Tagesordnungspunkt 32

Aktuelle Debatte

Angriffe auf Politikerinnen und Politiker sowie Mandatsträgerinnen und Mandatsträger

Antrag Fraktion CDU - Drs. 8/4275


Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Es wurde die folgende Redereihenfolge vereinbart: CDU, AfD, SPD, Die Linke, FDP und GRÜNE. Zunächst hat die Antragstellerin das Wort, das ist die CDU. Es spricht Herr Schulenburg. 

Zuvor möchte ich mitteilen, dass links, auf unserer Pressetribüne, eine Schülerdelegation Platz genommen hat. Das sind Schüler des Markgraf-Albrecht-Gymnasiums in Osterburg. - Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im ganzen Hause)

Sie haben das Wort, Herr Schulenburg.


Chris Schulenburg (CDU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Die Zeit des Nationalsozialismus hat deutlich gemacht, dass Parteienpluralität eine fundamentale Basis für eine wehrhafte Demokratie ist. Parteien leben von engagierten Bürgern, die sich nicht nur für die politischen Ziele ihrer Partei, sondern auch für ihre Heimat einsetzen. Sie kandidieren bei Wahlen in den verschiedenen Gremien, wie z. B. im Ortschaftsrat, Gemeinderat, Kreistag oder für den Land- bzw. Bundestag, um sich für ihre Heimat einzusetzen, sie positiv weiterzuentwickeln. Das machen sie nicht aus Eigennutz. Gleiches gilt für diejenigen, die sich in Wählergemeinschaften engagieren oder als Einzelbewerber kandidieren.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU, und von Jörg Bernstein, FDP)

Die Arbeit in den kommunalen Gremien ist ein Ehrenamt. Es ist eine Ehre, das Vertrauen der Wähler zu gewinnen. Mit der Wahl und mit der Bekleidung des Amtes muss man sich auch an gewisse Spielregeln halten. Der politische Diskurs in den Gremien lebt von einer lebhaften, aber sachorientierten Debatte. Die Meinungsvielfalt soll dazu dienen, die verschiedenen Meinungen und Standpunkte aufzuzeigen, um am Ende eine Entscheidung im Interesse der Bürger zu erreichen.

Wenn aber der Meinungsaustausch in den Gremien nicht mehr stattfindet, weil der politische Mitbewerber niedergebrüllt wird, lautstark angegriffen oder beleidigt wird, dann ist nicht nur eine geordnete Debattenkultur, sondern auch die Demokratie gefährdet.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP) 

Wie erwähnt: Die Arbeit in den kommunalen Gremien ist ein Ehrenamt. Aber wer will sich denn noch ehrenamtlich engagieren, sich das in der Freizeit antun, wenn es nicht mehr darum geht, die Meinung sachorientiert auszutauschen, sondern wenn es nur darum geht, den politischen Mitbewerber mundtot zu machen. Wenn es kaum noch Bewerber für ein bestimmtes Gremium gibt, dann sollte uns das aufhorchen lassen. Wenn die Meinungsvielfalt aus Angst, aus Furcht und Frust nicht mehr gewährleistet ist, dann ist die Demokratie am Ende in Gefahr. 

In Wahlkampfzeiten ist nicht nur der politische Diskurs in den Gremien besorgniserregend, sondern vor allem die Auseinandersetzung auf der Straße. Es gehört schon zum normalen Umgangston, dass Wahlplakate beschädigt werden. Aber auch Sachbeschädigungen sind Straftaten und nicht hinnehmbar.

(Zustimmung bei der CDU - Lothar Waehler, AfD: Genau, richtig!)

Attacken am Wahlkampfstand haben wir in den letzten Wochen leider auch erleben müssen.

(Zuruf von der AfD: Wir auch!)

Vor allem vor Wahlen ist es unabdingbar, dass die Kandidaten, dass eine Partei, aber auch eine Wählergemeinschaft mit dem Wähler in den Diskurs einsteigt, damit die Ziele, die Hintergründe, die Positionen zu einzelnen Themen vorgestellt werden können. Von diesem Meinungsaustausch auf der Straße lebt die Demokratie. Es ist wichtig, dass die Sorgen und die Nöte der Bürger ernst genommen und angehört werden, damit die Probleme gelöst werden können. 

