Tagesordnungspunkt 8

Beratung

Obst- und Weinanbaubetriebe nach Frostschäden nicht allein lassen

Antrag Fraktion Die Linke - Drs. 8/4247


Einbringen wird diesen Antrag das Mitglied des Landtags Frau Abg. Eisenreich.

(Beifall bei der Linken)


Kerstin Eisenreich (Die Linke): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Wärmster Februar aller Zeiten“ titelten die Medien in diesem Jahr. Dank des aus den Winterniederschlägen reichlich vorhandenen Wassers und der milden Temperaturen erwachte die Natur. Es grünte und blühte überall. Die Natur war so zeitig wie selten so weit entwickelt. 

Dann folgte der wärmste Aprilanfang seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Am ersten Aprilwochenende wurden in Mitteldeutschland Rekordtemperaturen erreicht. Auch Natur- und Kulturpflanzen nutzen dies und entwickelten sich rege weiter. Obstbäume und Weinreben hatten schon Blüten.

(Oliver Kirchner, AfD: Klimawandel!)

Doch dann kam Ende April die Kälte und mehrere Nächte Nachtfrost setzten Obst- und Weinbäuerinnen und -bauern in Mitteldeutschland, so auch in Sachsen- Anhalt, zu. Trotz der immensen Anstrengungen von Winzern und Obstbauern konnten die Blüten nicht geschützt werden. So werden massive Ausfälle unter anderem bei Aprikosen, Kirschen, Pflaumen, Äpfeln, Birnen befürchtet, teilweise im Umfang von bis zu 100 %.

(Zuruf von Lothar Waehler, AfD)

Beim Wein werden zwar die Rebstöcke ein zweites Mal austreiben, können aber den durch die Fröste verursachten Schaden nicht kompensieren. Verluste in Höhe von mindestens 50 % drohen. 

Die Gesamtschäden belaufen sich in Sachsen-Anhalt nach aktuellen Schätzungen auf 50 Millionen € bis 70 Millionen €. In Sachsen belaufen sich die Schäden auf schätzungsweise rund 34 Millionen €, in Thüringen werden mehr als 7 Millionen € an Schaden erwartet.

Nun geht natürlich die Angst um, dass Betriebe aufgegeben werden müssen; denn spätestens im Oktober droht manchen die Zahlungsunfähigkeit. 

Doch während der Landwirtschaftsminister Sachsen-Anhalts in den Medien mit Ankündigungen zitiert wird, dass er dem Landtag einen Vorschlag unterbreiten wolle - dies ist er bisher aber noch schuldig geblieben  , haben die Amtskolleginnen und -kollegen in Sachsen und Thüringen inzwischen die Hilfen schon konkret gemacht. 

Sachsen will insgesamt 22 Millionen € bereitstellen, davon in diesem Jahr 15 Millionen € und im nächsten 7 Millionen €, um Betrieben die Schäden von mehr als 30 % der durchschnittlichen Jahresernten zu ersetzen. In Thüringen werden Soforthilfen in Höhe von 2 Millionen € aus der Landeskasse in Aussicht gestellt. Es soll Vorsorge für 2025 getroffen werden. Ja, ich denke, wir als Sachsen-Anhalt sollten dringend diesen guten Beispielen folgen. 

(Beifall bei der Linken)

Deshalb ist es aus der Sicht der Fraktion Die Linke notwendig, den Obst- und Weinbaubetrieben kurzfristig unter die Arme zu greifen. Wir schlagen also vor, dass betroffenen Obstbaubetrieben mindestens 60 % des finanziellen Schadens erstattet werden. Auch Winzerinnen und Winzer sollten unterstützt werden, selbst wenn sie entsprechend versichert sind. Herr Feuerborn wies nämlich gestern in einer der Debatten richtigerweise darauf hin, dass diese Versicherungen wahrscheinlich nicht greifen, weil sich die Fröste in diesem Jahr nicht an den Kalender gehalten haben und anstatt im Mai nun schon im April waren. 

Schauen wir einmal nach Sachsen. Der Freistaat will auch den versicherten Betrieben, die übrigens vom Freistaat ebenfalls Zuschüsse zur Versicherung erhalten, unter die Arme greifen. So soll der Schadensausgleich bei Betrieben mit einer Versicherung bis zu 80 % und bei Betrieben ohne Versicherung bis zu 40 % betragen. 

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, gleichzeitig sehen wir die Gesamtverantwortung beim Bund, um die Existenz der betroffenen Betriebe nicht zu gefährden. Dafür soll die Landesregierung auf der Bundesebene dringend werben. 

(Beifall bei der Linken)

Doch über den Erhalt einzelner Betriebe hinaus geht es insgesamt um die Sicherung Sachsen-Anhalts als Standort des Obst- und Weinbaus. Daher muss langfristig gedacht und natürlich auch gehandelt werden. Ein Schritt, der mittelfristig helfen soll, ist daher aus unserer Sicht, dass Sachsen-Anhalt auch den Obstbaubetrieben Zuschüsse zu einer Frostschutzversicherung in Höhe von 50 % der Versicherungsprämie gewährt. Entsprechende Haushaltsvorsorge im kommenden Doppelhaushalt für die Jahre 2025 und 2026 muss getroffen werden, damit für die Betriebe Planungssicherheit geschaffen wird. 

Letztendlich müssen wir aber langfristig herangehen. Ich darf an dieser Stelle auf unseren Vorschlag einer Mehrgefahrenabsicherung verweisen, den wir in der Landtagssitzung am 25. Januar dieses Jahres mit dem Antrag „Unser täglich Brot ist in Gefahr“ in der Drs. 8/3619 eingebracht haben. Denn auch für Obstbau- und Winzerbetriebe werden die Folgen der Klimaveränderung durch Extremwetterereignisse absehbar mehr Risiken bergen. 

Über diese konkreten Forderungen unseres Antrags hinaus müssen wir dringend dafür sorgen, dass die Klimaschutzziele erreicht werden. Darauf habe ich in mehreren Debatten unserer dreitägigen Plenarsitzung bereits hingewiesen. 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Setzen sich die klimabedingten Änderungen in der Geschwindigkeit fort, wie wir sie derzeit erleben, kommen auch auf den Obst- und Weinanbau große Probleme zu. Erinnern möchte ich an die kürzlich erlebten Dürrejahre, mehrere hintereinander, die auch den Obst- und Weinbau getroffen haben. 

Außerdem werden sich auch der Obst- und Weinbau in Sachsen-Anhalt verändern und an die klimabedingten Veränderungen anpassen müssen. Klimaresistente, standortangepasste Sorten, möglicherweise auch völlig neue Kulturen werden wohl Einzug halten. Dazu ist die enge Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Züchtung erforderlich, 

(Zustimmung von Kathrin Tarricone, FDP)

die entsprechend vom Land zu fördern und zu unterstützen ist. 

(Zustimmung von Hendrik Lange, Die Linke)

Anbautechniken, Bodenbearbeitung und Wassermanagement sind nur ein paar weitere Schlagwörter, die zeigen, vor welchen riesigen Herausforderungen die Betriebe finanziell, aber auch personell stehen. Es bedarf also hoher Investitionen und entsprechender fachlicher Qualifizierung. Auch das muss erst einmal finanziell bewältigt werden. 

Lassen wir als Politik und Gesellschaft Obst- und Weinbaubetriebe nicht allein; denn schließlich produzieren sie wertvolle und gesunde Lebensmittel für uns alle. Sie sorgen für regionale Wertschöpfung. Ihren Verlust können wir uns alle nicht leisten. 

(Beifall bei der Linken - Zustimmung bei der FDP)

Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.