Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon manchmal erschüttert darüber, welches Demokratieverständnis bei dem einen wie bei dem anderen vorherrscht. Aber mir steht es nicht zu, hier Demokratieunterricht zu geben. Deshalb werde ich mich wieder dem Antrag zuwenden. Trotzdem werde ich auf den einen oder anderen Punkt des Ursprungsantrags und des Alternativantrags eingehen. 

Die derzeitigen politischen Entwicklungen und die daraus erwachsenen, auch politischen Kontroversen machen natürlich auch vor dem Raum Schule nicht halt. Die Schule befindet sich nicht unter einer Glasglocke, sondern sie ist ein genaues Abbild der Gesellschaft. Was in der Gesellschaft stattfindet, findet auch in der Schule statt. Die Auseinandersetzungen mit diesen Entwicklungen und Positionen sind natürlich immer Teil des schulischen Alltags. Dazu gehört die fächerorientierte Einordnung gesellschaftlicher Geschehnisse und Entwicklungen genauso wie die Etablierung eines demokratischen Unterrichts und auch eines demokratischen Schulklimas.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, uns und alle Fraktionen der demokratischen Parteien eint das gemeinsame Ziel, dem wichtigen Thema der Demokratiebildung an unseren Schulen eine große Aufmerksamkeit zu schenken. Aber - und das ist der wichtige Punkt - Aufmerksamkeit zeigen unsere Schulen bei dem Thema Demokratiebildung bereits jetzt. Aus diesem Grund begrüße ich ausdrücklich den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Demokratiebildung folgt nämlich einem fächerübergreifenden Prinzip, nach dem Schülerinnen und Schüler auf das Leben als aktive Bürgerinnen und Bürger eines demokratischen Rechtsstaates mit einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vorbereitet werden und das Bewusstsein für eine demokratische, menschenrechtsorientierte Kultur gestärkt wird. 

(Zustimmung bei der CDU)

Demokratiebildung an Schulen findet auch in Kooperation mit externen Partnerinnen und Partnern im Rahmen von Netzwerken, Demokratieprojekten und Schülerwettbewerben statt. Diese ermöglichen eine intensive Auseinandersetzung mit bestimmten Themen und bieten auf diese Weise auch eine Ergänzung zum Schulunterricht. In dem Alternativantrag sind einige Beispiele genannt, ebenso wie all die Handlungsweisen, die es bereits in der Schule gibt. Das brauche ich an dieser Stelle nicht zu wiederholen. 

Ich will auf eines noch einmal hinweisen: In den kompetenzorientierten Lehrplänen aller Schulformen ist die Demokratiebildung fest verankert. Man kann das also gar nicht so separieren, wie man das im Ursprungsantrag vielleicht formuliert hat. Vielmehr betrifft das natürlich viele Unterrichtsfächer und eben nicht nur den Geschichtsunterricht - um das noch einmal einzuordnen. 

Ich weiß nicht, was für Vorstellungen Sie haben, wie man den Nationalsozialismus einordnen soll. Soll man das den Kindern schon im Kindergarten beibringen? Bei Geschichte gehört auch ein gewisses Grundverständnis dazu; man muss das auch verstehen. Ich kann mich erinnern, dass wir zu DDR-Zeiten den Nationalsozialismus auch erst im 9. Schuljahr behandelt haben. Das hat gewisse Gründe; denn die Geschichte baut auf den verschiedenen Epochen auf, von den Ursprüngen bis zur Gegenwart. 

(Zuruf von der AfD: Das wissen die GRÜNEN nicht! - Florian Schröder, AfD: Genau!)

Ich denke, das ist der richtige Platz und auch das richtige Alter. Unabhängig davon werden Kinder auch in anderen Formen mit Geschehnissen des Nationalsozialismus schon frühzeitig konfrontiert. Also, darin würde ich Ihnen jetzt nicht beipflichten, sondern ich denke, das ist der richtige Zeitpunkt.

Was die Schülervertretungen anbelangt, die Drittelparität - ein Placebo brauchen wir nicht. Wir brauchen eine aktive Kommunikation unserer Kinder untereinander. Wir brauchen Aufklärung für unsere Kinder - das ist ganz wichtig - und wir brauchen natürlich auch eine Beteiligung. Aber eine solche formelle Geschichte allein reicht dafür doch nicht aus. 

Ich will auch nicht - das sage ich ganz ausdrücklich  , dass unsere Schülerinnen und Schüler politisch indoktriniert werden. Das darf auf keinen Fall stattfinden. 

(Zustimmung bei der AfD und von Jörg Bernstein, FDP - Zurufe von der AfD)

Das ist Fakt. Dem werde ich auch in jede Richtung entgegentreten. Wir haben in letzter Zeit sehr häufig über die Finanzierung der parteinahen Stiftungen gesprochen. Dabei ist häufig der Begriff des Beutelsbacher Konsenses gefallen. Danach haben sich unsere Lehrkräfte weiterhin zu richten.

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Sofern irgendwelche Vorkommnisse dieser oder anderer Art in Schulen vorkommen, bitte ich darum, das Ministerium oder das Landesschulamt entsprechend zu informieren.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Ministerin.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Ja, ich bin gleich fertig. - An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich auch bei den Lehrkräften bedanken, die in den Schulen - wie soll ich es sagen? - große Anstrengungen unternehmen und vor großen Herausforderungen stehen, wie wir wohl wissen, die das auch wahrnehmen und sich weder von der einen noch von der anderen Seite einschüchtern lassen. 

Ich möchte als Letztes sagen: Die Demokratiebildung ist in der Schule fest verankert und dabei soll es auch bleiben. Wir dürfen die Schulen an der Stelle aber auch nicht überfordern im Hinblick auf das, was sie leisten können. Dafür haben wir gemeinsam eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung und diese sollten wir auch gemeinsam tragen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)