In einer Diktatur wäre dieser Meinungsaustausch nicht möglich. Regierungskritische Positionen öffentlich zu äußern, das würde in einer Diktatur zu massiven Repressalien führen. 

Nach den aktuellen Angriffen auf Politiker in mehreren Bundesländern fordert der Deutsche Landkreistag zu Recht eine entschlossene Reaktion des Staates. So etwas müsse mit der vollen Härte des Rechtsstaates geahndet werden, sagte vor Kurzem der Präsident des Deutschen Landkreistages Reinhard Sager.

Durch die Attacken werden aber nicht nur die Kandidaten, sondern auch die ehrenamtlichen Wahlhelfer in Mitleidenschaft gezogen, z. B beim Aufhängen von Plakaten, bei der Betreuung von Wahlkampfständen oder bei der Verteilung von Flyern. Nicht nur den Kandidaten bei Wahlen, sondern auch gegenüber den vielen Wahlhelfern müssen wir deutlich machen, dass wir Angriffe, egal ob verbal oder körperlich, auf das Schärfste verurteilen und dass wir an ihrer Seite stehen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Die Hetzkampagnen, die Politiker im World Wide Web und in den sozialen Medien ertragen müssen, haben ebenfalls eine neue Dimension erreicht.

(Zuruf von der AfD: Jawohl!) 

In der Anonymität des Netzes fühlen sich die Täter sicher.

(Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Aber es darf keinen rechtsfreien Raum im Netz geben. Diese Täter sind Straftäter und müssen die volle Härte des Gesetzes spüren.

(Zustimmung bei der CDU)

Es ist unsere Aufgabe, die rechtlichen und technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Ermittlungsbehörden die Straftäter beweissicher ermitteln, damit die Gerichte diese verurteilen können.

Hetzkampagnen im Netz, verbale oder körperliche Attacken auf der Straße sind der Nährboden für weitere Straftaten durch Nachahmer. Deshalb müssen wir sie im Keim ersticken, um weitere Attacken zu verhindern.

Aber nicht nur in Wahlkampfzeiten sind Politiker und Mitarbeiter von Angriffen betroffen. Das Wahlkreisbüro des Kollegen Andreas Schumann wurde in den letzten Jahren mehrfach angegriffen. Es wurden Scheiben eingeschlagen, die Fassade wurde beschmiert. Es soll mit einem Luftgewehr geschossen worden sein. Mehrere Tausend Euro Schaden sind dabei entstanden. Der Vermieter hat die Reißleine gezogen und der Abgeordnete durfte sein Büro räumen.

Der Pöbel, der nicht in der Lage ist, mit Sachargumenten seinen politischen Standpunkt klarzumachen, der nur mit Sachbeschädigung und mit körperlichen Attacken seine Meinung kundtun kann, muss schnell und deutlich rechtlich belangt werden.

(Zustimmung bei der CDU, bei der AfD und bei der FDP)

In den letzten Wochen wurde nochmals deutlich, dass die Aggressionen eine neue Dimension erreicht haben. Es gab Messerangriffe, Morddrohungen und Dutzende körperliche Angriffe auf Politiker in diesem Jahr. Wer verbal zündelt und zur Verrohung der politischen Debattenkultur beiträgt, der nimmt am Ende billigend in Kauf, dass Brandbomben auf politische Mitbewerber geworfen werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Ein trauriger Höhepunkt ereignete sich am 1. Juni 2019, als der ehemalige Landtagsabgeordnete und damalige Regierungspräsident von Kassel Walter Lübcke zu Hause, auf seiner Veranda, von einem Rechtsextremisten hinterhältig erschossen wurde. Vorangegangen waren ebenfalls Gewaltaufrufe und Morddrohungen. Die traurige Wirklichkeit ist: Das kann uns alle hier in diesem Saal auch treffen.

Rechts- und Linkspopulisten zündeln bewusst, um die Stimmung in der Gesellschaft anzuheizen, um politisches Kapital daraus zu schlagen, um den politischen Mitbewerber auszuschalten. 

Fakt ist: Aus Populisten werden Extremisten und aus einer Demokratie kann schnell eine Diktatur werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Unsere Aufgabe ist es, das gemeinsam und entschlossen zu verhindern. - Herzlichen Dank.