihren Begriff wiederhole ich nicht - 

(Zuruf von Detlef Gürth, CDU)

und dass Sie wohl damals keine Kenntnis davon hatten, dass der Landrat dort wohnt. Für alle, die nicht in der Gegend wohnen: Der angemeldete Verlauf der Demo war eigentlich ein Ring - so im Großen und Ganzen. Die erste Anmeldung war - darauf bezieht sich meine Frage - mit einem kleinen Schlenker zu dem Haus des Landrats versehen, den kein Mensch machen würde, weil das dort auch relativ eng ist. Das ist dann geändert worden. Was sagen Sie dazu? 

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das hat alles nichts mit ihm zu tun! - Dr. Falko Grube, SPD: Haben Sie auf einen Wald gehofft, Herr Tillschneider? - Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE - Weitere Zurufe: Ah! - Aha!)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie können antworten.


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Nein, erst einmal die Bezeichnung „kleines Nest“ ist keine Beleidigung. 

(Zuruf: Doch!)

Ich mag kleine Nester. Ich habe mir ein kleines Nest ausgesucht, um mir dort ein Haus zu kaufen und meinen Wohnsitz zu nehmen. Das war nicht abfällig gemeint. Das will ich einmal klarstellen. Bad Bibra ist eine wunderschöne kleine Stadt, aber sie ist wirklich sehr klein. Wenn man dort im Kreis läuft, hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man macht eine ganz, ganz lange Route außen herum. Das wäre aber zu viel gewesen. 

(Lothar Waehler, AfD: Ja!)

Oder man macht eine ganz kleine in der Mitte und die wäre zu klein gewesen. Dann habe ich ein Mittelding gesucht und so kam der Schlenker zustande. 

(Lachen bei den GRÜNEN) 

Wissen Sie, das Peinliche daran ist doch    

(Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE: Mut zur Wahrheit! - Weitere Zurufe)

Ich finde das völlig lächerlich. Es ist doch lächerlich, wie mir hier eine     

(Unruhe)

- Darf ich antworten, ja? - Es ist doch lächerlich, wie mir hier eine Auseinandersetzung mit diesem Landrat aufgenötigt wird. Er hat mich überhaupt nicht interessiert. Mensch, wer ist denn der Vogel Götz Ulrich? Der interessiert mich nicht. 

(Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE: Mut zur Wahrheit! - Zurufe von Olaf Meister, GRÜNE und von Sebastian Striegel, GRÜNE - Weitere Zurufe)

Das war so peinlich. Niemand hat an diesen Landrat gedacht. Die Forderungen dieser Demonstrationen waren vor allem bundespolitischer Natur. 

(Hendrik Lange, Die Linke: In Bad Bibra!)

Dabei ging es nicht um diesen Landrat. Er bezieht das auf sich, wie ein klassischer Narzisst 

(Zurufe: Oh! - Zuruf von Eva von Angern, Die Linke - Weitere Zurufe)

und geht dann an das Mikrofon und redet davon, als ginge es nur um ihn, als sei er der Nabel der Welt. Das ist peinlich. Deshalb würde ich Ihnen empfehlen, die Sache von Ihrer Seite aus nicht mehr länger breitzutreten. 

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Tillschneider, das Problem bei dieser Geschichte bestand darin, dass jetzt eine Person in den Mittelpunkt gestellt worden ist, die sich hierzu nicht verteidigen kann. 

(Zuruf von der CDU: Richtig!)

Spätestens wenn eine solche Person als Narzisst bezeichnet wird, 

(Sandra Hietel Heuer, CDU: Und Vogel! - Weitere Zurufe: Und Vogel!)

dann ist das eine Überschreitung der parlamentarischen Gepflogenheiten. Dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.